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Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens
Autoren: Helena Reich
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kommen. Die Variante Waisenhaus bis zur offiziellen Klärung seiner Vaterschaft, die der Inspektor bei ihrem Gespräch vorgeschlagen hatte, hatte er gar nicht erst erwähnt. Hermiona hatte keine zwei Sekunden gebraucht, sich zu entscheiden.
    Den Abend hatten er, Larissa, Agáta und Hermiona mit Valeska vor dem Kamin verbracht, es gab viel zu erzählen und zu erklären. Erst weit nach Mitternacht waren alle erschöpft ins Bett gefallen.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte Agáta, die auf der Suche nach ihm aus dem Haus gekommen war.
    »Hm? Gut, danke. Seltsam. Ich bin plötzlich wieder in meinem alten Leben aufgeschlagen. Komisch, irgendwie.«
    »Schön. Ich meinte eigentlich wegen dieses Trojans …«
    »Oh. Ja. Nun, es hat keinen Unschuldigen getroffen. Ist schon in Ordnung, das schlechte Gewissen hält sich in sehr engen Grenzen. Es ging nicht anders.«
    »Gut. – Ich möchte Ihnen noch eine Kleinigkeit erzählen. Es ist zwar wahrscheinlich nicht mehr wichtig, aber man sollte alle Fäden aufsammeln, denke ich.«
    »Ja?«
    »Es geht um die Nähmaschinen. Ich habe einen Artikel darüber erwähnt, wenn Sie sich erinnern.« Sie hielt ihm einen Computerausdruck hin.
    Er las den kurzen Abschnitt, sah sie erstaunt an. »Ist nicht wahr.« Er grinste. »Sachen gibt’s.«
    »Was ist das?«, fragte Larissa, die ebenfalls aus dem Haus gekommen war.
    »Die Auflösung des Geheimnisses der Nähmaschinen«, erwiderte Anděl. »Am Golf ist man offenbar der Ansicht, dass sich in alten Singer-Nähmaschinen rotes Quecksilber befindet. Du weißt schon, dieses ominöse Pulver.« Er erklärte ihr kurz, was er darüber von Felix Benda erfahren hatte. »Deshalb hat man solche Maschinen in Europa aufkaufen lassen. Sie träumen dort offenbar von all diesen unwahrscheinlichen Waffen, die man mithilfe dieses Pulvers herstellen können soll.« Er lachte leise vor sich hin. »Unglaublich, wie naiv manche Leute sind.«
    »Im Prinzip ja«, murmelte Agáta schmunzelnd und nestelte an der kleinen silbernen Amphore herum, die an ihrer langen Halskette hing.
    Larissa lachte auch. »Ist nur schade um diese schönen Nähmaschinen. Dass wirklich jemand dieses Zeug glaubt … ich meine, das ist doch alles Schwachsinn.«
    Valeska, die nach der ersten morgendlichen Yoga-Stunde aus dem Übungsraum kam, gesellte sich zu ihnen. »Guten Morgen allerseits. Nun hast du gar kein Yoga gemacht«, wandte sie sich an Anděl, »schade.«
    »Tja, dann werde ich wohl wiederkommen müssen.«
    »Das hoffe ich sehr. Und bring meine Schwester mit, der würde ein bisschen Überwindung der Körpergrenzen auch guttun – so nannten Sie das doch Agáta, nicht wahr? Eine schöne Formulierung, finde ich.«
    »Dann gehe ich wohl mal Hermiona wecken«, sagte Anděl unschlüssig.
    »Ich hole sie«, bot Larissa sich an und verschwand im Haus.
    »Du bist so ruhelos«, sagte Valeska.
    »Hm. Ja. Es war, alles in allem, eine sehr interessante Auszeit von meinem Leben. Ich weiß noch nicht so recht, was ich jetzt tun werde … und mit Hermiona … so plötzlich Vater zu werden ist kein Spaziergang, vor allem mit meinem Beruf. Die Arbeitszeiten sind alles andere als familienfreundlich.«
    Valeska lächelte ihn an. »Mach dir keine Sorgen. Ich habe gestern Nacht noch lange mit Magda gesprochen. Sie freut sich sehr auf das Mädchen. Auch wenn sie nicht dauernd darüber spricht, ihre Kinder fehlen ihr sehr. Ihr beide kriegt das schon hin. Und was die Arbeit angeht … Teilzeit ist wohl keine realistische Option, wie?«
    Anděl lachte. »Keine Chance. Die Frage ist, gehe ich zurück oder steige ich aus und gehe wieder an die Uni. Ich habe mir die halbe Nacht den Kopf darüber zerbrochen. Ich weiß es nicht …«
    »Eines nach dem anderen, würde ich sagen«, mischte sich Agáta ein, »jetzt fahren wir erst mal nach Prag zurück. Und was unmögliche Arbeitszeiten angeht – ich bin eine unterbeschäftigte Rentnerin, die Kinder liebt. An eigene Enkelkinder werde ich nicht mehr kommen. Ich stehe also als Adoptiv-Oma sehr gerne zur Verfügung, wenn es hilft.«
    »Danke, Agáta, ich glaube, ich werde darauf zurückkommen. Hermiona mag Sie sehr.«
    »So, da wären wir«, sagte Larissa, die eine sehr verschlafene Hermiona an der Hand führte. »Das Packen ging ruckzuck. Ich glaube, ihr müsst als Erstes Klamotten kaufen gehen, wenn wir zurück sind. Und ich mache auch gerne den Babysitter, wenn nötig.«
    »Ich bin kein Baby«, protestierte Hermiona gähnend.
    »Natürlich, ich meinte Kindersitter.«
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