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Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)

Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)

Titel: Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)
Autoren: Diana Reddas
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Spezialgebiet des Strafverteidigers auserwählt hatte.
    Sicherlich empfand er anfänglich seine Arbeit nicht als Traumziel, lieber wäre er Architekt oder Kinderarzt geworden, doch fehlte ihm seinerzeit, jedenfalls seiner Einschätzung nach, die Bega-bung zu den ersehnten Berufszielen, abgesehen von den erforderlichen Abiturnoten.
    Mangels weiterer Alternativen, entschied er sich letztendlich für die Ausbildung zum Juristen, was ihn nur mässig begeisterte.
    Anfangs war er der Meinung, dass die Juristerei ein Arbeitsgebiet für Menschen sei, denen jeg-licher natürliche Kompass fehle, so dass sie sich an Vorschriften festhalten und ihre Mitmenschen mit ihrem einfältigen Fachwissen massregeln konnten.
    Aber mit der Zeit, entwickelte er eine gewisse Vorliebe für die trockene Materie der Rechts-wissenschaften und entdeckte im Spezialgebiet der Strafverteidigung die Möglichkeit, durch flexibles Denken, durchaus kreativ handeln zu können. Insbesondere bewunderte er die überaus kreative Rechtsprechung auf dem Gebiet des Strafrechts, die es immer wieder schaffte, ihn zu erstaunen. Dabei wurde ihm ebenfalls klar, dass Einfallsreichtum und Engagement durchaus positive Resultate für einen Mandanten erbringen konnte, sofern er sich einen guten Anwalt leisten konnte. Daher entschloss er sich, einer dieser guten Anwälte zu werden.
    Also schob er sich durch die quälende Aus-bildung mit dem Ziel, eines Tages, einem staunenden Publikum seine Pfiffigkeit zu zeigen.
    Die ersten Jahre lernte er von erfahrenen Verteidigern, schaute ihnen eifrig auf die Finger und war sich nach einiger Zeit sicher, selbst ein guter Verteidiger zu sein.
    Sodann machte er sich, mit anderen Anwälten, selbstständig und wurde letztendlich der Erst-firmierende einer angesehenen Kanzlei der Stadt.

    Aber jeden Montagmorgen stand er vor der schwierigen Aufgabe, sein Bett zu unnatürlicher Zeit, jedenfalls seiner Empfindung nach, zu verlassen, um in die Niederungen der Juristerei abzusteigen.

    Widerwillig stand er auf, schaute aus dem Fenster und bemerkte, dass selbst die Kübel-pflanzen auf der kleinen Terrasse schlechte Laune hatten, denn sie hatten sich auf ein Minimum reduziert, um dem schlechten Wetter zu trotzen.
    Auch der Rhein zeigte sich nicht von seiner schönsten Seite. Der Fluss trieb die Wasser-massen buchstäblich vor sich hin, schien aufgewühlt und die schlechte Laune des Wetters übernommen zu haben, denn beide bildeten eine graue Einheit, die kaum zu unterscheiden war.
    Bei diesem Anblick war ihm bereits klar, dass es ein Scheisstag werden würde. Aber so waren die Montage eben.

    Unter der Dusche ging er bereits seinen Terminkalender durch: 9 Uhr Verhandlung vor dem Amtsgericht. Vorwurf: Trunkenheit am Steuer; 11 Uhr: Verteidigung wegen Betruges zu Lasten einer Versandhauskette. 13 Uhr: Haft-prüfungstermin wegen Körperverletzung mit Todesfolge und ab 16 Uhr Kanzlei.
    Am Nachmittag kamen die verschiedensten Klienten ins Büro, wobei die Sekretärinnen, so weit wie möglich, Terminabsprachen getroffen hatten.
    Dennoch war man in einer Kanzlei, in der 8 An-wälte tätig waren, niemals vor Überraschungen sicher, so dass die Beratungsstunden oftmals in Stressstunden ausarteten. Oft kamen Mandanten unangemeldet, weil sie unbedingt ihren Anwalt sprechen mussten; einige vertrieben sich ihre Langeweile mit dem Besuch der Anwaltskanzlei und der Rest war zur Besprechung angemeldet.

    Eigentlich hatte die Sozietät allen Anlass, sich über den regen Zulauf der Mandantschaft zu freuen, denn bei der Gründung des Büros waren die Anwälte ein hohes Risiko eingegangen.
    Oliver hatte sich seinerzeit überlegt, dass auch Anwälte, so wie die Ärzte, einer Spezialisierung bedurften, da das Gebiet der Juristerei nahezu so vielfältig ist, wie das Gebiet der Medizin.
    Aufgrund dieser Idee, sammelte er seinerzeit interessierte Freunde und Kollegen, um eine Kanzlei zu gründen, die sich dadurch aus-zeichnete, dass sich ausschliesslich Fachanwälte um die Belange der Mandantschaft kümmerten.
    Natürlich war es ein hohes finanzielles Risiko für die Beteiligten, denn in diesen Gründerjahren war es üblich, dass ein Rechtsanwalt einfach alles konnte, meinte man jedenfalls. Infolgedessen übernahm jeder Anwalt jedes Mandat, ohne dass für den Klienten auch nur ansatzweise erkennbar war, ob er auf einen kundigen Berater gestossen war.
    Die Spezialisierung engte zunächst das Betätigungsfeld des einzelnen Anwaltes ein, führte aber schliesslich dazu,
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