Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug
Autoren: Ilkka Remes
Vom Netzwerk:
das für kindische Andeutungen?«
    »Warum sollte ich Andeutungen machen? Denk doch nur mal an dich ... Wählst du noch immer jeden Morgen deine Unterhosen mit der Vorstellung aus, dass du einen Unfall haben und von Krankenschwestern ausgezogen werden könntest? Wenn man es genau bedenkt, müsste ich eigentlich Tina warnen. Doktor Brück, das junge wissenschaftliche Genie, ist in Wahrheit ein neurotisches Nervenbündel.« »Schrei nicht so!«
    »Wusstest du eigentlich, dass du vollkommen überdreht bist? Wie ein Rallyeauto, aus dem man alles herausholt, obwohl der Motor schon auseinanderzufliegen droht.« »Das ist die typische Diagnose der Tochter eines Rallyefans.«
    »Tina wird bald deinen wahren Charakter erkennen.«
    »Hast du mich nicht gerade noch vor Tina gewarnt? Entscheide dich mal, wen du vor wem warnen willst.«
    »Wenn man es genau bedenkt, passt ihr eigentlich sogar sehr gut zusammen. Ihr habt beide einen Sprung in der Schüssel. Aber keine Angst. Ich werde euch keine Knüppel zwischen die Beine werfen. Von mir aus könnt ihr euch zu Tode turteln!« Sara wandte sich so abrupt ab, dass ihr Pferdeschwanz auf und ab hüpfte.
    Irritiert von ihrem unerwarteten Ausbruch ging Christian weiter.
    »Viel Glück für den gemeinsamen Lebensweg!«, rief ihm Sara hinterher. Christian blickte nicht zurück. Eine unerklärliche Übelkeit breitete sich in ihm aus. An der feuchten, fleckigen Wand hing ein Ölgemälde, das eine schwarze Sonnenblume zeigte. Auf dem Fußboden unter dem Bild lag ein Beil.
    Die grauhaarige Frau gab dem mit Händen und Füßen am Bett fixierten jungen Mann den letzten Löffel Suppe und wischte ihm fast mütterlich den Mund ab. Die Muskeln des Jungen zitterten, und auf seinem bleichen Gesicht glänzte der Schweiß. Die Morgensonne erleuchtete das Zimmer, in dem außer dem Bett nur noch ein kleiner Tisch und ein Stuhl standen. Auf dem Tisch lag eine gelb-grüne Decke im Provence-Stil, und in einer Vase standen frische Blumen.
    Die Frau gab dem Jungen Wasser zu trinken. Gerade als sie vom Bett aufstehen wollte, spuckte ihr der junge Mann einen Mundvoll Wasser ins Gesicht. Die Frau bewahrte jedoch die Fassung.
    »Ihr bringt mich um«, flüsterte der Junge heiser und trat mit seinen gefesselten Füßen heftig gegen das Fußende des Bettes.
    »Nein. Wir halten dich am Leben.« Die Frau stellte das Glas in den leeren Suppenteller. »Der Neue Morgen wird anbrechen«, sagte sie mit fester Stimme und bückte sich nach dem Beil. Langsam legte sie dem Jungen die Klinge an die Kehle. Dann flüsterte sie: »Mach also keine Schwierigkeiten. Ich habe die Erlaubnis und die Macht, dich mit allen Mitteln gegen dich selbst zu verteidigen.«
    »Du spinnst«, zischte der Junge, am ganzen Leib zitternd.
    Die Sonne glühte auf dem Rumpf der silbernen Boeing auf dem Flughafen Nizza. Die Passagiere bestiegen die Gangway, die an den Vordereingang der Maschine geschoben worden war. Tina stand in der gläsernen Telefonzelle am Abfluggate und beobachtete Jacob, der inmitten der anderen Passagiere auf das Flugzeug zuging und seine Nervosität kaum verbergen konnte.
    Christian meldete sich nicht, der Anruf ging an die Mailbox.
    »Ich bin's«, sagte Tina. »Sie haben die Maschine nun doch schneller als erwartet wieder in Ordnung gebracht. Es war nur eine Signallampe defekt. Ich fliege also mit Regus. Wir sehen uns bald.«
    Tina hängte den Hörer in die Gabel und stellte sich ans Ende der Schlange. Sie war bedrückt und angespannt zugleich.

5
    In seinem Schlafzimmer in Rockville an der amerikanischen Ostküste öffnete Kurt Coblentz die Augen einen Spalt. Neben ihm schlief seine vierjährige Tochter Martha anstelle seiner Frau in dem großen Ehebett. Ihre Augen bewegten sich schnell unter den seidenweichen Lidern. Behutsam zog Coblentz die Bettdecke der Kleinen etwas höher.
    Gerade als er die Augen wieder schließen wollte, klingelte das Telefon. Coblentz' Hand schnellte zum Hörer.
    »Hello«, flüsterte er und setzte sich am Bettrand auf. Martha regte sich, wachte zum Glück aber nicht auf.
    »Coblentz?«, versicherte sich der Anrufer aufgeregt.
    Sein Tonfall ließ Coblentz endgültig wach werden. »Am Apparat.«
    »Mach dich zum sofortigen Aufbruch bereit. Klassifizierung: kritisch.« Coblentz sprang auf. »Entschuldigung, könntest du das wiederholen?« »Klassifizierung: kritisch.«
    Der Anrufer legte auf. Coblentz riss die Bettdecke seiner Tochter zur Seite und nahm das Mädchen auf den Arm. »Martha«, sagte er laut,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher