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Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama
Autoren: Arthur C. Clarke
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und so ließ er es sich dankbar gefallen, wie ein halb gelähmter Invalide manipuliert zu werden.
    Der Himmel Ramas zog sich über ihm zusammen, als er in den Zentralkrater der Nabe hinabstieg. Als die innere Schleusentür ihm den Anblick endgültig abschnitt, dachte er bei sich: Wie seltsam, dass jetzt die Nacht hereinbricht, wo Rama der Sonne am nächsten ist!

44 Space Drive
    Hundert Kilometer Entfernung boten ausreichend Sicherheit, hatte Norton entschieden. Rama war nun ein großes schwarzes Rechteck, das ihnen genau die Breitseite bot und die Sonne verdeckte. Er hatte die Gelegenheit wahrgenommen und die Endeavour ganz in den Rama-Schatten gebracht, um die Kühlsysteme des Schiffs zu entlasten und ein paar überfällige Reparaturen ausführen zu lassen. Ramas schützender Schattenkegel konnte jeden Augenblick verschwinden, und er wollte ihn so gut ausnutzen, wie es eben ging.
    Rama wendete immer noch; inzwischen hatte er beinahe fünfzehn Grad durchlaufen, und nun konnte es überhaupt keinen Zweifel mehr geben, dass eine größere Flugbahnänderung bevorstand. Auf den Vereinten Planeten hatte die Erregung einen hysterischen Höhepunkt erreicht, doch bis zur Endeavour drang davon nur ein schwaches Echo. Körperlich und seelisch war die Besatzung erschöpft; nach dem Take-off von der Basis am Nordpol schliefen alle - bis auf eine kleine Wachmannschaft - zwölf Stunden lang. Auf Anordnung der Ärztin hatte Norton bei sich Elektroberuhigung angewendet; doch er hatte trotzdem geträumt, dass er eine endlose Treppe hinaufklettern müsse.
    Am zweiten Tag nach der Rückkehr ins Schiff ging alles nahezu wieder seinen normalen Gang; die Erforschung Ramas schien bereits einem anderen Leben anzugehören. Norton begann mit der Papierarbeit, die sich auf seinem Schreibtisch angesammelt hatte, und machte Zukunftspläne. Aber er wies die Ersuchen um Interviews zurück, die sich irgendwie in die Funkverbindung von SURVEY und sogar von SPACEGUARD eingeschlichen hatten. Vom Merkur lagen keine Nachrichten vor, und die Generalversammlung der UP hatte ihre Sitzung vertagt, obwohl sie innerhalb einer Stunde wieder zusammentreten konnte.
    Norton gönnte sich - dreißig Stunden, nachdem sie Rama verlassen hatten - zum ersten Mal eine ganze Nacht lang Schlaf, als man ihn plötzlich roh wieder in die Wirklichkeit zurück schüttelte. Er fluchte schlaftrunken vor sich hin und blinzelte mit einem Auge: Vor ihm stand Karl Mercer. Und wie jeder gute Kapitän war Norton sofort hellwach.
    »Er hat aufgehört, sich zu drehen?«
    »Ja. Liegt da wie ein Fels.«
    »Geh'n wir zur Brücke.«
    Das ganze Schiff war wach. Selbst die Simps wussten, dass etwas im Gange war, und stießen ängstliche Wimmerlaute aus, bis Sergeant McAndrews sie mit einigen raschen Handsignalen beruhigte. Doch als Norton in seinen Stuhl glitt und die Halterungen um seine Taille festzog, fragte er sich, ob auch dies nicht nur wieder falscher Alarm sein werde.
    Rama wirkte nun wie zu einem dicken Zylinder verkürzt; der brennende Rand der Sonne waberte über die eine Kante. Norton platzierte die Endeavour sacht wieder in den Schatten der künstlichen Sonnenfinsternis zurück und sah, wie die perlenhelle Pracht der Korona wieder vom Hintergrund der helleren Sterne auftauchte. Es zeigte sich eine riesige Protuberanz, die mindestens eine halbe Million Kilometer hoch auf- schoss und die sich so weit von der Sonne entfernt hatte, dass ihre äußersten Zacken wie ein Baum von karmesinrotem Feuer wirkten.
    Jetzt können wir nur noch abwarten, sagte sich Norton. Und dabei ist es wichtig, nicht die Geduld zu verlieren, wichtig, bereit für eine Reaktion in Sekundenschnelle zu sein, alle Instrumente funktions- und aufnahmebereit zu halten, wie lange es auch dauern mag ...
    Aber das war seltsam: Das Sternenfeld verschob sich, beinahe so, als habe er die Rolltriebwerke aktiviert. Dabei hatte er keinen der Kontrollschalter berührt, und wenn eine tatsächliche Bewegung stattgefunden hätte, das wäre sofort zu spüren gewesen.
    »Skipper!«, rief Calvert aufgeregt von der Navigationskabine.
    »Wir rollen - sehen Sie sich die Sterne an! Aber ich bekomme keine Reaktion auf den Instrumenten!«
    »Funktionieren die Rollstabilisatoren?«
    »Völlig normal - Nadel zittert auf null. Aber trotzdem rollen wir pro Sekunde um mehrere Grade!«
    »Das ist unmöglich!«
    »Sicher ist es unmöglich. Aber sehen Sie doch selbst...«
    Wenn alles andere versagte, musste man sich eben auf die natürlichen
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