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Revelations

Revelations

Titel: Revelations
Autoren: Carsten Fischer
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eingeschüchtert aneinander.
    »Das hier ist verbotenes Gebiet der Bacchae. Ihr habt unsere Warnungen missachtet«, sprach Jade langsam und deutlich, als ob sie sicher gehen wollte, dass die Alten sie verstanden. »Das können wir nicht dulden.«
    »Du willst sie doch nicht etwa einfach so umbringen?«, fauchte Jiao, diesmal etwas leiser.
    »Mir bleibt überhaupt keine andere Wahl«, antwortete Jade in einer Stimmlage, die nur als Grabesstille beschrieben werden konnte und Cassidy kalt den Rücken runterlief.
    »Was ist mit uns? Wir gehören nicht zu den Bacchae! Uns bringst du auch nicht um!«
    »Ihr arbeitet für mich.«
    Bevor Jiao und Leon dagegen protestieren konnten, in Jades Diensten zu stehen, schien die Adelsdame bereits die Erleuchtung zu treffen.
    »Es gibt da eine Möglichkeit«, murmelte sie und rieb sich das Kinn. »Ihr zwei sorgt dafür, dass meine Freunde ihren Bestimmungsort erreichen. Wenn ihr in dem Gefangenenlager eintrefft, verlangt mit Celine zu sprechen und sagt ihr, dass Jade euch den Auftrag gegeben hat, die beiden zu ihr zu bringen. Anschließend seid ihr frei, unter der Bedingung, bis zu eurem Tod Stillschweigen über diesen Ort und alles, was ihr hier gesehen oder gehört habt, zu bewahren.«
    »Jawohl, Herrin!«, erwiderten Arthur und Michelle mit gesenktem Haupt im Chor, bevor die anderen überhaupt die Gelegenheit dazu bekamen, Einspruch zu erheben. Als sie den Laster bestiegen, war ihnen die Erleichterung deutlich anzusehen. Sie waren dem sicheren Tode entronnen und hatten dazu noch einen Auftrag von einer Bacchae höchstpersönlich erhalten. Es schien kaum eine größere Ehre für einen sicariianischen Bürger zu geben.
    »Hättest du sie wirklich einfach erschossen?«, wollte Jiao flüsternd wissen, als die beiden Alten außer Hörweite waren.
    »Nein«, wiegelte Jade fast schon beiläufig ab. »Das hier ist kein Lager oder geheimer Versammlungsort. Eher ... ein Familiengrab.« Anschließend wurde sie wieder ernst. »Aber etwas Furcht macht die Menschen gefügig. Nun triff dich mit Celine, kurier deinen Fuß und hilf Johnny beim Aufbau seiner Truppen.«
    »Und was wirst du tun?«
    »Cassidy und ich müssen eine gewisse Scharfschützin aufsammeln, bevor sie in die falschen Hände gerät«, antwortete Jade und blinzelte die Teenagerin dabei herausfordernd an.
    »Angel! Was ist mit ihr passiert?«, fuhr es aus Cassidy heraus.
    »Nachdem in Arnac alles Drunter und Drüber gegangen ist, musste ich sie allein ziehen lassen. Wie es scheint, hat sie meine Anweisungen ignoriert und ist damit weiter gekommen, als ihr lieb sein dürfte.«
    Jiao hüpfte auf einem Bein zum Pritschenwagen und raufte sich vor dem Einsteigen die Haare. Ihr ganzes Leben hatte sich binnen weniger Tage in Luft aufgelöst. Nichts schien mehr einen Sinn zu ergeben. Ihr Vater hatte sie jahrelang belogen und war sicher nicht der einzige gewesen. Der Verrat innerhalb der Biosphäre musste viel tiefer sitzen, als Doktor Webb und sie es bei ihrer Flucht für möglich gehalten hatten. Leon half ihr stumm in das Führerhaus hinein. In seinen Augen spiegelte sich dasselbe Unbehagen, das tief im Inneren an Jiao nagte. Jade nickte ihr bei der Abfahrt zuversichtlich zu, doch Jiao begann zu verstehen, dass sie gerade erst die Oberfläche der Wahrheit über Geschehnisse der letzten Jahre angekratzt hatte.
    Celine. Sie kannte diesen Namen. Während ihrer kurzen Zeit in Jades Gesellschaft hatte sie das stumme Mädchen als hilfsbereit und naturbedingt schweigsam kennengelernt. Angeblich fehlten ihr die Stimmbänder. Etwas jünger als Cassidy war sie nie von Jades Seite gewichen. Jiao hielt sie für eine Sklavin, die ihrer Herrin als stilles Gedächtnis diente. Sie musste Jades Verbindung zu Johnny darstellen. Aber warum ausgerechnet eine Sklavin, die nicht sprechen konnte?
    Cassidy blickte ihrer neuen Freundin unterdessen sehnsüchtig hinterher. Nun befand sie sich allein unter Feinden, umstellt von Jades Elitekommando. Der enigmatischen Bacchae blieb ihr Unwohlsein nicht verborgen, doch anstelle aufmunternder Worte befahl sie ihren Untergebenen, die Fahrzeuge aus den Verstecken zu holen. Das hatte denselben Effekt und verschaffte Cassidy Raum zum Atmen.
    »Ich hab es Angel gesagt, kurz nachdem dich die fünfte Legion entführt hatte«, hauchte Jade ihr zur.
    »Was hast du ihr gesagt?«
    »Dass ihr keine Ahnung habt, was hier begonnen hat ...«
     
     
Fortsetzung folgt

Über den Autor
     
 

 
Carsten Fischer, Jahrgang 1980, lebt
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