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Rettungskreuzer Ikarus Band 032 - Vor der großen Stille

Rettungskreuzer Ikarus Band 032 - Vor der großen Stille

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 032 - Vor der großen Stille
Autoren: Dirk van den Boom
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breitete zur Einleitung die Arme aus,
als wolle er die Versammelten segnen. Tatsächlich war Panettone seit seiner
Jugend nur Historiker gewesen und konnte die Gottesdienste, die er geleitet
hatte, an beiden Händen abzählen. Daran änderte auch die Tatsache
nichts, dass er als Abkömmling einer alten imperialen Kolonialwelt sechs
Finger an jeder Hand hatte.
    Dennoch, seine Stimme trug weit.
    »Meine Damen und Herren, in Vorbereitung unserer Mission habe ich mich
in den Archiven auf die Suche nach jenen Unterlagen begeben, die für uns
von besonderer Bedeutung sein könnten, bisher aber für die historische
Forschung eher zweitrangig gewesen sind – dazu gehören vor allem Durchflugcodes
und Kennungen des Zweiten Imperiums, die auch einer sorgfältigen Kontrolle
standhalten können. Wir sollten so wenigen wie möglich unsere Herkunft
offenbaren. Das Zweite Imperium ist untergegangen, und ich möchte nicht
wissen, wie sehr es den Lauf der Geschichte ändern könnte, wenn wir
den Bewohnern der damaligen Epoche ihre eigene, katastrophale Zukunft vorher
sagen. Wir müssen also so getarnt wie nur möglich vorgehen. Uns hilft
dabei, dass wir für unsere Reise einen Zeitpunkt ausgesucht haben –
wenige Wochen vor Einsatz der Hyperbombe und damit dem Auslösen der Großen
Stille –, in dem das Imperium militärisch mit dem Rücken an der
Wand stand und bereits von Auflösung, Resignation und Fatalismus ergriffen
war. Mit Blick auf den nahenden Untergang zerfielen die staatlichen Strukturen
langsam. Der lange Kampf gegen die Outsider hatte das Imperium bereits ökonomisch
und moralisch ausgelaugt. Es konzentrierte sich nur noch auf die Rüstung
und auf das Bombenprojekt, alles andere war längst nebensächlich gewesen.
Staatliche Kontrolle und Polizeigewalt ließen nach, Kriminalität
und Endzeitstimmung mit all ihren psychischen Folgen griffen um sich. Die Bürger
des Imperiums rechneten damit, in Kürze zu sterben oder brutal unterjocht
zu werden. Was mit den Untergebenen des Nexoversums geschah, war zu dem Zeitpunkt
allgemein bekannt, da man Augenzeugenberichte von den unterworfenen Planeten
erhalten hatte, auf denen die Outsider ihre Herrschaft bereits zu errichten
begonnen hatten. In diese chaotische Situation werden wir reisen, was sowohl
zahlreiche Risiken enthält, aber eben auch Chancen: Ein kleines Raumschiff
mit veralteter Technik wird kaum weiter auffallen. Und ja, halten Sie sich bitte
vor Augen: Selbst das vor dem Zusammenbruch befindliche Zweite Imperium war
damals technologisch weiter fortgeschritten als alles, was etwa das Multimperium
heute aufzubieten hat.«
    Panettone hielt inne. Er hob einen Datenchip vom Tisch und hielt ihn in die
Höhe. Er hatte die volle Aufmerksamkeit seiner Zuhörer. Selbst Sentenza
täuschte keine Kopfschmerzen mehr vor.
    »Ich weiß, dass Ihre Vorkenntnisse über die Geschichte des Imperiums
möglicherweise lückenhaft sein könnten. Daran ist die Kirche
nicht ganz unschuldig, denn unsere Informationspolitik konnte man in der Vergangenheit
am ehesten als klandestin bezeichnen.«
    Er lächelte entschuldigend. Sein Blick fiel auf das grimmige Gesicht des
Captains und er deutete eine Verbeugung an. Das wirkte weitaus effektiver als
Sallys kalte Blicke, denn Sentenzas Gesichtszüge entspannten sich sogleich.
    »Ich werde uns also mit einer guten Ausstattung an damals gültigen
Identifikationscodes begleiten. Wir haben bereits einige Umbauten an der Ikarus durchgeführt, um die Identität des Schiffes glaubhaft zu machen. Wir
werden als Frachter auftauchen, ohne Eigennamen, mit einem Code als Schiffsbezeichnung.
Es kommt uns zugute, dass die Ikarus nicht auf Sprungtore zur Fortbewegung
angewiesen ist. Das Sprungtorsystem des Zweiten Imperiums war, ebenso wie das
heutige, kostenpflichtig, und wir verfügen über kein elektronisches
Konto. Ich habe aus vielen Archiven nicht unbeträchtliche Barmittel gesammelt
und wir werden diese mitnehmen, wir können aber diese Summen nicht benutzen,
um Sprungtortransfers zu bezahlen, ehe wir kein Konto eröffnet haben –
und dies wiederum ist nur möglich nach einer recht genauen Identitätsprüfung.
Ich würde nicht darauf wetten wollen, dass wir eine solche bestehen. Außerdem
sind Sprünge teuer. Ich denke, wir sollten das Geld, das wir mitnehmen,
sinnvoller einsetzen.«
    »Was werden unsere ersten Schritte sein?«, fragte Sonja. Die
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