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Rolf Torring 072 - Singha der Todbringer

Rolf Torring 072 - Singha der Todbringer

Titel: Rolf Torring 072 - Singha der Todbringer
Autoren: Hans Warren
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      1. Kapitel Eine unheimliche Nacht  
     
      Ein schweres Gewitter entlud sich. Nur die Tropen kennen einen solchen Regen, eine solche Fülle von Blitzen, einen so ohrenzerreißenden Donner.  
      Selbst die beiden Büffel, die unseren unbeholfenen Wagen zogen, wurden aus ihrer stoischen Ruhe aufgeschreckt. Als wieder eine Garbe flammender Blitze die Dunkelheit zerriß und die Donnersalven krachten, fielen die Tiere plötzlich in einen kurzen Galopp, den sie nur bei heftigstem Schreck oder in äußerster Wut einschlagen.  
      Die Stimme des einheimischen Lenkers verhallte ungehört, das Prasseln des Regens verschlang seine Worte, und die beiden Büffel hätten sich in ihrem sinnlosen Lauf auch nicht aufhalten lassen, selbst wenn sie die Stimme gehört hätten.  
      Wir hatten damit zu tun, uns einigermaßen festzuhalten. Es war kein Vergnügen, in einem der knarrenden, ungefederten Wagen zu fahren. Unser Auto, das wir von Gulbargha benutzt hatten, lag mit Hinterachsenbruch einige Kilometer hinter uns auf der Straße.  
      Im ersten Augenblick erschien uns der Büffelkarren wie ein Geschenk des Himmels. Wir hatten uns von dem Eisenbahnattentat in Gulbargha (siehe Band 71: „Matsu, der Tiger") doch noch nicht genügend erholt, um einen längeren Fußmarsch aushalten zu können.  
      Bald bereuten wir den schnellen Entschluß, mit dem ungefügen Fahrzeug nach Haiderabad zu gelangen. Wir wurden tüchtig durchgeschüttelt, während die Musik der quietschenden Wagenräder unsere Ohren folterte.  
      Und als wir uns endlich in unser Schicksal ergeben hatten, brach das Gewitter los, das die Büffel zum Durchgehen veranlaßte. Der Wagen hüpfte und schlingerte wie ein kleines Boot auf sturmdurchwühlter See. Während ich mich krampfhaft festhielt, erwartete ich jeden Augenblick, daß der Karren umschlagen oder gegen einen Urwaldriesen prallen würde.  
      Zum Glück können die indischen Büffel einen Gewaltgalopp nicht lange aushalten, sie fallen bald wieder in Trab und dann in ihren gewohnten Schritt zurück. So war es auch mit unseren Zugtieren. Plötzlich aber schwenkten sie scharf nach links, eine kurze Strecke ging es steil hinunter, dann standen sie still. Der Regen prasselte so auf das Zeltleinendach des Wagens, daß wir die Worte des Lenkers nicht verstehen konnten, aber es war unschwer zu erkennen, daß der Inder größte Angst hatte. Dabei deutete er auf einen hohen Palisadenzaun, den wir vor uns im Schein der Blitze sahen.  
      Hier mußten also Menschen wohnen. Bei dem furchtbaren Unwetter sehnten wir uns nach einem festen Dach über dem Kopf. Ohne daß wir uns verabredet hatten, krochen Rolf und ich über die Reissäcke, mit denen der Wagen beladen war, nach vorn.  
      Als Rolf den Lenker berührte, geschah etwas Absonderliches. Der Inder schrie gellend auf, dann sprang er mit einem verzweifelten Satz auf den Rücken des linken Büffels, voltigierte halsbrecherisch über das erschrocken zusammenzuckende Tier hinweg und — war verschwunden.  
      Im Schein der nächsten Blitze blickte ich in Rolfs Augen. Er schaute mich verdutzt an. Ich mußte wohl auch ein wenig geistreiches Gesicht gemacht haben. Als der Donner nachließ, schrie er mir lachend zu:  
      „Hans, mir geht es auch so. Ich weiß nicht, was ich aus der Flucht des Lenkers machen soll. Komm, wir wollen sehen, daß wir unter ein Dach kommen!"  
      Unser leichtes Gepäck hatten wir im Auto zurückgelassen, die Waffen hatten wir selbstverständlich mitgenommen. Wir verließen den Karren am hinteren Ende; die beiden Büffel waren so merkwürdig unruhig, daß wir es nicht wagten, dicht hinter ihnen abzuspringen.  
      Sobald wir die schützende Zeltplane verlassen hatten, waren wir völlig durchnäßt. Es regnete so stark, daß die Haut fast schmerzte.  
      Sehen konnten wir fast nichts. Bei dem Sturm war das Gewitter schnell weitergezogen, nur ab und zu erhellte ein fahles Leuchten die Umgebung.  
      Wir schritten auf den hohen Palisadenzaun zu und stießen gerade auf das Eingangstor. Es war verschlossen. Vergeblich suchten wir nach einer Glocke oder einem Klopfer, um uns bemerkbar zu machen.  
      „Wir klettern hinüber," rief Rolf endlich. „Das gewaltsame Eindringen läßt sich durch das Unwetter schon entschuldigen."  
      Im gleichen Augenblick fühlte ich eine breite Spalte im dichten Palisadenzaun, der aus sehr starken Baumstämmen hergestellt war. Meine tastende Hand stieß auf einen starken
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