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Reise in die Unterwelt

Reise in die Unterwelt

Titel: Reise in die Unterwelt
Autoren: Michael Shea
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Kannibalenedlen herbei.
    Cugel wirbelte verzweifelt herum. Dabei entdeckte er eine Tür in der Wand hinter sich. Er riß sie auf und sprang hindurch. Er stolperte, stürzte und rutschte eine lange, glatte, schräg führende Röhre hinab. Mit einem unbedeutenden Aufprall landete er auf weichem Gras unter einem freien Sternenhimmel. Zu spät sprang er auf. Mumber Sull fiel mit voller Wucht auf ihn. Halb betäubt erhoben sie sich und rannten hinaus in die Nacht.
     

 
3. Ungewöhnliche Maut
     
    Endlich sahen sie, wenn auch noch weit voraus, die Wüste vor sich, doch die Kluft von Yawrn trennte sie von ihnen. Cugel deutete auf ein kaum erkennbares, schleierfeines Gebilde, das nur die verrufene Brücke über die Schlucht sein konnte. »Zweifellos die Schöpfung eines wahnsinnigen Zauberers«, meinte Sull seufzend.
    Cugel pflichtete ihm müde bei. Sie schleppten sich zu der Hütte, die unmittelbar vor der geländerlosen schmalen Brücke stand. Der Zutritt zur Brücke war offenbar nur durch sie hindurch möglich.
    Cugel pochte an die Eisentür. Sie wurde aufgerissen. Ein gebeugter alter Mann in schmutzigem Kittel musterte sie von Kopf bis Fuß.
    »Wer entrichtet als erster die Maut?« fragte er. »Der zweite muß einstweilen im Freien warten.«
    »Nie!« rief der Than entrüstet, dessen Geduld sich in den zwei Wochen, seit sie vom Kannibalenfort geflüchtet waren, erschöpft hatte. »Mein Lehnsmann und ich werden uns keine Sekunde trennen.«
    »Wie Ihr wollt. Dadurch vergrößert sich Euer Risiko.« Der Alte schüttelte abfällig den Kopf und ließ die beiden eintreten. Im Innern drückte er auf eine Verzierung an der Eisentür. »Die Tür widersteht nun jeder Gewalt. Und jene ...«, er deutete auf die gegenüberliegende Seite, hinter der die Brücke sein mußte, »kann nur durch meinen Körper geöffnet werden. Doch nun zur Sache. Die Maut, ohne deren Entrichtung noch nie jemand die Brücke betreten durfte, ist ein Spielchen.«
    Er ließ sich an einem quadratischen Tisch mit Stühlen ringsum nieder, das einzige Mobiliar. Sonst befand sich nur ein unordentlicher Haufen abgelegter Kleidungsstücke, gefüllter Lederbeutel und Waffen verschiedener Art, der bis zum Dach reichte, in diesem Raum. Cugel betrachtete überlegend das Durcheinander.
    »Wie Euer Begleiter bereits bemerkt«, fuhr der Alte fort, »besitze ich eine beachtliche Anhäufung verschiedenerlei Eigentums. Ich gewann alles im Spiel mit Reisenden. Ihr dürft daraus folgern, daß ich ein Kartenhai und so gut wie unschlagbar bin. Aber Ihr müßt gegen mich spielen, ob Ihr wollt oder nicht.«
    »Wir müssen ein Stück unserer Habe setzen?«
    »So ist es. Das Spiel ist Glifrig. Ihr müßt bis zu dem letzten Stück spielen, das Ihr am Leib tragt.«
    Cugel wollte wütend aufbegehren, aber der Alte ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Das sind die Bestimmungen!« erklärte er. »Natürlich habt ihr einzeln gegen mich zu spielen. Mein Einsatz ist dieses Amulett.« Er zog eine breite goldene Kette aus seinem Kittel, an der ein in gelbem Feuer leuchtender Anhänger baumelte. Es war ein kunstvoll geschliffener Edelstein von zweifellos hohem Wert.
    Beim Anblick dieses Kleinods wurde Cugels Ausdruck nachdenklich. Selbst der Than beruhigte sich ein wenig. Mißtrauisch wandte er sich an den Mautner. »Wollt Ihr damit behaupten, daß wir dieses Juwel gewinnen können, falls das Kartenglück uns hold ist?«
    »Richtig. Doch ist es sehr unwahrscheinlich, daß ihr es erringen werdet.«
    »Und ist es uns gestattet«, warf Cugel ein, »falls einer von uns gewinnt, diesen Mautraum damit zu verlassen?«
    »Wenn ihr es gewinnt, gehört es euch. Und ob ihr nun verliert oder gewinnt in unserem Kartenspiel, die Tür zur Brücke wird sich für euch öffnen. Wer stellt sich als erster?«
    »Ich«, erklärte der Than. Er liebte das Kartenspiel und war überzeugt, ein unschlagbarer Glifrigspieler zu sein. Er ließ sich dem Alten gegenüber nieder.
    Die Spielregel bestimmte, daß der Mautner schon beim Eröffnungsspiel sein Juwel riskierte, es aber, falls er es verlor, durch ein weiteres Spiel zurückgewinnen konnte.
    Doch soweit kam es gar nicht. Der Alte gewann jedes Spiel gegen Mumber Sull, mit einer unvorstellbaren Leichtigkeit sogar, und in kürzester Zeit saß der Than ihm völlig nackt und in seiner Würde gekränkt gegenüber. Selbst seinen silbernen Ohrring mußte er schließlich noch wutknirschend einsetzen – und verlor ihn ebenfalls.
    Nun nahm Cugel seinen Platz ein. Der Alte
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