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René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

Titel: René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
Autoren: Wigbert Löer , Rainer Schã¤fer
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das Magazin »stern« reagierte, indem er den Fall zur Ausnahme erklärte, kann man aber durchaus nachvollziehen. Schulte wollte seinen Verein schützen. Er wollte vermutlich auch seine Branche insgesamt schützen. So wenig befleckt wie möglich sollten sie bleiben, der FC St. Pauli und der Fußball überhaupt.
    Ein Einzelfall, bedauerlich, passiert leider mal. Muss man akzeptieren. Sollte man aber auch nicht zu ernst nehmen. Das war Schultes Botschaft. Das war die Verteidigungslinie. Der größte Teil, vielleicht sogar jeder seiner Kollegen
in der Ersten und Zweiten Bundesliga, hätte wohl genauso reagiert wie der Fußballmanager.
    Doch der »Einzelfall« René Schnitzler war nicht einmal beim FC St. Pauli der einzige Profi, der um beträchtliche Summen gespielt hat. Sein damaliger Mannschaftskamerad Andreas Biermann pokerte ebenfalls um hohe Beträge, auch der Mittelstürmer Marius Ebbers. Ein anderer Kollege setzte vor allem auf Fußballwetten. Ein fünfter St. Pauli-Spieler schließlich, der 2009 zum Verein stieß, ist regelmäßig Gast in Spielkasinos. Im Internet hat er eine fünfstellige Summe verpokert. Er verdient nicht so üppig, als dass ihn das nicht weiter stören könnte.
    Den Autoren dieses Buches liegen die so genannten Screennames von vier deutschen Nationalspielern vor, die bei der Weltmeisterschaft 2010 im Kader standen. Mit diesen sind sie bei den Online-Portalen »Pokerstars« oder »Full Tilt Poker« angemeldet. Im Internet lässt sich zurück verfolgen, wer wann an welchem Turnier teilnahm und ob er gewann oder verlor. Drei der Nationalkicker spielten auch während der WM regelmäßig und durchaus nicht ohne Erfolg. Der Vierte hinterließ keine Spuren im Datennetz. Er hatte beantragt, seine Bilanz als Onlinezocker unsichtbar zu machen. Die Portale legen Wert auf Transparenz, doch bei besonders prominenten Kunden machen sie solche Ausnahmen.
     
    Mal vorsichtig tastend, mal mit Nachdruck hat sich der Deutsche Fußball-Bund in den letzten Jahren an die Themen Depression und Homosexualität im Profifußball gewagt. Nur das Tabu Zocken im Profifußball fiel bisher nicht. Dabei war und ist die Gelegenheit günstig, sich damit auseinander zu setzen, statt zu schweigen. Über Jahre
rollten die Staatsanwälte am Landgericht Bochum das Treiben der so genannten Wettmafia auf. Einige Paten wurden verurteilt, auch Fußballspieler, die sich von den Wettern kaufen ließen. Es war die extreme Zockerei, die beide Seiten zueinander gebracht hatte. Die den Fußball anfällig für Manipulationen macht. Die die Glaubwürdigkeit des Spiels bedroht, das vielen so viel bedeutet.
    Ab 2012 wird nicht mehr nur der deutsche Staat am Zocken verdienen, denn das staatliche Monopol auf Glücksspiel fällt. Im Profifußball sind private Wettanbieter dann wieder erlaubt – und jetzt schon heiß ersehnt. Durch die Verbote, befand DFB-Präsident Theo Zwanziger bereits 2010, werde »eine Finanzierungsmöglichkeit von Milliarden Euro in einer perversen Art und Weise heruntergerechnet auf rund 200 000 Euro«. Dies ist die Summe, die der staatliche Wettanbieter Oddset alljährlich an den Fußball überweist.
    Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und Theo Zwanziger wollen mehr. Sie wollen wieder Werbung für Anbieter von Sportwetten auf Trikots und Stadionbanden zulassen. Und sie wollen dafür kassieren. Der Profifußball ist pro Fußballwetten. Geschichten von spielsüchtigen, zehntausende Euros verzockenden Profis, die sich verschulden und so an Wettmafiosi geraten, stören da. Dies ist der Grund, warum der deutsche Fußball das Problem des Glücksspiels nicht anspricht. Und warum René Schnitzler zu einem bedauerlichen Einzelfall gemacht werden soll, obwohl nicht wenige den selben Weg wie er einschlagen.
     
    Bei den Recherchen zu diesem Buch wurde deutlich, wie viele Fußballer auch Zocker sind. Gestandene Profis räumen auf Turnieren in Spielkasinos üppige Preisgelder ab.
Junge Zweitligaspieler verpokern vom eigenen Wohnzimmer aus online kurz mal ein Monatsgehalt. Nationalspieler sitzen in illegalen Spielrunden in Luxushotels. Selten geht es dabei nur um ein paar Euro. »Zockerliga« erzählt nicht nur die Geschichte René Schnitzlers. Dieses Buch will darauf aufmerksam machen, dass exzessiv betriebenes Glücksspiel den einzelnen Profi genauso gefährdet wie die Glaubwürdigkeit des gesamten Fußballs.
     
    Hamburg, im Juni 2011
    Wigbert Löer und Rainer Schäfer

1
ANDERS ALS ANDERE
    Seine Karriere als Glücksspieler, sagt René
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