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Replay - Das zweite Spiel

Titel: Replay - Das zweite Spiel
Autoren: Ken Grimwood
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menschlicher Existenz aus als der bekanntere Murmeltier-Film, dessen Erkenntnis sich darin erschöpft, dass wir uns bemühen sollen, ein besserer Mensch zu werden. 12:01 hingegen zeigt, dass in einem Leben, das fast so kurz wie das einer Eintagsfliege ist, letztlich alles vergebens ist - es sei denn, es gelingt uns irgendwie, daran etwas zu ändern. Der Optimismus von 12:01 liegt darin begründet, dass die Protagonisten am Ende tatsächlich einen Weg finden, den sinnlosen Kreislauf zu beenden - während die pessimistische Aussage von ›Replay‹ besagt, dass es keine Lösung für das Rätsel unserer Existenz gibt.
    Anders ausgedrückt: Es gibt für uns keinen nahe liegenden Ausweg. Keinen Super-Computer, der sich umprogrammieren lässt wie in 12:01 , keine innere Weiterentwicklung wie in Und täglich grüßt das Murmeltier . ›Replay‹ stellt seine Reife dadurch unter Beweis, dass er sich schonungslos der deprimierenden Schlussfolgerung stellt.
    Einer der großen Vorzüge von Ken Grimwoods Roman besteht darin, dass er auf ganz verschiedene Weisen gelesen werden kann, von denen keine wertvoller oder wertloser ist als die andere. Bei meiner ersten Lektüre kurz nach Erscheinen des Buches fasste ich ›Replay‹ als einen temporeichen Fantasy-Roman auf, als tolle Abenteuergeschichte, die gleichwohl so stark in mir nachklang, dass ich das Buch nach einer Weile wieder zur Hand nahm. Erst beim zweiten Lesen wurde ich mir der Feinheiten von Grimwoods Konstruktion bewusst, der Tatsache vor allem, dass der Roman weniger von Zeitschleifen handelt als vielmehr von einer steten Abfolge alternativer Realitäten und dem philosophischen Mechanismus, der diesem Phänomen zugrunde liegt. Bei meiner dritten (und bislang letzten) Lektüre stellte ich - wie Sie gesehen haben - dann noch grundlegendere Betrachtungen an. Was wird wohl beim nächsten Mal passieren?
    Und ein nächstes Mal gibt es bestimmt. So gut ist das Buch.

    Der Amerikaner John Grant ist einer der profiliertesten Science-Fiction- und Fantasy-Autoren der Gegenwart.

REPLAY - 
DAS ZWEITE SPIEL

Für meine Mutter und
    meinen Vater

1
    J eff Winston telefonierte gerade mit seiner Frau, als er starb.
    »Wir brauchen …«, sagte sie, doch den Rest bekam er nicht mehr mit, denn etwas Schweres schlug gegen seine Brust und presste die Luft aus ihm heraus. Der Telefonhörer fiel ihm aus der Hand und zerschmetterte den gläsernen Briefbeschwerer auf dem Schreibtisch.
    In der Woche zuvor hatte sie etwas ganz Ähnliches gesagt, nämlich: »Weißt du, was wir brauchen, Jeff?«, und es war eine Pause entstanden - keine endlose, keine endgültige wie diese tödliche Pause, aber doch eine spürbare Unterbrechung. Er hatte am Küchentisch gesessen, an der Stelle, die Linda als ›Frühstücksecke‹ bezeichnete, obwohl es überhaupt kein abgetrennter Platz war, bloß ein kleiner Resopaltisch mit zwei Stühlen, ungeschickt zwischen der linken Seite des Kühlschranks und der Vorderseite des Wäschetrockners platziert. Linda hatte auf der Arbeitsplatte Zwiebeln gehackt, als sie das sagte, und vielleicht waren es die Tränen in ihren Augenwinkeln gewesen, die ihn nachdenklich gemacht und ihrer Frage mehr Gewicht verliehen hatten, als sie eigentlich beabsichtigt hatte.
    »Weißt du, was wir brauchen, Jeff?«
    Und er hätte sagen sollen: »Was denn, Schatz?«, hätte es zerstreut und ohne Interesse sagen sollen, so wie er Hugh Sideys Kolumne im Time Magazine zur Präsidentschaft las. Aber Jeff war nicht zerstreut; Sideys Ergüsse scherten ihn einen Dreck. Tatsächlich war er so konzentriert und aufmerksam wie seit langer, langer Zeit nicht mehr. Deshalb sagte er eine Zeit lang gar nichts; er starrte nur auf die falschen Tränen in Lindas Augen und dachte an die Dinge, die sie brauchten, er und sie.
    Zunächst einmal mussten sie verreisen, in ein Flugzeug steigen, das irgendwohin flog, wo es warm und landschaftlich reizvoll war - nach Jamaika vielleicht oder nach Barbados. Seit der lang geplanten, aber irgendwie enttäuschenden Rundreise durch Europa vor fünf Jahren hatten sie keinen richtigen Urlaub mehr gemacht. Ihre jährlichen Reisen nach Florida zu seinen Eltern in Orlando und Lindas Familie in Boca Raton zählten für Jeff nicht; das waren Besuche in einer immer weiter zurückweichenden Vergangenheit, mehr nicht. Nein, was sie wirklich brauchten, war eine Woche, ein Monat auf einer dekadent fremden Insel - mit Liebe an endlosen leeren Stränden und nachts dem Klang von Reggaemusik
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