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Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot
Autoren: dtv
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daraufhin die Fassung verlieren und vorübergehend nicht mehr klar denken, keine klaren Antworten mehr geben. Geschworene sähen das Gott sei Dank langsam auch so. Das alles und mehr gab Slingsby für die Bandaufnahme zu Protokoll, zur Verteidigung seiner Mandantin.
    Aber Wendy Pelham schien ihm nicht zuzuhören, keinem von ihnen.
    »Leute wie Mortimer. Die denken, sie regieren die Welt. Aber das habe ich ihm ein für alle Mal ausgetrieben. Und ich bedaure es nicht.«

Dezember
    35
    Der Samstag vor Weihnachten. In einer langen, glänzenden Schlange drängten sich die Autos der Eingeladenen auf der privaten Zufahrtsstraße nach Boden Hall. Bunte Lichterketten hingen in den Bäumen, und die riesige norwegische Fichte vor dem Haupthaus war mit Palmzweigen und tausend winzigen elektrischen Kerzen geschmückt. Wie immer begrüßte die Band der Heilsarmee die Gäste, während sie sich der Tür näherten. Drinnen dann nahmen ehrerbietige Hände Mantel und Schal ab und reichten Punsch und Champagner.
    Geoffrey Trayner stand am Eingang zum Ballsaal, den linken Arm um die aufregend perfekte Taille seiner Frau gelegt. In der rechten Hand hielt er ein Glas mit erlesenem Brandy. Sein Fuß wippte im Takt der Musik. Er sprach mit Charlie Walsh und der guten alten Pamela, schenkte den eigenen Worten aber kaum Beachtung. Es war irgendein herablassendes Geschwafel. Walsh und Mausi hörten trotzdem zu, lächelten und nickten, solange
er
es von ihnen erwartete.
    »Lass uns tanzen, Liebling«, flüsterte ihm Elaine ins Ohr.
    Wenn Sie uns entschuldigen würden? Lächelnd ließ er sich von ihr durch die versammelte Gästeschar führen. Sie hatte sich dieses Mal die Sechziger als Thema gewünscht.Minikleider. Pop-Art. ›Hi Ho Silver Lining‹. Wohin man auch sah, trug alles breite Krawatten, Kaftane, ausgestellte Hüfthosen. Seine Gäste – seine Höflinge – waren wie immer eifrig darauf bedacht, ihm zu gefallen. Die verschiedenen Doppelgänger gaben dem Ganzen eine besonders hübsche Note. Bislang hatte Trayner vier John Lennons entdeckt und ein paar Jaggers. Und eine sehr anziehende Frau, die Mandy Rice Davies sein mochte. Wenn er richtig darüber nachdachte, war sie es womöglich wirklich.
    Jacobson und Kerr saßen im fünften Range Rover. Sie hatten nur Beobachterstatus. DCS Salter hatte wie ein Verrückter darum gekämpft, ebenfalls mitkommen zu können. Aber in dem Punkt waren die Leute vom NCIS, dem
National Criminial Intelligence Service,
überraschend resolut gewesen: Sie wollten die Jungs, die die Arbeit getan hatten, von denen der Hinweis stammte, und nicht den örtlichen Frühstücksdirektor. Insgesamt waren es acht Fahrzeuge. Vierzig Beamte alles in allem. Und dazu eine bewaffnete Einheit hinter dem Gartenpavillon. Falls nötig.
    »Denken Sie, er wird Schwierigkeiten machen?«, fragte Jacobson den Fahrer.
    »Schwer zu sagen, Chef. Der Boss denkt, nein. Dass er vor den Partygästen den Deckel wird draufhalten wollen und so. Aber bei so einem Vertreter weiß man nie.«
    Die Range Rovers formierten sich auf dem Rasen zu einem V.   Es war schön, mit dabei sein zu dürfen, dachte Jacobson, auch wenn es mehr eine Geste als eine Notwendigkeit im Sinne der Operation war. Er lauschte angestrengt. Der Hubschrauber sollte bald kommen. Dann würde es losgehen.
    Faith Lawson hatte sich als beeindruckende junge Frau entpuppt. Sie hatte alles offengelegt, was sie in den vierzehn Tagen in Gus Mortimers Vorzimmer gefundenhatte – darunter Daten, an die nicht einmal Steve Horton herangekommen war. Im Gegenzug waren die Anklagen gegen Parr und ganz besonders gegen sie selbst und Mark Jones milder ausgefallen. Die beiden hatten sich zunächst aus dem Staub zu machen versucht, sich aber schließlich der Bahnhofspolizei in Euston gestellt. Die eine Woche auf den Straßen von London, bettelnd und nach Schlafplätzen suchend, hatte ihnen gereicht.
    Auf dem Computer in Mortimers Büro hatte es einen Ordner voller verschlüsselter Dateien und E-Mails gegeben. Nach dem Dekodieren wirkten sie zunächst unverfänglich: Bestellungen für die Standardprodukte von Planet Avionics. Für Tachometer, Höhenmesser, Leitsysteme. Die Aufträge stammten von der London European Technology Holding und waren für einen mittelgroßen zivilen Flugzeugbauer in Spanien gedacht. So weit schien alles in Ordnung. Nur enthielten einige der E-Mails Bezugnahmen auf »König Midas«. Als Steve Horton die zwei Wörter in das PNC, das Nationale Computersystem der Polizei,
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