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Rettet unser Geld

Rettet unser Geld

Titel: Rettet unser Geld
Autoren: Hans-Olaf Henkel
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2010 in Brüssel durchgesetzt hat - möglicherweise, da die Entscheidung in den Dezember verschoben wurde -, sind in Wahrheit kosmetischer Natur und ändern nichts an der deprimierenden Lage, die für uns durch den Rettungsschirm entstanden ist. Die Deutschen stecken in der Klemme, und keiner kann ihnen heraushelfen - außer sie selbst.
    Dennoch glaube ich an Europa, aber nicht an die fixe Idee der Technokraten, die alles über einen Leisten schlagen möchten und jede nationale Abweichung als Bedrohung empfinden, sondern an das Europa der Verschiedenheiten. Wir brauchen die Nationalstaaten, die sich durch Wettbewerb untereinander profilieren, aber auch gegenseitig zu Höchstleistungen anstacheln. Nur wenn die europäischen Staaten ihre marktwirtschaftliche Wettbewerbskultur weiterentwickeln, können sie in der globalen Konkurrenz mit den anderen Weltteilen mithalten. Europa hat seinen Glanz dem Wettbewerb der Nationen zu verdanken - die nun beschlossene Transfergemeinschaft wird dagegen für schnelle Abstumpfung sorgen: Man strebt nicht nach oben, sondern orientiert sich nach unten.
    Ich werde in diesem Buch zeigen, wie es zu dieser Fehlentwicklung kommen konnte und vor allem, wie die Gemeinschaftswährung unbemerkt diesen Verfall beschleunigt hat. Denn das Privileg, an der Währungsstabilität der Starken teilhaben und diese als geldwerten Vorteil einstreichen zu dürfen, ist vielen schwachen Ländern nicht bekommen. Und weil die EU der Erhaltung des Gemeinschaftsgefühls mehr Gewicht beilegte als der Erhaltung ihrer Geldwertstabilität, ist der Euro auch den starken Ländern nicht bekommen.
    Wie in meinem Traum, so sehe ich auch in der Wirklichkeit keine Chance mehr für den alten Euro. Die Devise »Abkehr vom Schuldenstaat! Abschied vom Euro! Wiedereinführung
der D-Mark!« habe ich mir teilweise zu eigen gemacht. Die Zeit des alten Euro ist abgelaufen. Will Europa von einem zentral geregelten Transferverbund zu einer kreativen Wettbewerbsgemeinschaft zurückkehren, weil es seine Stabilität und zugleich seine globale Konkurrenzfähigkeit behalten will, so braucht es eine neue Währung, die den nationalen Unterschieden Rechnung tragen muss.
    Zur Rettung der Europäischen Gemeinschaft schlage ich im letzten Kapitel dieses Buches vor, den Euro in zwei Zonen aufzuteilen, die auch die Mentalitätsunterschiede der betroffenen Länder widerspiegeln - eine Nordzone um Deutschland, die Benelux-Staaten und Skandinavien, deren Festhalten an Geldwertstabilität und Haushaltsdisziplin durch den harten Nord-Euro repräsentiert würde; und eine Südzone um Frankreich, Spanien und Italien - heute schon als »Club Med« bekannt -, deren weiche Euro-Variante der Ausgabenfreude und dem währungstechnischen Improvisationstalent dieser Länder entspräche.
    Ich schlage es vor, weil ich zutiefst überzeugt bin, dass das, was für Europa gut ist, auch für Deutschland gut sein wird.

    Hans-Olaf Henkel
Berlin, im November 2010

    PS: Wenn Sie mir einen Kommentar schreiben möchten, bitteschön: [email protected]

KAPITEL EINS
    Die Maulkorb-Republik
    Wie es in unserem diskutierfreudigen, ja diskutierwütigen Land üblich ist, wurde das Problem des Euro ausgiebig in den Medien durchgesprochen, in den Talkshows von allen Seiten beleuchtet und eine Zeitlang an erster Stelle der Aufmerksamkeits-Agenda geführt. Ich gebe zu, dass mir das an einer Demokratie gefällt: dass über alles geredet werden kann und nichts unter den Teppich gekehrt wird.
    Wobei ich gleich hinzufügen muss, dass wir auch in diesem Punkt zu Extremen neigen: Wir hecheln jedes Problem so ausgiebig durch, bis es uns gleichsam zu den Ohren herauskommt, was zur Folge hat, dass wir des Problems schnell überdrüssig werden und es kurzerhand vergessen, da uns bereits ein anderes Thema fesselt. Das alte Problem ist damit nicht erledigt, aber es hat sich für uns erledigt. Und darin liegt ein großer Unterschied.
    Das andere Extrem scheint mir noch gefährlicher: Tritt ein Problem auf, das sich mit der herrschenden Denkrichtung nicht vereinbaren lässt, wird es zum Unthema erklärt. Da nicht sein kann, was nicht sein darf, schweigt man es tot und legt dem, der sich nicht mundtot machen lässt, einen Maulkorb an. Natürlich wird dieser unschöne Vorgang, der bei uns längst zum Alltag gehört, nie so klar ausgeprochen, sondern verblümt und beschönigt: Man erklärt das Problem, das angesprochen wurde, für nichtexistent, das heißt, man vertuscht es, oder man
erklärt es -
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