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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug
Autoren: Ilkka Remes
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war. Er tat nur, woran er wirklich glaubte, und lenkte sein Leben mit klaren Entscheidungen. Das Leben fand hier und jetzt statt, nicht gestern und nicht morgen. Trotzdem schien die Gegenwart oft einfach zu zerrinnen, und ein sonderbares Gefühl von Sinnlosigkeit plagte ihn. Er hatte lange auf etwas gewartet, ohne selbst zu wissen, auf was - bis er Tina getroffen hatte.
    Und nun würden sie bald viel Zeit füreinander haben, vorausgesetzt, er stürzte sich nicht gleich übereilt in ein neues Projekt. Jetzt hätte er endlich die Gelegenheit, etwas für seine Fitness zu tun, Französisch zu lernen, zu lesen, was ihm gefiel. Er versuchte sich per Autosuggestion zu positivem Denken zu bringen. Er wollte nicht, dass Tina etwas vom Ende des ANTIProjekts erfuhr, jedenfalls nicht vor der Hochzeit. Der Blick auf die Horizontlinie, die in der Ferne im blauen Dunst verschwamm, brachte Christian in die Realität zurück: In Wirklichkeit hatte er keine Angst vor dem Vergehen der Zeit, sondern vor dem Tod. Die Begegnung mit Tina hatte diese Angst nicht vertrieben, machte das Leben aber lebenswerter.
    Christian gab Brian ein Zeichen, dass er zu seinem Wagen vorgehen würde. Er kam an einem Elektrogeschäft vorbei, in dessen Schaufenster mehrere Fernseher standen. Auf einmal hefteten sich seine Augen auf einen der Bildschirme. Sein Herz setzte aus. Auf einer Kartengrafik war eine Linie zu sehen, die von Nizza nach Frankfurt führte. Auf Höhe der Alpen wurde die Linie von einem schwarzen Kreuz unterbrochen. Beherrscht betrat Christian das Geschäft und merkte, dass Brian ihm folgte. Er blieb vor einer Reihe mit Fernsehgeräten stehen und starrte auf die Bildschirme. »Ton«, sagte er. »Wie kriegt man den Ton an?«
    Brian drückte so lange einen der Knöpfe an einem Gerät, bis es aus den Lautsprechern tönte: »... Den Schweizer Behörden zufolge sind mehrere italienische Rettungshubschrauber an der Suche nach der Maschine beteiligt. Das Flugzeug vom Typ Boeing 767 der Fluggesellschaft Regus Air verschwand östlich von Lugano vom Radarschirm. Es wird befürchtet, dass es in den Alpen abgestürzt ist. Sobald wir neue Informationen erhalten, werden wir...«
    »Tina ist in eine Lufthansamaschine umgestiegen«, sagte Christian bemüht ruhig und verließ das Geschäft. Seine Hand griff dabei nach dem Handy in der Tasche.  Lieber Gott, mach, dass sie in einer Lufthansamaschine sitzt!
    Für die Zeit des Gesprächs mit Brian hatte er sein Handy ausgeschaltet, nun schaltete er es wieder ein.
    Eine Nachricht auf der Mailbox. »Sie haben eine neue Nachricht...«
    Christian schloss die Augen. Es piepte zweimal, dann hörte man ein Rauschen und dazu Tinas Stimme: »Ich bin's. Sie haben die Maschine nun doch schneller als erwartet wieder in Ordnung gebracht...«
    Christian sank in sich zusammen.
    »Es war nur eine Signallampe defekt. Ich fliege also mit Regus. Wir sehen uns bald.« Christian spürte, wie Brians fester Griff um seinen Arm ihn auf den Beinen hielt. Der Schock lähmte seine Gedanken, er keuchte wie ein Herzpatient.
    »Wir gehen zu mir«, sagte Brian. »Da kommen wir ins Internet.«
    Sie liefen los. Brian redete, aber die Worte zogen an Christian vorbei, ohne dass er sie registrierte. Eine kühle Eingangshalle, Treppen, Brians geräumige Zweizimmerwohnung, ein Computer.
    Christian ließ sich auf den Stuhl vor dem Bildschirm fallen. Brian öffnete mit der Maus die Nachrichtenseite von CNN. Ganz oben erschien folgende Meldung: Passenger jet vanishes from radar in the Alps LUGANO (CNN) - Eine Passagiermaschine der Fluggesellschaft Regus Air ist auf dem Flug von Nizza nach Frankfurt in der Grenzregion zwischen der Schweiz und Italien vom Radarschirm verschwunden. Man befürchtet, die Maschine könne abgestürzt oder in der Luft explodiert sein, aber noch gibt es keine Bestätigung für ein Unglück. Die Behörden der Schweiz und Italiens haben eine groß angelegte Suchaktion gestartet.
7
    Eine schwarzweiß gefleckte Kuh, die mit Rollschuhen an den Füßen auf der Weide steht - immer wieder wanderte Christians Blick über die Käsereklame auf der Hecktür des Lieferwagens vor ihnen auf der Straße. Dennoch nahm er sie nicht richtig wahr, ebenso wenig wie die anderen Autos, er registrierte seine Umgebung bloß, benutzte mechanisch seinen Sehsinn. Seine Ohren hingegen sogen jedes Wort aus dem Autoradio förmlich auf.
    Selbstverständlich war das Schicksal des Flugs RG213 die Nachricht des Tages. Man hatte die Suche ausgeweitet, doch noch
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