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Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)

Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)

Titel: Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)
Autoren: Diana Reddas
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Scheidungsabteilung, denn dort war der Cognac und sein Freund, der noch keine Mandanten betreute.
    Wortlos setzte er sich an den Schreibtisch seines Kollegen und starrte aus dem Fenster.
    Harald beobachtete ihn, holte einen Cognac, gab ihn Oliver, der das Glas sofort leerte.
    „Ich dachte immer, dass nur ich hier saufe oder hast Du Dir etwa eine Scheidungsgeschichte von Deinen Knackies anhören müssen ?“
    „Nein, mein Lieber. Viel schlimmer. Ich soll Susannes Vater verteidigen, der anscheinend einer Vergewaltigung beschuldigt wird.“
    „Ach du lieber Himmel. Und? Ich meine, ist da was dran? Das arme Mädchen.“
    „Wen meinst Du?“
    „Ja natürlich Susanne. Muss jetzt schrecklich für sie sein.“
    „Sollte man meinen. Sie macht aber durchaus nicht den Eindruck. Meines Erachtens ist sie felsenfest von der Unschuld ihres Vaters überzeugt.“
    „Du etwa nicht?“
    „Was soll ich Dir sagen? Du weisst, dass ich immer skeptisch bin. Dazu kommt, dass ich derartige Fälle nicht übernehme; ich hasse derartige Verfahren und verstehe auch nicht, warum Susanne mir ihren Vater hier anschleppt. Es gibt doch wirklich genug Anwälte in dieser Stadt.
    Nun ja: Er, also der Vater, behauptet jedenfalls, unschuldig zu sein. Aber das sagen sie alle, selbst wenn sie im Knast sitzen und rechtskräftig verurteilt worden sind. Ich nehme erst einmal Akteneinsicht und dann sehen wir weiter. Sollte an der Geschichte was dran sein, schicke ich den Mann zu einem Kollegen. Hab einfach keinen Bock, mich jetzt auch noch mit Sexualstraftätern zu beschäftigen; die gehen mir unendlich auf den Sack.“
    Oliver stand auf, holte seine Autoschlüssel, meldete sich an der Rezeption ab und bat die Mitarbeiterin, die für den Nachmittag verabre-deten Termine abzusagen.
    Er brauchte Luft zum atmen. Mit seinem Wagen fuhr er ziellos durch die Stadt und landete schliesslich in einem kleinen Restaurant am Stadtrand, das er bereits oft besucht hatte.Es hatte seinen Reiz in der Abgeschiedenheit und Ruhe, die es zu bieten hatte, wobei es dennoch, von der Stadt aus, schnell zu erreichen war.
    Nachmittags waren dort nur wenige Menschen anzutreffen und der Wald, der unmittelbar dem Restaurant gegenüberlag, verschaffte eine beruhi-gende Atmosphäre.
    Nachdem er sich einen Kaffee bestellt hatte, dachte er ein wenig nach.
    Er ärgerte sich über Susannes Verhalten, da sie ihn einfach übertölpelt hatte. Daneben ärgerte er sich auch über sich, dass er sich dermassen aufregte. Bisher hatte er nicht versprochen, das Mandat endgültig zu übernehmen, lediglich zugesichert, Akteneinsicht zu nehmen.
    Sofern sich ergeben sollte, dass der Mann, zumindest seiner Ansicht nach, eine strafbare Handlung begangen hatte, würde er ihn an seinen ehemaligen Ausbilder weiterempfehlen. Als er an seinen Ausbilder dachte, musste er unwillkürlich lächeln.Obwohl er jetzt selbst jahrelang erfolgreich im Geschäft war, bewun-derte er ihn immer noch; diesen Mann, der ihm die Maxime für die Berufsausbildung vermittelt hatte. Immer wieder hatten sie über die Ausübung ihres Berufes diskutiert, meistens unterschiedliche Begründungen zur Berufsethik aufgeführt, doch waren sie sich stets darüber einig gewesen, dass der Anwalt verpflichtet ist, das Optimum für seinen Mandanten zu erkämpfen, oder aber den Fall ablehnen muss.

    Er zahlte seinen Kaffee und machte einen ausgiebigen Spaziergang, der ihn vom Baum holen sollte.Dabei dachte erneut über die endlosen Diskussionen mit seinem Lehrer nach. Wie oft hatte er ihm gepredigt, dass jeder Mensch das Recht auf eine ordnungsgemässe, ja sogar ausgezeichnete, Verteidigung habe, selbst wenn es sich um ein Riesenarschloch handelt.
    Auch sein Widerspruch blieb immer derselbe: „Kann ja sein, aber ich muss nicht jedes Riesen-arschloch vertreten, das können die verbleiben-den Arschlöcher gerne ohne mich erledigen.“
    Bei derartigen Äusserungen schüttelte sein Lehrmeister lediglich den Kopf und hoffte insgeheim, dass die kommende Lebenserfahrung seines Schülers eine Kehrtwendung herbeiführen werde.
    Als er von seinem Ausflug zurückkehrte, hatten die meisten Angestellten das Büro bereits verlas-sen. Auch Susanne hatte Feierabend gemacht.
    Eigentlich wollte er mit ihr noch ein paar Takte reden, sie insbesondere fragen, warum sie ihren Vater ausgerechnet zu ihm geschickt und damit, einen für alle Beteiligten, unangenehmen Zu-stand herbeigeführt hatte. Aber das hatte noch Zeit, so dass er seinen Freund Harald aufsuchte, der
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