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Revelations

Revelations

Titel: Revelations
Autoren: Carsten Fischer
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gab es nur noch eine Richtung: Jades Koordinaten. Und damit tiefer in feindliches Territorium hinein. Als Leon erkannte, was Jiao vorhatte, kniete er sich hinter den Pilotensitz und starrte misstrauisch auf die Armaturen.
    »Hält die Kiste bis dahin?«
    »Vielleicht«, antwortete sie und studierte unschlüssig die Cockpitanzeigen. »Treibstoff sieht okay aus, aber der Öldruck fällt gewaltig. Die müssen auch die zweite Turbine getroffen haben.«
    Ein paar Minuten lang vermochte sie den angeschlagenen Hubschrauber auf Kurs zu halten, doch dann blinkten auf einmal zwei weitere Warnleuchten zusammen mit einem Konzert von durcheinander schrillenden Sirenen auf. Das stählerne Ungetüm begann zu rütteln und neigte sich gefährlich zur Seite.
    »Es hilft nichts. Wir müssen runter. Sofort!«, übersetzte Jiao. »Haltet euch irgendwo fest!«
    Cassidy krallte sich an ihre Kopflehne, als sie die vertrockneten Bäume des Ödlands auf sich zukommen sah. Die Gegend war übersät mit aufgesprengten Felsbrocken und widerspenstigen Sträuchern. Vor ihnen nahm eine kleine Gruppe von Antilopen Reißaus, die vermutlich gerade den Schock ihres Lebens erfuhren, als das qualmende Himmelsschlachtschiff dröhnend auf sie herabstürzte. Jiao gelang es im letzten Moment, die Nase vor dem Aufprall hochzuziehen, so dass sie ein paar Meter auf der Erde entlangschlitterten, bevor sie der Hauptrotor zur Seite warf und sich in den staubigen Boden grub. Ein Rotorblatt nach dem anderen zersplitterte und zischte als tödliches Geschoss davon, ehe die verbliebene Turbine endgültig den Dienst einstellte. Das Hubschrauberwrack neigte sich nach backbord und Jiao war bei der Bruchlandung nur durch ihre Gurte im Sitz gehalten worden.
    »Leon!«, rief sie nach hinten, während sie sich zu befreien versuchte. »Seid ihr noch da?«
    »Sergej. Sergej!«, brüllte er und schüttelte an seinem russischen Kameraden, doch der Bordschütze hatte den Absturz nicht überlebt. Schnaufend rieb sich Leon den Schweiß aus dem Gesicht und riss die Steuerbordluke auf. »Wir müssen hier weg. Wie weit sind wir gekommen?«
    Jiao antwortete ihm nicht, sondern starrte fassungslos auf ihren toten Freund. Selbst während des Krieges mit den Sicarii gehörten Verluste unter den Biosphärenbewohnern zur absoluten Ausnahme - und diesen Tod hatte sie allein zu verantworten.
    »Komm wieder zu dir!«, rief ihr Leon zu. »Wie weit sind wir gekommen!«
    »Vielleicht zehn ... fünfzehn Kilometer«, sagte Jiao apathisch, aber dann schüttelte sie innerlich den Kopf und löste ihren Sicherheitsgurt. Eigentlich hatte sie sich mit den Füßen am Boden abstützen wollen, doch ein stechender Schmerz im linken Knöchel ließ sie laut aufschreien und im freien Fall auf Cassidy hinabstürzen.
    »Mein Fuß!«, heulte sie und zog ihr linkes Bein an die Brust.
    »Auch das noch«, erwiderte Leon. Er schnappte sich sein Gewehr und spähte aus dem geöffneten Hubschrauber hinaus. »Alles ruhig. Kommt raus!«
    Er schleuderte seine Waffe auf den Boden und reichte Jiao die Hand. Erst zog er sie aus dem Cockpit, dann kletterte er mit ihr auf dem Rücken aus dem Wrack heraus. Dabei riss sie das Foto ihrer Mutter vom Armaturenbrett und versteckte es in einer Innentasche ihrer Fliegermontur. Cassidy war bis auf ein paar Kratzer unverletzt geblieben, stand aufgrund des Absturzes jedoch unter Schock und folgte den beiden völlig stumm.
    »Die werden nicht lange brauchen«, brummte Leon, während er Jiaos Knöchel untersuchte. Er war nicht gebrochen, schien aber bereits anzuschwellen und war vermutlich beim Aufprall verstaucht oder gezerrt worden. »Hast du einen Plan B?«
    »Nein!«, zischte Jiao, als ihr der Schuh vom Fuß gezogen wurde. »Jade. Wir müssen zu Jade!«
    Mit ein paar Handgriffen holte Leon das Gepäck mitsamt Sergejs Ausrüstung aus dem Hubschrauber und drückte Cassidy einen der Rucksäcke in die Hand.
    »Dann folgen wir dem alten Plan«, entschied er widerwillig. »Zurück schaffen wir es ohnehin nicht.«
    »Und was wird aus Kim und Cole?«, versuchte Cassidy leise zu protestieren. Nach der misslungenen Rettungsaktion fühlte sie sich mehr als je zuvor für das Schicksal ihrer Freunde verantwortlich.
    »Du hörst dich an wie eine kaputte Schallplatte!«, erwiderte Leon. »Sieht das für dich etwa so aus, als wären wir in der Lage eine Rettungsmission durchzuführen?« Er schulterte seinen eigenen Rucksack und tippte ein paar Mal auf einem glänzenden E-Paper herum, bis er mit der Nase
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