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Reizende Gäste: Roman (German Edition)

Reizende Gäste: Roman (German Edition)

Titel: Reizende Gäste: Roman (German Edition)
Autoren: Sophie Kinsella
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ihm war, änderte sie unmerklich die Richtung und ging direkt an ihm vorbei.
    »Entschuldigen Sie«, rief er ihr nach, und ein kleines Triumphgefühl durchzuckte sie. Bisweilen konnte sie eine halbe Stunde damit verbringen, hin und her zu gehen, ehe ihr potentielles Opfer sie ansprach.
    So rasch wie möglich drehte sie sich um, ohne allerdings zu eifrig zu wirken, und schenkte Richard Favour das wärmste, breiteste Lächeln, das sie aufbieten konnte. Es war eine völlige Zeitverschwendung, Witwer länger zappeln zu lassen. Das hatte sie inzwischen begriffen. Manchen fehlte es an Kraft, die Verfolgung aufzunehmen; manchen mangelte es an Selbstvertrauen; manche begannen während des Umwerbens argwöhnisch zu werden. Besser war es, mitten in ihr Leben zu platzen; schnellstmöglich Teil des Status quo zu werden.
    »Ja, hallo«, sagte Fleur. Sie trank einen Schluck Sekt und wartete, daß er sprach. Falls irgendwelche scharfäugigen Familienmitglieder sie beobachteten, würden sie sehen, daß er sich an sie heranmachte – nicht andersherum.
    »Ich wollte mich bei Ihnen für Ihre lieben Worte bedanken«, sagte Richard. »Ich hatte das Gefühl, Sie sprächen, als wüßten Sie, wie man sich in solch einer Situation fühlt.«
    Fleur blickte einen Moment zärtlich auf ihr Sektglas und überlegte, welche Geschichte sie ihm auftischen sollte. Schließlich sah sie auf und lächelte ihn tapfer an.
    »Ja, das stimmt leider. Ich habe das selbst auch schon durchgemacht. Allerdings ist das schon eine Weile her.«
    »Und Sie haben es überlebt.«
    »Ich habe es überlebt«, echote Fleur. »Aber leicht war es nicht. Allein die Frage, mit wem man reden soll, ist manchmal schon ein Problem. Oft steht einem die eigene Familie ganz einfach zu nahe.«
    »Oder nicht nahe genug.« Richard dachte düster an Antony.
    »Genau. Nicht nahe genug, um zu wissen, was man wirklich durchmacht; nicht nahe genug, um … um den Kummer zu teilen.« Wieder trank sie einen Schluck Sekt und sah Richard an. Mit einem Mal wirkte er wie am Boden zerstört. Verflucht, dachte sie. Bin ich zu weit gegangen?
    »Richard?« Fleur sah auf. Der Mann mit dem schwabbligen Gesicht kam auf sie zu. »Derek Cowleys ist gerade gekommen. Du erinnerst dich – der Software-Direktor von Graylows.«
    »Ich habe ihn in der Kirche gesehen«, erwiderte Richard. »Wer zum Teufel hat ihn eingeladen?«
    »Ich. Er ist ein nützlicher Kontakt.«
    »Aha.« Richards Gesicht verhärtete sich.
    »Ich habe mit ihm geplaudert«, fuhr Lambert unverdrossen fort, »aber er möchte auch mit dir sprechen. Ließe sich das einrichten? Den Vertrag habe ich noch nicht erwähnt …« Er verstummte, als würde er Fleur zum erstenmal bemerken. Ich verstehe, dachte Fleur, und ihre Augen verengten sich. Frauen zählen nicht.
    »Ah, hallo«, sagte er. »Verzeihung, wie war noch mal Ihr Name?«
    »Fleur. Fleur Daxeny.«
    »Ah ja. Und Sie sind – was? Eine von Emilys alten Schulfreundinnen?«
    »Aber nein!« Fleur lächelte bezaubernd.
    »Ich dachte mir schon, daß Sie dafür ein bißchen zu jung seien«, versetzte Lambert. »Woher kannten Sie Emily dann also?«
    »Tja, das ist eine interessante Geschichte.« Fleur nahm einen weiteren gedankenvollen Schluck. Es war überraschend, wie oft eine heikle Frage dadurch umgangen werden konnte, daß man etwas trank oder einen Appetithappen aß. Sehr häufig sah jemand, der vorbeikam, daß das Gespräch zum Erliegen gekommen war, und ergriff die Gelegenheit, sich zu der Gruppe zu gesellen – und ihre Antwort war bequemerweise vergessen.
    Aber heute unterbrach sie niemand, und Lambert blickte sie immer noch mit unverhohlener Neugierde an.
    »Eine interessante Geschichte«, sagte Fleur wieder und richtete ihren Blick auf Richard. »Ich bin Ihrer Frau nur zweimal begegnet. Aber jedesmal hat sie großen Eindruck auf mich gemacht.«
    »Wo sind Sie sich denn begegnet?« wollte Lambert wissen.
    »Bei einem Lunch«, entgegnete Fleur. »Einem großen Wohltätigkeitslunch. Wir saßen am selben Tisch. Ich beklagte mich über das Essen, und sie stimmte mir eigentlich zu, war aber nicht der Typ, der sich beschwerte. Ja, und so kamen wir ins Gespräch.«
    »Worüber haben Sie sich denn unterhalten?« Richard guckte Fleur neugierig an.
    »Einfach alles.« Fleur erwiderte seinen Blick und bemerkte die sehnsuchtsvollen Augen. »Ich vertraute ihr alles mögliche an«, sagte sie langsam und senkte die Stimme, so daß Richard sich unwillkürlich zu ihr beugte, »und sie vertraute mir
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