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Rettungskreuzer Ikarus Band 020 - Sankt Salusa

Rettungskreuzer Ikarus Band 020 - Sankt Salusa

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 020 - Sankt Salusa
Autoren: Dirk van den Boom
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war er rasch aufgestiegen,
etwas ungewöhnlich für das Kind eines Bauern, aber auch nicht völlig
abwegig. Die Kirche hatte schon manche Karriere von ganz Unten nach ganz Oben
ermöglicht, ein wesentlicher Grund dafür, warum Uhul sie trotz mancher
dogmatischer Schwerfälligkeit immer noch hoch einschätzte. Der Stadtadel
oder die Handelsgilde waren nicht halb so flexibel. Es gab Vertreter des Stadtadels,
die auf ihn, den Emporkömmling, hinter seinem Rücken verächtlich
herabsahen. Niemals offen, denn niemand wollte den Vertrauten des Prior beleidigen.
Doch Uhul wusste Bescheid, und es ließ ihn kalt. Er hatte gelernt, zwischen
dem falschen und dem aufrichtigen Lobpreis zu unterscheiden. Uhul ahnte, dass
Tokal es nicht ganz so schwer haben würde. Seine Eltern kamen aus der Handelsgilde,
und nicht vom schlechtesten Teil. Sein Vater hatte in der Miliz Karriere gemacht,
war Berufssoldat und mittlerweile hoher Offizier, ein in der Stadt bekannter
Krieger. Machte er nichts falsch, würde er zwei glänzende Karrieren
vor sich haben – als Staubdiener und anschließend vielleicht als
Mitglied der Verborgenen Kauffrauen. Tokal machte bereits jetzt wenige Fehler
und war bereit, aus den wenigen zu lernen. Uhul war da ohne Sorgen.
    Sie setzten ihren Weg ungestört fort. Nach weiteren drei Stunden –
der Sonnenuntergang hatte bereits begonnen und warf lange Schatten über
die geröllreiche Gegend, durch die sich der Prozessionsweg zog – zeichnete
sich das konisch geformte Gebäude ihres Zieles vor dem Horizont ab. Als
einzige wirklich hervorstechende Erhebung war es nicht zu übersehen. Obgleich
Uhul schon oft hier gewesen war, erfüllte ihn unwillkürlich ein Schauer
der Ehrfurcht. Das war nicht irgendein Ort. Auch Tokals Echtauge war auf den
Großen Schrein gerichtet, als wollte er das Bild in sich aufsaugen. Dies
war das Zentrum ihres Glaubens, der Ort, an dem sich die Götter offenbarten,
wenn es ihnen gefiel.
    Ein Geräusch riss Uhul aus seinen Überlegungen. Sein empfindliches
Gehör nahm entfernten Hufschlag wahr. Es war ein spezieller Rhythmus, der
unverwechselbar war. Auch Tokal hatte das Geräusch vernommen und richtig
interpretiert, denn sein Echtauge war mit dem wässrigen Glanz der Furcht
erfüllt. Uhul kletterte auf den Wagen, richtete sich zu seiner ganzen Größe
auf und beschattete das Echtauge, das er in voller Länge ausgefahren hatte.
Tokal hatte indes das Bokta gestoppt. Auch er starrte angestrengt in die Richtung,
aus der der Hufschlag kam. Er sah nicht mehr als eine dünne, aufgewirbelte
Staubwolke.
    »Erkennt Ihr etwas, Herr?«
    Uhul antwortete nicht sofort. Nach einem weiteren Augenblick setzte er sich
abrupt, nahm die Zügel in die Hand und schnalzte. Das Packtier machte eine
ruckartige Bewegung nach vorne und trompetete unwillig, als Uhul es zu größerer
Eile antrieb.
    »Wir müssen vor ihnen beim Schrein sein. Hoffentlich haben die Milizionäre
an der Wachstation aufgepasst.«
    »Es ... es sind Ketzer, nicht wahr?«
    Im Gerüttel des über den schadhaften Weg holpernden Wagens ging Uhuls
zustimmendes Nicken unter, daher bekräftigte er es mit lauter Stimme, die
das Klappern ihres Gefährtes übertönte.
    »Eine ganze Schwadron, wenn nicht mehr. Sie wissen, dass die Prozession
naht und sondieren das Terrain. Sie haben uns bestimmt entdeckt. Schaffen wir
es nicht bis zur Station, sind wir des Todes.«
    Uhul sah keinen Sinn darin, die Härte der Realität vor Tokal zu verbergen.
Der eigentliche Grund für das Geleit, dass die Miliz der Prozession gab,
waren nicht gelegentlich auftauchende Bestien, sondern die in der Ebene bis
in das Kalte Reich hinein lebenden Ketzergruppen, die dem Glauben der Alten
Völker abgeschworen hatten oder eine eigene Version desselben vertraten.
Sie zogen ein wildes, unzivilisiertes Leben der geregelten Existenz der Städte
vor. Das allein wäre kein Problem – niemand wurde selbst in der Stadt
des Priors zum Glauben gezwungen, und Uhul wusste von genügend angesehene
Bürger, deren Begeisterung für die Kirche bekanntermaßen begrenzt
war –, doch die Ketzergruppen wollten mehr. Seit Jahren stritten sie gegen
die Kirche und die Städte, in denen sie residierte. Viele waren der Ansicht,
dass sie die Religion nur als Vorwand für sehr weltliche Bestrebungen nach
Macht und Reichtum nahmen. Ganz egal, was sie vorantrieb, die Prozession war
ein beliebtes Ziel der
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