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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien
Autoren: Jules Verne
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vorhanden, wenn inzwischen auch kein Regenfall eine Ergänzung des Vorrates lieferte.
    War nun zu erwarten, daß man in dieser Zeit auf ein Land, auf die Antillen oder die Bermudasinseln traf?
    Nein, das wohl kaum. Der »Alert« war mehr nach Südosten zu aufs offene Meer und damit nur weiter von den Bermudasinseln verschlagen worden. Will Mitz beabsichtigte auch, eher nach einer der Inseln Antiliens oder nach der festländischen Küste von Brasilien, Venezuela oder Guyana zu steuern.
    Mehr Hoffnung setzte er jedoch noch darauf, durch ein ihm begegnendes Schiff gerettet zu werden. So war also die Lage der Dinge am Abend des 26. Septembers. Die Nacht kam heran und bald mußte es ganz dunkel werden.
    Nach Sonnenuntergang hatte der Himmel sein freundliches Aussehen behalten; nur ein schwacher Nebelschleier lag auf dem Wasser, Wolken zeigten sich dagegen weder im Osten noch im Westen. Das Meer glättete sich noch weiter, so daß jetzt nur eine lange Dünung bemerkbar war. Dazu wehte ein mäßiger Passat, der das Segel beizubehalten erlaubte. Da gerade Neumond war, würde es in der Nacht zwar recht dunkel bleiben, dafür schimmerte aber im Norden der Polarstern wenige Grade über dem Horizonte.
    Anfangs hatten sich Louis Clodion und seine Kameraden zu rudern erboten, wobei sie sich Stunde für Stunde ablösen wollten; Will Mitz bedeutete sie aber, daß das jetzt unnötig sei und daß sie ihre Kräfte für dringendere Fälle sparen sollten.
    »Der Wind ist stetig, sagte er, und verspricht das auch noch längere Zeit zu bleiben. Zum Rudern wird es Zeit sein, wenn eine Windstille eintritt, wo wir darauf halten müssen, von der Stelle zu kommen, um bald einem Schiffe zu begegnen.
    – Sagen Sie, Will, fragte Roger Hinsdale, wie weit sind wir jetzt wohl von dem nächsten Lande entfernt?
    – Mindestens vierhundert Seemeilen.
    – Und wie viel kann unser Boot bei mittlerer Windstärke zurücklegen? setzte Louis Clodion hinzu.
    – In vierundzwanzig Stunden etwa sechzig Meilen.
    – Dann hätten wir also sechs bis sieben Tage lang zu segeln? sagte Albertus Leuwen.
    – Jawohl, bestätigte Will Mitz, wenn wir nicht vorher an Bord eines Schiffes Aufnahme gefunden haben.«
    Das wäre freilich die glücklichste Lösung gewesen und auch die, auf die am meisten zu rechnen war.
    »Auf jeden Fall, Will, nahm Louis Clodion wieder das Wort, schonen Sie uns nicht! Wir stehen Ihnen zur Verfügung, sobald der Wind zu schwach werden sollte.
    – Das weiß ich, liebe junge Herren, antwortete Will Mitz, und ich verzweifle auch keineswegs daran, Sie noch alle retten zu können. Es ist aber nutzlos, sich ohne Notwendigkeit anzustrengen. Strecken Sie sich im Boote unter der Presenning aus und schlafen Sie ruhig. Wenn ich Sie brauche, werd’ ich Sie schon wecken. Ich hoffe übrigens, die Nacht werde ganz ruhig verlaufen.
    – Sie wünschen also nicht, daß einer von uns an der Schote des Segels bleibt? ließ sich Axel Wickborn vernehmen.
     

    Diese Vorbereitungen waren binnen einer Viertelstunde beendet. (S. 380.)
     
    – Das ist nicht unbedingt nötig, Herr Axel, ich werde schon alles besorgen. Ich wiederhole Ihnen, wenn der Wind gänzlich aufhören und das uns zwingen sollte, nach den Rudern zu greifen, so rufe ich Sie. Folgen Sie mir nur: hüllen Sie sich in die Decken und schlafen Sie bis morgen früh!«
     

    In den Augen Harry Markels flammte ein wütender Blick auf. (S. 382.)
     
    Die jungen Leute taten, was Will Mitz empfohlen hatte. Zwei von ihnen schlüpften unter die Plane, wo Patterson lag, die anderen streckten sich, so gut es anging, auf den Bänken aus, und bald schliefen alle an Bord. Will Mitz, der nun allein im Hinterteile stand, hielt mit der einen Hand das Steuer und war mit der anderen bereit, die Schoten des Segels und des Klüvers anzuziehen oder nachzulassen. Eine kleine, vor ihm stehende Laterne beleuchtete den Kompaß, so daß er es sehen konnte, wenn das Boot aus dem richtigen Kurse wich.
    So vergingen die langen Stunden, ohne daß Will Mitz auch nur eine Minute die Augen zugetan hatte. Zu viele Gedanken, zu viele Sorgen erfüllten den wackeren jungen Seemann. Sein unerschütterliches Vertrauen auf Gott ließ ihn aber nicht verzweifeln. Er stand jetzt am Heck des Bootes ebenso, wie vergangene Nacht auf dem Hinterkastell des »Alert«, und lenkt das eine ebenso mit fester Hand, wie er den andern gelenkt hatte. An die Stelle des festen Fahrzeuges, das ihn und seine Begleiter vorher trug, war jetzt ein gebrechliches Boot
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