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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien
Autoren: Jules Verne
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getreten, mit einem Proviantvorrat, den eine Woche erschöpfen mußte, ein Boot, worin sie allen Zufälligkeiten der Schiffahrt, allen Gefahren des Meeres preisgegeben waren.
    Da die Brise leicht und regelmäßig blieb, hatte Will Mitz keine Ursache, seine kleine Welt zu wecken. Dann und wann richtete sich davon wohl einer auf und fragte, wie es stände.
    »Alles gut… alles nach Wunsch«, antwortete er dann ruhig.
    Dann streckten sich die Frager wieder in ihre Decken gehüllt aus und überließen sich einem friedlichen Schlummer.
    Mit dem Morgenrote waren alle auf den Füßen, selbst Patterson, der unter dem Schutzdache hervorkroch und sich im Vorderteile des Bootes niedersetzte.
    Der Tag versprach schön zu werden. Die Sonne erhob sich über einem von leichtem Nebel verdeckten Horizonte, den ihre ersten Strahlen davon befreien mußten. Ein leichtes Wellenkräuseln lag auf der Meeresfläche und wie schmeichelnd klatschte das Wasser an die Längswand des Bootes.
    Seiner Gewohnheit entsprechend machte sich Tony Renault sofort an die Zubereitung des Frühstückes, wie er das auf dem »Alert« immer getan hatte, und sorgte für Tee, den er auf dem tragbaren Ofen kochte. Dann entnahm er einer Kiste den nötigen Schiffszwieback und auch ein wenig Brandy, der dem Trinkwasser beigemischt wurde.
    Jetzt wandte sich Roger Hinsdale an Will Mitz.
    »Nun müssen Sie aber schlafen, sagte er, das ist notwendig, vor allem, wenn Sie die nächste Nacht wieder am Steuer bleiben wollen.
    – Ja, es ist unbedingt nötig,« setzte Louis Clodion hinzu.
    Will Mitz ließ die Blicke über den Horizont schweifen, und da er das Meer so ruhig und den Wind so stetig sah, antwortete er:
    »Gut; ich werde zwei Stunden schlafen«
    Damit überließ er das Steuer an Magnus Anders, nachdem er ihm noch einige Anweisungen gegeben hatte, und dann begab er sich unter das Schutzdach.
    Zwei Stunden später erschien er, seinen Worten getreu, schon wieder und trat an das Heck des Bootes.
    Sobald er sich hier überzeugt hatte, daß dieses richtig steuerte, beobachtete er aufmerksam den Himmel und das Meer.
    Der Zustand der Atmosphäre hatte sich nicht geändert. An reinem Himmel stieg die Sonne dem Zenit entgegen. Die Temperatur wäre, im Verein mit der Spiegelung der Sonnenstrahlen auf dem Wasser, recht unerträglich gewesen, wenn die frische Seeluft sie nicht einigermaßen gemildert hätte.
    Soweit man aber auch sehen konnte, nirgends zeigte sich weder die weiße Silhouette eines Segels, noch die schwarze Rauchsäule eines Dampfers. Vergeblich durchmaßen die Fernrohre die ungeheure Kreisfläche.
    Zu dieser Jahreszeit befahren gewöhnlich zahlreiche englische, französische, amerikanische oder deutsche Schiffe die Meeresteile zwischen den Bermudasinseln im Norden und dem Archipel von Westindien im Westen. Nur selten vergeht da ein Tag, wo nicht Schiffe einander begegnen.
    Will Mitz fragte sich jetzt auch, ob der Sturm den »Alert« nicht viel weiter hinaus, als er es annahm, und bis in eine Entfernung verschlagen habe, die vielleicht erst in zwei bis drei Wochen zu durchmessen war. Dann würde der Proviant aber lange vorher schon erschöpft sein, und bezüglich der Nahrung wären sie ausschließlich auf den Ertrag des Fischfangs, ihren Durst zu löschen aber auf den gelegentlichen Regen angewiesen gewesen.
    Diese beunruhigenden Gedanken behielt Will Mitz jedoch für sich und heuchelte vielmehr eine Vertrauensseligkeit, die ihn doch mehr und mehr verließ.
    Der Morgen verging ohne jede Veränderung der Sachlage, nur war noch eine Art Leesegel beigesetzt worden, wodurch der Rückenwind den Lauf des Bootes noch etwas beschleunigte.
    Das zweite, etwas reichlichere Frühstück bestand aus Schiffszwieback, Dörrfleisch und konserviertem Gemüse, das nur aufgewärmt zu werden brauchte, und als Getränk gab es dazu noch Tee. Patterson gewöhnte sich an die jetzige Lage und aß schon mit einigem Appetit. Die jungen Leute entwickelten einen wahren Heißhunger, Will Mitz krampfte sich aber das Herz zusammen, wenn er die Leiden bedachte die bei einer größeren Verzögerung der Fahrt allen noch bevorständen.
    Am Nachmittage lieferten die nachgeschleppten Angelschnüre einige Fische, die, in Seewasser abgekocht, die Abendspeisekarte vervollständigten.
    Dann kam die Nacht. Vor Sonnenuntergang war noch kein Segel zu sehen gewesen. Will Mitz, der bis zum Morgen am Steuer bleiben wollte, nötigte Louis Clodion und dessen Kameraden, wie in der letzten Nacht ruhig zu
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