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Replay - Das zweite Spiel

Titel: Replay - Das zweite Spiel
Autoren: Ken Grimwood
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Wahnsinnsphantasien. Er und all die anderen unmenschlichen Schlächter dort draußen sind tatsächlich Darsteller auf einer Bühne, aber das blutgeile Publikum befindet sich unmittelbar hier, nicht irgendwo im Weltraum. Und es gibt nichts, was du oder ich jemals tun könnten, um etwas daran zu ändern oder um auch nur den kleinsten Spritzer dieser Blutwoge abzufangen. Wir tun bloß, was wir immer getan haben und immer tun werden - es akzeptieren, aus unserem Bewusstsein verdrängen, so gut wir können, und unser Leben weiterleben. Find dich damit ab, wie wir es auch mit all dem anderen hoffnungslosen, unausweichlichen Leiden tun.«
    Diesem düsteren Resümee zufolge ist die wahre Tragödie der Menschheit nicht das Leid, das sie sich selbst zufügt, sondern die vollkommene Sinnlosigkeit des Ganzen: Es lässt sich nichts daran ändern. Eine entsetzlich nihilistische Sichtweise, die Grimwood Jeff in den Mund legt. Doch solange wir nicht aufhören, nach übernatürlichenx oder außerirdischen - Wesen zu schielen, denen wir die Schuld geben oder die wir als Rechtfertigung für unsere eigene Bösartigkeit heranziehen können, trifft sie vermutlich zu.
    Dieser Nihilismus zeigt sich auch, wenn Jeff sich weniger als Gott, sondern eher als Opfer zu sehen beginnt - als Opfer jener Macht, die ihn dem Zyklus der Wiederholungen unterworfen hat. Diese ›Macht‹ entspricht natürlich einem weiteren Aspekt Gottes, und auch hier führt Gottes Wirken nicht zum Heil, sondern in die Sinnlosigkeit:
    Er hatte geglaubt, der erste und, bis er Pamela traf, auch der einzige Mensch zu sein, dem dies je widerfahren war - vielleicht war er auch der letzte gewesen oder zumindest einer der letzten, die sich der endlosen Wiederholungen bewusst werden sollten. Pamela hatte spekuliert, diese Jahre würden sich solange wiederholen, bis jeder einzelne Mensch erkennen würde, was vor sich gehe. Konnte es stattdessen sein, dass die Erkenntnis stückweise stattfand, bei jeweils nur einem Individuum anstelle einer plötzlichen planetarischen Bewusstwerdung? Und wenn ein bestimmter Mensch die Wahrheit erkannte, hatte er dann begonnen, der ewigen Wiederkehr dessen, was einmal als Realität erschienen war, zu entfliehen?
    Das hieße, dass die ganze Menschheitsgeschichte, Vergangenheit und Zukunft, möglicherweise nichts als eine Täuschung waren - falsche implantierte Erinnerungen und Berichte, trügerische Hoffnungen auf eine zukünftige Welt. … Die sich wiederholende Zeitschleife umfasste womöglich die Gesamtheit der menschlichen Erfahrung, und die Erkenntnis dieser Tatsache mochte Beleg dafür sein, dass ein Individuum den Gipfel der Bewusstheit erreicht hatte. Was bedeuten würde, dass Jeff und jedermann unbewusst seit Äonen - buchstäblich seit dem Anbeginn der Zeit an - wiederholt hatten …
    Der hypothetische Gott, über den Jeff Spekulationen anstellt, hat der Menschheit somit eine wahre Sisyphuslast aufgebürdet: Wir sind dazu verdammt, nicht nur dem Tao zu folgen, für das wir uns entscheiden, sondern jedem nur möglichen Tao - indem wir immer aufs Neue einen Felsblock einen Hügel hinaufwälzen, dessen Kuppe wir niemals erreichen werden. Die Grausamkeit dieser Gottheit übersteigt die der Antareaner bei weitem.
    Es sei denn natürlich, wir selbst sind die Gottheit…
    Natürlich sollte man irgendwann die Geschichte erwähnen, die für die große Mehrheit das letzte Wort zum Thema Zeitschleife darstellt, den Film Und täglich grüßt das Murmeltier von 1993, dessen Protagonist dazu verdammt ist, einen bestimmten Tag so lange zu wiederholen, bis er schließlich klug wird - das heißt, bis er lernt, mit anderen Menschen auszukommen, vor allem mit der Frau, der er zu Beginn des Films an die Wäsche will. Im Laufe der Wiederholungen begreift er also, was Liebe ist - und so geht auch sein ursprünglicher Wunsch in Erfüllung.
    Weitaus tiefgründiger wird dieses Thema in einem anderen Film durchgespielt, der ebenfalls 1993 in die Kinos kam, und zwar in 12:01 nach einer Geschichte von Richard Lupoff. Hier ist der Protagonist durchaus liebesfähig, und die Dame seines Herzens erwidert auch recht bald seine Gefühle. Doch tragischerweise endet diese Liebe am Ende jedes sich ständig wiederholenden Tages und muss jeden Morgen von Grund auf neu aufgebaut werden (jedenfalls so lange, bis der Zyklus der Wiederholungen durchbrochen wird).
    Wenn auch mit einer etwas abgedroschenen Science-Fiction-Erklärung befrachtet, sagt 12:01 weit mehr über das Wesen
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