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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien
Autoren: Jules Verne
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Entfernung, ließ sich unmöglich abschätzen.
    Waren jetzt Lebensmittel noch für einige Tage vorhanden, so mußte das Trinkwasser schon nach achtundvierzig Stunden zu Ende gehen, wenn inzwischen kein Regen kam.
    Bei dem durchweg heiteren Himmel war darauf leider wenig Aussicht. Der nach Norden umgeschlagene Wind brachte nicht das kleinste Wölkchen. Das Boot trieb dabei auch mehr nach Süden ab, und da konnte es nicht auf die amerikanische Küste treffen, denn nach dieser Seite lag vor ihm der ungeheure Ozean bis hinunter zum antarktischen Meere.
    In der Nacht vom 29. zum 30. September legte sich der Wind noch weiter und bei Tagesanbruch schlug das schlaff hängende Segel gegen den Mast.
    Mit Verzweiflung im Blicke starrten auch die Mutigsten auf die Wasserwüste hinaus.
    Selbst Will Mitz konnte, die Hände faltend, nur noch die Vorsehung um Hilfe anrufen:
    »Herr, mein Gott, flehte er, erbarme dich unser!«
    Der Tag verging ohne jede Veränderung und trotz der glühenden Hitze mußte unausgesetzt gerudert werden. Dazu waren nur noch vier, Louis Clodion, Tony Renault, John Howard und Magnus Anders, einigermaßen fähig. Von den Strapazen erschöpft und vom Fieber gepackt, lagen ihre Kameraden auf dem Grunde des Bootes, und nun sollte es ihnen obendrein an Trinkwasser fehlen…
    Will Mitz bewahrte sich jedoch seine Tatkraft, um auch seine jungen Begleiter zu ermutigen. Er verließ nur das Steuer, wenn er selbst zum Ruder griff. Vergebens hoffte er auf den Wiedereintritt des Windes. Die wenigen Wolken am Horizont lösten sich stets sofort wieder auf. Das Segel hing ganz schlaff herunter und wurde nur nicht abgenommen, weil es wenigstens einigen Schutz gegen die brennenden Sonnenstrahlen gewährte.
    In dieser Weise konnte es nicht mehr lange fortgehen.
    Schon in der Nacht vom 1. zum 2. Oktober singen einige der armen jungen Leute an, irre zu reden. Sie weinten… riefen nach ihrer Mutter, und wenn Will Mitz sie nicht scharf im Auge behalten hätte, wären sie, eine Beute der schrecklichsten Wahnvorstellungen, wohl ins Meer gesprungen.
    Endlich kam der Tag… sollte es für den und jenen von ihnen vielleicht der sein, der sie von ihren Leiden für immer erlöste?
    Plötzlich ertönte ein Ausruf, ein Freudenschrei, der über Louis Clodions Lippen kam:
    »Ein Schiff in Sicht!«

Vierzehntes Kapitel.
Das Ende der Reise.
    Der auf der Fahrt von Dominique nach Liverpool befindliche Dampfer »Viktoria« glitt eben in dreihundertfünfzig Seemeilen Entfernung von den Antillen dahin, als seine Wachtposten das Boot des »Alert« bemerkten.
    Der davon unterrichtete Kapitän John Davis gab sofort Befehl, auf das kleine Fahrzeug zuzusteuern, ob dieses nun ausgesetzt worden wäre oder Unglückliche trüge, die sich aus einem Schiffbruche gerettet hätten.
    In dem Augenblicke, wo Louis Clodion den Ruf »Ein Schiff!« ausstieß, hatten sich auch schon Will Mitz und zwei oder drei andere aufgerichtet und streckten die Arme nach dem Dampfer hin aus.
    Selbst die Geschwächtesten gewannen einige Kräfte wieder, und der Kapitän der »Viktoria« brauchte nicht erst ein Boot auszusetzen, sie aufzunehmen. Mit Will Mitz und Louis Clodion an den Rudern und Tony Renault am Steuer, lag das Boot bald an der Längsseite des Dampfers. Man warf ihm ein Seil zu und ließ die Fallreepstreppe hinunter. Fünf Minuten später waren alle Passagiere des »Alert« an Bord der »Viktoria«, wo sie höchst freundlich aufgenommen wurden und die ihnen so nötige Pflege fanden.
     

    Selbst die Geschwächtesten gewannen einige Kräfte wieder. (S. 395.)
     
    Endlich sahen sie sich also gerettet, die Pensionäre der Antilian School, die Stipendiaten der Mistreß Kathlen Seymour, mit ihnen auch Herr Horatio Patterson und Will Mitz, dem sie so viel zu verdanken hatten.
    Louis Clodion berichtete, was sich seit der Abreise von Barbados zugetragen hatte. Der Kapitän der »Viktoria« erfuhr auch, unter welchen Verhältnissen die erste Überfahrt erfolgt war, als sich der »Alert« noch in den Händen Harry Markels und seiner Verbrecherrotte befand. Er hörte ferner von der Besuchsreise durch die kleinen Antillen und wie Will Mitz die Pläne der Schurken entdeckt hatte, wie seine Begleiter und er von dem brennenden Schiffe hatten fliehen müssen, und endlich wie die Fahrt des Bootes in den letzten Tagen verlaufen war.
    Der »Alert«, den man an diesem Datum schon im zweiten Drittel seiner Rückfahrt glaubte, war also mit den Piraten vom »Halifax«, den aus dem
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