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Revelations

Revelations

Titel: Revelations
Autoren: Carsten Fischer
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und zeigte auf ein großes Autobahnkreuz im Süden vor dem gewaltigen Gebirge. Sie sollten der breiten Straße in die Berge folgen. Dort würde das Hoheitsgebiet der Sicarii enden. Mehr könne sie nicht tun, entschuldigte sie sich.
    Anschließend befahl sie die Verteilung von ein paar Pistolen und notdürftigem Proviant an die befreiten Sklaven, was im Widerspruch zu ihren Anweisungen gestanden haben musste, denn wieder weigerte sich der ältere Soldat bei der Ausführung. Die bildhübsche Pilotin brauchte die Besatzung ihres fliegenden Ungetüms jedoch nur mitleiderregend anzuzwinkern, schon fügten sie sich dem Befehl.
    Sharon strengte sich an, sich so viel wie möglich von der komplizierten Karte einzuprägen, ehe sie ihrer Retterin die glänzende Folie zurückzugeben versuchte. Mit einem gönnerhaften Lächeln erklärte die Asiatin das E-Paper zum Geschenk, ebenso wie die zierliche Brille ihres Sanitäters, dem sie eine neue versprach. Ihrer Argumentation zufolge sollte Sharon die befreiten Sklaven aus dem Sicariiterritorium herausführen und könne das nicht blind tun.
    Ein paar Minuten später zwang der mächtige Hauptrotor des fliegenden Schlachtrosses die Überlebenden, Deckung in den Ruinen zu suchen, um nicht vom herumfliegenden Wüstenstaub davongeweht zu werden. Auch der Kampfpanzer ratterte langsam aus der Stadt heraus, gefolgt von den voll beladenen LKW. Die Soldaten hatten nicht alle Kisten erbeutet, sondern schienen genau zu wissen, was sich darin befand und ließen die Ruine über dem Rest mittels einer Sprengladung einstürzen.
    Kaum waren die Staubwolken des Konvois am Horizont verblasst und die überwältigende Begegnung mit der unbekannten Kommandoeinheit vorbei, ergriffen die befreiten Sklaven den überlassenen Proviant und traten den Weg zum südlichen Hadesgebirge an. Gern hätten sie die Kühle der Nacht für ihre Wanderung genutzt, doch aufgrund der Stromversorgung über Solarzellen versagte die glänzende Kunststoffkarte immer kurz nach Sonnenuntergang ihren Dienst. So mussten sie zwei erschöpfende Tagesmärsche lang auf der Hut vor Sicariipatrouillen sein, die von der Niederlage erfahren hatten und möglicherweise nach ihren entlaufenen Zwangsarbeitern suchten.
    Als sie am dritten Abend endlich die Autobahn erreichten, erwies sich die Wanderung auf der asphaltierten und ebenen Straße zunächst als äußerst angenehm. Die Gruppe kam schnell voran und musste sich nicht vor Raubtieren im hohen Gras fürchten. Die dunklen Autobahntunnel wirkten jedoch wie unheimliche Höhlen, in denen menschenfressende Ungeheuer wohnen könnten, spendeten aber auch erholsamen Schatten während der heißen Wüstentage und Schutz vor der Kälte bei Nacht. Als sie nach drei Tagen durch die Berge keine Menschenseele entdeckt hatten, breiteten sich allmählich Zweifel über den kühnen Plan aus, aber ein zurück gab es nicht mehr. Erschöpft erreichten die Flüchtlinge am fünften Tag endlich den Ausgang des Gebirges, nur um eine weitere, schier unendlich erscheinende Steppenlandschaft vorzufinden.
    Dem Hungertod nahe schleppte sich die ausgemergelte Gruppe am sechsten Tag entlang der Autobahn gen Süden. Das E-Paper hatte inzwischen den Geist aufgegeben und schien über keinerlei Daten für das Gebiet südlich des Passes zu verfügen. Die Hoffnung auf Rettung hatte sie schon längst verlassen, als ihnen am Horizont kleine Staubwolken auffielen, die allmählich größer wurden. Sharon war bereits zu schwach, um sich an den lauten Rufen um Hilfe zu beteiligen. Sie lag abseits der Straße unter dem Wrack eines Wohnmobils, in dessen Schatten sie ihre Mutter mit den letzten Wasservorräten versorgte. Die anderen führten beinahe einen Freudentanz auf, nachdem die Fahrzeuge ihre krächzenden Schreie bemerkt hatten und ihnen entgegen eilten. Dabei war es egal, ob es sich um hilfsbereite Reisende oder Sicarii handelte, die sie zurück in die Sklaverei schicken würden. Jeder motorisierte Mensch bot die Chance auf Wasser; und weiter vorauszuplanen war der Gruppe in der Mittagshitze unmöglich geworden.
    Die Euphorie über die bevorstehende Rettung löste sich jedoch schnell in Luft auf, als schwarz lackierte Wüstenbuggys mit wild kreischenden Besatzungen ihre Vehikel quer durch die verängstigten Sklaven jagten, bis die Flüchtlinge panisch reiß aus nahmen. Nur Sharons Familie blieb im Schatten des zerstörten Wohnmobils zurück, während die Abfangjäger der Vultures den flüchtenden Sklaven hinterherjagten und sie
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