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René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

Titel: René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
Autoren: Wigbert Löer , Rainer Schã¤fer
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auf Pokerstars klickt und sich dort dann auch registriert, kassiert Poki Provision. Weil immer mehr Leute Pokis Seite besuchen und immer mehr Leute online pokern wollen, verdient Poki so gut, dass er bei seinen Eltern auszieht und eine Drei-Zimmer-Wohnung mit großem Balkon im Stadtteil Rodenkirchen mietet. Dort will er sich ein eigenes Pokerzimmer einrichten. Schnitzler und sein Kumpel Christian Pöstges sind beeindruckt.
    Poki benötigt nun einen Pokertisch, und weil er die Sachen nie so eng sieht, willigt er ein, als Schnitzler und Christian
Pöstges anbieten, ihm einen zu bauen. Beide sind in dieser Sache unerfahren und handwerklich überhaupt eher ungeschickt. Sie fordern 200 Euro und versprechen Poki, auch selbst noch ein bisschen Geld zu investieren.
    In einem Textilgeschäft kaufen sie einen grünen Bezug, in einem Baumarkt eine Platte. Auch Tischbeine brauchen sie. Die Exemplare, die sie im Baumarkt finden, sind gut, aber recht teuer, doch Poki schießt noch mal Geld nach. Auch gerät der Tisch viel zu schmal und zudem rechteckig. Poki honoriert ihn trotzdem.
    Von Poki kann Schnitzler lernen, er führt ihn ein in die Welt des Online-Pokers. Außerdem ist Poki wahrscheinlich eine der gutgläubigsten Gestalten, die sich in der nieder-rheinischen Pokerszene herumtreiben. Seinen Online-Account hält er immer gut gefüllt, und weil das bei Schnitzler anders ist, bettelt der ihn nach einem Zocker-Abend um seine Zugangsdaten an. Er sei blank und wolle nur noch an einem 22-Dollar-Turnier teilnehmen, verspricht Schnitzler. Poki überlässt ihm die Daten. Für 30 Dollar dürfe Schnitzler spielen, sagt er, mehr erlaube er ihm nicht.
    Als Poki am nächsten Morgen schlecht gelaunt in der Uni sitzt – frühe Lehrveranstaltungen sind seine Sache nicht –, kontrolliert er sein Pokerkonto. Es steht auf Null. Kurz darauf geht eine sms bei ihm ein, von Schnitzler, der mitteilt, dass es ihm leid tue, aber der Account sei platt. Schnitzler hat sich nicht lange mit 22-Dollar-Turnieren aufgehalten, er hat sich an die virtuellen Cash-Game-Tische begeben. Dort sind ihm knapp 1 000 Dollar durchgerasselt. Poki hatte sich die Summe selbst erpokert. Er kann kaum glauben, was er liest, und druckt sich später zu Hause die so genannte Hand History aus, eine Art Protokoll, das auf vielen Seiten Schnitzlers Spiele dokumentiert. Er sieht jede einzelne
Hand – und ein Spielverhalten, das ihn empört. Poki beklagt sich bei Christian Pöstges, und gemeinsam fahren sie rüber zu den Schnitzlers nach Giesenkirchen und klingeln in der Dachgeschosswohnung. Schnitzler kommt herunter, öffnet, verschlafen noch, aber – wie Christian Pöstges sich erinnert – »schon wieder so ein schmieriges Lächeln im Gesicht«. Für seine Verhältnisse ist Poki höchst erregt. »Guck Dir das hier mal an, da haste noch hundert Dollar«, ereifert er sich, »und hier, zwei Minuten später, schon wieder alles weg. Wie hast Du gespielt? Bist Du bescheuert?«
    Schnitzler, das zeigt die Hand History eindrücklich, hat zum einen hektisch und rastlos gespielt und zum anderen mit einem Risiko, als sei es um Spielgeld gegangen. »Der war«, stellt Christian Pöstges fest, »am Brennen wie eine Fackel.«
    Nicht zum ersten Mal hat sich gezeigt, was den Glücksspieler René Schnitzler aus- und was ihm zu schaffen macht, was er selbst »fehlende Tilt-Resistenz« nennt: Wenn es nicht läuft, vermag er nicht inne zu halten. »Ich dreh durch, wenn ich eine Hand verliere, bei der ich gute Chancen hatte, ich dreh dann einfach durch. Dann ist mein ganzer Account in Gefahr. Ich kann dann nicht ruhig bleiben und auch keine Pause machen. Ich will sofort Revanche.«
    Ohne sich zu entschuldigen oder gar Reue zu zeigen, entgegnet Schnitzler, dass er das Geld zurück zahle. Dann grabscht er Poki die Zettel mit den Daten aus der Hand, zerknüllt sie und kickt den Papierball auf die Straße. Wegen 1 000 Dollar will er sich kurz nach dem Aufstehen nicht den Kopf zerbrechen.
     
    Der Stadtteil Odenkirchen ist in den Schlagzeilen, gewalttätige Jugendbanden verbreiten Angst, ein Polizist ist bereits dienstunfähig getreten worden, als Poki Jahre später in
seiner Wohnung sitzt und von alten Zeiten erzählt. Die Balkontür steht auf, doch das reicht nicht, um den Geruch tausender Zigaretten zu vertreiben. Poki ist 31 Jahre alt und pokert noch. Auch seine Seite im Internet läuft weiterhin, zudem schreibt er einen Blog, in dem er sich mit dem Kreislauf des Geldes und der Macht des Kapitals
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