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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien
Autoren: Jules Verne
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wohin sich die Reise der jungen Stipendiaten richten solle.
    Man wird sich leicht den lebhaften Gedankenaustausch unter den Pensionären vorstellen können, die als Ziel schon die merkwürdigsten, entlegensten und unbekanntesten Gebiete der Erdkugel ins Auge faßten. Je nach Temperament und Charakter ließen sie in Bezug hierauf ihrer Phantasie die Zügel schießen oder zogen diese straffer an… jedenfalls herrschte unter den Zöglingen aber ein tolles Durcheinander.
    »Ich glaube immer, sagte Roger Hinsdale, ein Engländer vom Kopf bis zu den Zehen, wir werden einen Teil des britischen Kolonialreichs besuchen, das ja groß genug ist, darin wählen zu können.
    – Zentralafrika wird es sein, meinte Louis Clodion, oder die berühmte
Africa portentosa,
wie unser würdiger Hausvater sagen würde, dort könnten wir den Fährten der großen Entdecker nachgehen.
    – Nein… eine Fahrt ins Polargebiet, rief Magnus Anders, der gern den Fußspuren seines berühmten Landsmannes Nansen gefolgt wäre.
    – Ich wünsche, daß Australien gewählt werde, ließ sich John Howard vernehmen. Auch nach Tasman, Dampier, Burs, Vancouver, Baudin, Dumont d’Urville und andern sind dort noch genug Entdeckungen zu machen, vielleicht gar neue Goldlager auszubeuten…
    – O, lieber eine schöne Gegend Europas, warf dagegen Albertus Leuwen ein, dessen echter Holländercharakter keine Übertreibungen zuließ. Wer weiß, vielleicht kommt’s auf einen einfachen Ausflug nach Schottland oder Irland hinaus.
    – Das wäre mir! unterbrach ihn der leicht übersprudelnde Tony Renault. Ich wette, daß wir mindestens eine Fahrt um die Erde machen werden.
    – Nur nicht zu hoch hinaus! äußerte der verständige Axel Wickborn. Bedenkt immer, daß uns nur sieben bis acht Wochen zu Gebote stehen, und da muß sich die Reise wohl auf benachbarte Länder beschränken.«
    Er hatte recht, der junge Däne. Übrigens hätten die Familien der Schüler sich einer mehrmonatigen Reise widersetzt, die ihre Kinder immerhin gewissen Gefahren auszusetzen drohte, und auch Ardagh hätte eine so große Verantwortlichkeit schwerlich auf sich genommen.
    Nachdem dann die noch unbekannten Absichten der Mrs. Kathlen Seymour lang und breit besprochen waren, erörterten die jungen Leute die Frage, in welcher Weise die Ferienreise vor sich gehen werde.
    »Etwa zu Fuß, als Touristen, den Rucksack auf dem Rücken und den Stock in der Hand? fragte Hubert Perkins.
    – Nein… im Wagen… in der Postkutsche! meinte Niels Harboe.
    – Auf der Eisenbahn, rief Albertus Leuwen, mit Rundreisebilletts unter Leitung der Agentur Cook…
    – Ich glaube eher, sie wird an Bord eines Schiffes, vielleicht eines transatlantischen Dampfers ausgeführt werden, erklärte Magnus Anders, der sich schon auf dem weiten Ozeane schaukeln sah.
    – Nein… im Ballon, rief Tony Renault, und geraden Wegs nach dem Nordpole!«
    In dieser Weise ging das Gespräch weiter… im Grunde unnütz, doch mit dem bei jungen Leuten ja so natürlichen Eifer, und obgleich Roger Hinsdale und Louis Clodion diesem einen Dämpfer aufzusetzen suchten, wollte doch keiner der anderen seine einmal gefaßte Ansicht aufgeben.
    Der Direktor mußte hier also eingreifen, nicht um die Brauseköpfe unter einen Hut zu bringen, doch um darauf hinzuweisen, daß die Zöglinge nur erst die Antwort auf sein Telegramm nach Barbados abwarten sollten.
    »Nur Geduld! sagte er. Ich habe der Mistreß Kathlen Seymour die Namen der Preisträger und deren Reihenfolge mitgeteilt, sowie ihr deren Nationalität bekannt gegeben; die freigebige Dame wird uns nun schon über ihre Meinung bezüglich der Verwendung der Reisestipendien aufklären. Antwortet sie durch Kabeltelegramm, so können wir noch heute, schon nach wenigen Stunden wissen, woran wir sind. Antwortet sie brieflich, so werden wir darauf sechs bis sieben Tage zu warten haben. Und nun genug. Gehe jeder an seine Arbeit und tue er, was ihm obliegt!
    – Fünf bis sechs Tage! murmelte das Satansbürschchen Tony Renault, das halte ich auf keinen Fall aus!«
    Vielleicht kennzeichnete er hiermit auch ganz treffend den Gemütszustand mehrerer seiner Kameraden, wie Hubert Perkins, Niels Harboes und Axel Wickborns, die ihm an Lebhaftigkeit kaum nachgaben. Louis Clodion und Roger Hinsdale, die beiden ersten Preisträger, verhielten sich etwas ruhiger, die Schweden, Dänen und Holländer konnten sich ihres angebornen Phlegmas nicht entäußern. Hätte die Antilian School aber amerikanische Zöglinge
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