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Ringkampf: Roman (German Edition)

Ringkampf: Roman (German Edition)

Titel: Ringkampf: Roman (German Edition)
Autoren: Thea Dorn
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Dramaturgin besser sehen zu können. Seine Augen zuckten nervös.
    »Sie werden den Ring nicht bekommen, Signore. Wenigstens nicht mit meiner Hilfe. Ich bin kein so treuer Erfüllungsgehilfe wie Hagen.«
    »Was ist los mit Ihnen, Frau Starneck? Sind Sie betrunken? «
    Cora machte einige Schritte den Erdrücken hinab. »Es ist nicht so wichtig, was mit mir los ist. Viel interessanter finde ich die Frage, was mit Ihnen los ist!« Breitbeinig blieb sie stehen. »Denn Sie waren es doch, der damals die Oper angezündet hat. Oder nicht?«
    Dem Dirigenten entfuhr ein unbeholfenes Lachen. Erlehnte sich zurück. »Liebe Frau Starneck! Derplötzliche, furchtbare Tod von Alexander Raven ist an keinem von uns spurlos vorbeigegangen. Vielleicht sollten Sie sich ein paar Tage Ruhe gönnen, bevor Sie mit Ihrer Arbeit beginnen.«
    Cora näherte sich schrittweise dem Orchestergraben. »Ich werde mit keiner Arbeit beginnen! Und ich werde niemandem Ruhe gönnen.«
    » Carissima Signora «, zischte Bellini. »Was zum Teufel wollen Sie von mir?«
    »Sie haben damals die Oper angezündet«, wiederholte die Dramaturgin stur. »Bis heute abend hatte ich Alexander im Verdacht. Aber ich habe mich getäuscht. Es paßt nicht. Alexander hat sich totgesoffen. Er hat sich an seinen Schreibtisch gesetzt und darauf gewartet, daß der Alkohol ihm die letzte Drecksarbeit abnimmt. Er war nicht der Mann, der zu Streichholz und Benzinkanister greift, um sein Werk zu vernichten. Aber Sie, Signore, Sie haben die blinde Willenskraft, die man braucht, um ein Opernhaus niederzubrennen.«
    »Bitte, Frau Starneck!« Der Dirigent lachte böse. »Machen Sie sich doch nicht lächerlich.«
    »Und Sie hatten damals auch ein ebenso starkes Motiv«, redete Cora unbeirrt weiter. »Sie wollten um jeden
Preis den Ring dirigieren. Jahrelang hatten Sie schon darum gekämpft. Aber in Hamburg hatte man Ihnen den Ring aus dem Etat gestrichen, und in Bayreuth wollte man Sie immer nur an den Fliegenden Holländer ranlassen. Hier in Frankfurt sahen Sie Ihre große Chance endlich gekommen. – Wahrscheinlich war es der einzige Grund, warum Sie den Vertrag in dieser jämmerlichen Stadt überhaupt unterzeichnet haben. Doch um eines Tages wirklich der Herr des Rings zu sein, mußten Sie erst einmal verhindern, daß Haffner seine Ära mit ihm beendete.« Ihr Gesicht zuckte im Licht der künstlichen Flammen. »Immerhin haben Sie damals erkannt, daß diese Stadt für Sie verbrannte Erde gewesen wäre, hätte Haffner die Produktion mit uns noch herausgebracht. « Ihre Zigarette glomm in einem langen Zug auf. »Denn selbst wenn Frankfurt Ihnen einen zweiten Ring finanziert hätte: Er wäre neben Haffners verblaßt wie Weißblech neben Platin.« Der glühende Punkt sank zu Boden und erlosch.
    »Frau Starneck! Überfordern Sie nicht meine Geduld«, drohte der Dirigent nun ernstlich gereizt.
    Cora wanderte wieder erdaufwärts. »Deshalb haben Sie diesen Junkie angeheuert und ihn eine Woche vor der Premiere mit dem Benzinkanister hier in die Oper geschickt. – Oder haben Sie sich die Freude, unser Bühnenbild abzufackeln, selbst genehmigt und diesen armen Ossi nur noch dafür bezahlt, seinen Kopf hinzuhalten.«
    »Frau Starneck!« Bellinis Stimme kippte in schrilles Falsett. »Es reicht!«
    »Sie hatten ein unverschämtes Glück, Signore«, sagte die Dramaturgin betont leise. »Wenn die hessische Polizei und Justiz nicht so notorisch schlafen würden, und
wenn nicht alle hier im Haus geglaubt hätten, daß ihralter Technischer Direktor hinter der Geschichte steckt, und deshalb den Mund gehalten hätten, wären Sie schon damals aufgeflogen.«
    »Ich werde Ihrem wahnsinnigen Gerede nicht länger zuhören!« Zornbebend stieß der Maestro seine Klavierbank zurück.
    »Verraten Sie mir nur noch eines«, rief Cora ihm hinterher, als er Anstalten machte, über die Seitenbühne zu verschwinden. »Warum haben Sie dieses ganze Theater nun wirklich veranstaltet. Um des elenden Vergnügens willen, Ihren Namen neben dem von Wagner in Gold geprägt zu sehen? Um Hand in Hand mit dem großen Meisterins Himmelreich einzumarschieren?«
    Benito Bellini erstarrte am Portal. Seine Stirn sank gegen den eckigen Pfeiler, der den Bühnenraum begrenzte.
    »Sie sind aufs falsche Trittbrett gesprungen«, sagte die Dramaturgin kalt. »Selbst wenn es mirnicht gelingt, Sie rechtzeitig ans Messer zu liefern: Dieser Zug wird ohne Sie in die Ewigkeit fahren. Selbst wenn Sie Ihre konzertante Gala noch hinkriegen: Keine drei
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