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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug
Autoren: Ilkka Remes
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wurde.
    »Die verschwundene Maschine der Fluggesellschaft Regus Air war auf dem Weg von Nizza nach Frankfurt...«
    Urplötzlich hieb die Frau das Brotmesser mit einer solchen Wucht in das Kofferradio, dass das Plastikgitter vor dem Lautsprecher zerbrach. Der Nachrichtensprecher redete trotzdem weiter. Mit der freien Hand ergriff die Frau das Radio und schleuderte es auf den Steinfußboden. Da verstummte es.
    Mit dem Messer in der Hand starrte die Frau auf das Bild mit der schwarzen Sonnenblume an der Wand.
    Es klopfte an der Haustür. Die Frau hielt noch immer das Messer umklammert, als sie in den Flur trat. Sie spähte durch den Türspion und öffnete daraufhin die beiden massiven Schlösser.
    Ein aufgeregter junger Mann trat ein und sagte außer Atem: »Bea ist im Krankenhaus.« »Warum?«
    »Sie ist von einem Auto angefahren worden. Wir müssen zu ihr.«
    Kurt Coblentz schaute seinem Vorgesetzten in die Augen und ballte die Fäuste. Sie saßen im Hauptquartier des US-Verteidigungsministeriums, in einem bunkerartigen, abhörsicheren Besprechungsraum, in dem eine Wand aus grobem Naturstein war, die anderen Wände aber aus Stahl mit matter Oberfläche bestanden.
    »Du bist vorläufig der Einzige, der etwas davon weiß«, sagte der Chef mit leiser, angespannter Stimme. Das indirekte Licht aus Halogenspots wurde von der schrägen Decke reflektiert, hinter der sich vibrierende Metallplatten verbargen. Ihre Aufgabe war es, vor elektromagnetischen Strahlen zu schützen. Der gesamte Raum war davon eingefasst; selbst wenn es gelungen wäre, einen Sender hineinzuschmuggeln, hätte der nicht durch die Wände hindurch nach draußen senden können.
    »Das ist viel verlangt, ich weiß«, fuhr der Vorgesetzte fort. »Aber es gibt keine Alternative. Das Ganze muss absolut und kategorisch geheim gehalten werden. Bei der Luftwaffe ist ein Privatflug nach Montenegro für dich reserviert. Du erhältst jede Hilfe, die wir organisieren können. Vor Ort wirst du aber trotzdem auf dich gestellt sein. Und du allein bist für das Gelingen der Operation verantwortlich.«
    Coblentz stand schwerfällig auf. Der Chef drückte ihm stumm die Hand. Dann verließ Coblentz den gesicherten Raum, trat in den Gang, der mit Teppichboden ausgelegt war, und ging erhobenen Hauptes zum Aufzug.
    Der Auftrag war ihm unheimlich, aber er würde ihn erfüllen.
    Er wusste, dass er der Mann war, auf den man setzte, wenn das gewünschte Resultat mit allen Mitteln erreicht werden musste. Er bezeichnete sein Prinzip in Anlehnung an Max Weber als Ethik der absoluten Ziele: Fiat iustitia, pereas mundi es geschehe Gerechtigkeit, und wenn die Welt dabei untergeht.

9
    Die Gerüchte kamen ganz allmählich auf, verdichteten sich aber, je weiter der bewölkte Nachmittag vor den hohen Fenstern des Frankfurter Flughafens in den Abend überging.
    Zuerst achtete Christian nicht auf die Gerüchte, weil er dachte, sie entsprängen bloß dem wirren Gemütszustand von traumatisierten Menschen. Dann - mit abnehmender Zuversicht - keimte in ihm der Gedanke, dass es keinen Rauch ohne Feuer gebe, und seine Fantasie beteiligte sich daran, die Gerüchte weiter zu nähren. Die Maschine war entführt worden, aber es wurde versucht, das zu verheimlichen. Warum? Oder war die Maschine tatsächlich verschwunden, wie jemand behauptete - auf unerklärliche, unheimliche Weise?
    Die Vernunft wehrte die paranoiden Gedanken ab, aber es hatte mit dem Verschwinden des Flugzeugs etwas wirklich Sonderbares auf sich, das war klar. Schließlich konnte man nicht davon ausgehen, dass sich ein Passagierflugzeug am Himmel über Europa einfach in Luft auflöste.
    Die aufgeregten, kreuz und quer durcheinanderredenden Wartenden am Frankfurter Flughafen waren begierig darauf, aktuelle Informationen zu erhalten. Die meisten Angehörigen der Passagiere waren Deutsche, aber auch einige Franzosen, die offen ihre Gefühle zeigten, gehörten dazu. Christian wechselte immer wieder einzelne Sätze mit den anderen, die wie er im Fegefeuer litten. Die Katastrophe spannte ein Netz der Solidarität zwischen ihnen aus. In jeder Uniform, in jedem Angehörigen des Flughafenpersonals sahen sie einen gemeinsamen Feind, einen Überbringer des Todes.
    Die übliche Routine auf dem Airport schien einer anderen Welt anzugehören. Flugzeuge starteten und landeten, Reisende kamen und gingen, Reinigungskräfte fuhren mit ihren Bohnermaschinen durch die Halle. Im Fernseher, der an der Decke des Cafes angebracht war, wiederholten
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