Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rettungslos

Titel: Rettungslos
Autoren: van der Vlugt Simone
Vom Netzwerk:
endlich ausruhen zu können. Sie macht die Augen zu und denkt an Menno.
    Ein Geräusch lässt sie hochschrecken. Wie lange war sie weggedämmert? Anouk liegt mit geschlossenen Augen neben ihr und atmet ruhig und gleichmäßig. Mühsam hebt Lisa den Arm und schaut auf ihre Uhr. Kurz vor fünf, bald ist es wieder Abend.
    Angespannt lauscht sie, aber im Haus herrscht tiefe Stille.
    Ihr Kopf fühlt sich schwer an, der Körper kraftlos. Wieder wird der Durst übermächtig.
    Lisa versucht, sich an das Geräusch zu erinnern. Es
klang wie eine zufallende Tür. Ist Kreuger endlich gegangen?
    Sie will aufstehen, aber sofort wird ihr schwindlig, und sie sinkt auf das Polster zurück. Sie reißt sich zusammen, richtet sich ganz langsam auf und geht zur Treppe. Der Schweiß steht ihr auf der Stirn, als sie mühsam Stufe um Stufe emporsteigt.
    Obwohl ihre Hände stark zittern, gelingt es ihr, den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Sie legt das Ohr an die Türfüllung und lauscht. Stimmen sind zu hören, offenbar aus dem Wohnzimmer, und eine davon klingt sehr vertraut. Menno?
    Neue Hoffnung regt sich in ihrer Brust wie ein aufflatternder Vogel.
    Lisa dreht den Schlüssel, zögert ein paar Sekunden und macht dann die Tür ein Stück auf.
    Atemlos schlüpft sie durch den Spalt und geht in die Waschküche. Plötzlich klingt Kreugers Stimme so laut und nah, als stünde er direkt neben ihr. Unwillkürlich weicht sie zurück.
    Sie lässt den Blick durch die Waschküche wandern, sieht Weinflaschen im Regal. Die Wasserkästen stehen hinten in der Garage, aber die Tür ist verschlossen. Also muss sie in die Küche.
    Lisa lauscht angestrengt, hört jetzt aber nur noch Kreuger reden. Sie erreicht die offene Küchentür und sieht den glänzenden Wasserhahn der Spüle. Ein paar Schritte noch, und sie hat es geschafft. Schon spürt sie das frische Wasser in ihrem ausgetrockneten Mund, das den zähen Schleim von der Zunge spült und durch ihre Kehle rinnt. Wer auch immer
bei Kreuger im Wohnzimmer ist, die paar Sekunden müssen sein …
    Den Blick starr auf den Wasserhahn gerichtet, geht sie zur Spüle und dreht ihn auf. Sie trinkt und trinkt, als könnte sie nicht genug bekommen.
    Wieder hört sie Kreugers Stimme, dann eine andere. Sie klingt ungehalten.
    Lisa richtet sich auf und horcht. O Gott, es ist Menno! Kann sie es wagen, um Hilfe zu rufen? Noch bevor sie zu einem Entschluss kommt, erklingt ein Schrei, dann ein gequältes Stöhnen.
    Auf Zehenspitzen schleicht sie zur Tür, späht vorsichtig ins Wohnzimmer und erstarrt.

39
    Kreuger steht leicht vorgebeugt da und hält Menno ein langes, scharfes Messer an den Hals. »Bitte nicht«, sagt Menno erstickt.
    In diesem Moment löst sich Lisas innere Erstarrung. Gehetzt sieht sie sich in der Küche nach einem Gegenstand um, der ihr als Waffe dienen könnte.
    Â»Halt die Klappe, du Hurenbock!«, faucht Kreuger.
    Lisa darf keine Zeit verlieren, sonst bringt dieser Irre Menno noch um. Aber Kreuger hat alle Messer aus der Küche entfernt.
    Ihr Blick fällt auf einen Stuhl neben dem Klapptisch. Sie packt die Lehne.
    Die Küche ist nicht besonders groß, doch nun erscheint ihr die Entfernung bis zur Tür unendlich weit und der Stuhl bleischwer. Lisas Herz rast, vor Aufregung bekommt sie kaum noch Luft. Kann sie mit dem Stuhl überhaupt etwas gegen ihn ausrichten? Egal, sie muss es versuchen.

    Sie steht in der Tür und will gerade ausholen, da stößt Kreuger Menno das Messer in den Hals.
    Menno fällt zu Boden, das Gesicht Lisa zugewandt. Erst blutet die Wunde kaum, dann aber quillt das Blut stoßweise heraus. Kreuger sticht wie ein Besessener weiter auf Menno ein, reagiert seine ganze Wut an ihm ab.
    Entsetzt weicht Lisa zurück. Eiseskälte überzieht ihre Haut. Ihr Blickfeld verengt sich auf das Stück Boden, wo Menno liegt.
    Er sieht sie. Noch ist er bei Bewusstsein, und seine Augen halten die ihren fest.
    Ich liebe dich, sagen sie. Auch wenn ich Fehler gemacht habe, ich habe dich immer geliebt.
    Das weiß ich. Und ich habe die Hoffnung nie aufgegeben, dass du dich eines Tages für mich entscheidest, denkt Lisa.
    Es tut mir leid. So leid.
    Sein Blick verschleiert sich.
    Bleib bei mir! Lisa schickt ihm all ihre Kraft, aber sie kann ihn nicht halten: Durch einen Tränenschleier sieht sie, wie er ihr langsam entgleitet, und weiß, das ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher