Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
fettigen Überbleibseln eines englischen Frühstücks zu schaffen machte, nicht allzu viel Beachtung zu schenken. Vielleicht wollte Salter jetzt erst recht beweisen, dass er zuzupacken verstand. Nun, da hätte er am besten gleich mit John Barnfield anfangen sollen. Jacobson war für Recht und Ordnung, in jedem Fall. Ohne das war alles verloren, das wusste er. Was jedoch nicht hieß, dass er kein Mitgefühl mit dem Vater einer vergewaltigten, traumatisierten Tochter haben konnte. Barnfield wurde wegen Freiheitsberaubung angeklagt, und das war erst der Anfang. Er würde zwar ziemlich sicher erst mal auf Kaution freigelassen werden, seine Chancen auf ein Urteil ohne Freiheitsstrafe standen jedoch nicht gut. Selbstjustiz stand ganz oben auf der Hassliste des Rechtssystems. Sogar noch weit über gewalttätigen Ausrastern von Rockstars und Insiderhandel an der Börse. Je lauter die Boulevardpresse und die ihr nach dem Mund schleimenden Politikerzu seiner Unterstützung aufheulten, desto schlechter würde es am Ende für ihn aussehen. Barnfield hatte zugegeben, Komplizen gehabt zu haben
– gute Jungs, die anzupacken wissen – ,
weigerte sich aber, ihre Namen zu nennen. Das würde ihm auch nicht unbedingt helfen. Und dann war da natürlich noch die Frage des Vorsatzes. Im Affekt lag die Chance: Barnfield, wie er durch den Park joggte und plötzlich seinen Hassgegner in der Schlange der Bootsvermietung entdeckte.
Ich würde das gottlose Gesicht überall wiedererkennen, Inspector.
Aber die Kiste, die hatte er nicht im Affekt zusammengezimmert, nein, die Entführung war sorgfältig vorausgeplant gewesen, bis hin zu der Rufbereitschaft, in der sich seine schweren Jungs gehalten haben mussten. Ein Anruf von seinem Handy genügte, um das Ganze in Gang zu setzen. Robert Johnson lag derzeit sediert im Krankenhaus und hatte rund um die Uhr einen Bewacher an seiner Seite. Der Arzt meinte, es sei noch zu früh, um etwas über seine körperliche und geistige Genesung sagen zu können. Aber dabei wirkte er vergleichsweise düster, selbst nach den Maßstäben seines ohnehin recht pessimistischen, trübsinnigen Berufsstandes.
    Jacobson riss den winzigen Becher Kaffeesahne auf und schüttete den Inhalt in seine Tasse. Vor ihm auf dem Tisch lag ein Stapel Faxe und Unterlagen: Berichte aus dem Labor in Birmingham und von der eigenen Spurensicherung. Für einen neutralen Beobachter wirkte er wie ein mittelalter, mittelgewichtiger leitender Angestellter, der sich für eine halbe Stunde aus dem Büro gestohlen hatte. Allerdings mit seiner Arbeit. Von Blaumachen konnte keine Rede sein. Jacobson blickte so konzentriert drein, dass sich niemand in seine Nähe setzte und alle im näheren Umkreis die Stimmen senkten. Nach einemersten Schnelldurchgang durch den Papierstapel fing er langsam noch einmal von vorne an, hielt bei bestimmten Dingen inne und studierte den eng gedruckten Text. Endlich, offenbar zufrieden mit dem, was er da gelesen hatte, packte er die Papiere zusammen und konzentrierte sich ganz auf seinen Kaffee und die warme Sommerluft.
    Er sah auf die Uhr. Neun Uhr zwanzig. Damit blieb ihm noch etwas Zeit zum Austrinken und Zurückspazieren. Er hatte über zwei wichtige Punkte zu berichten. Erstens: Was immer sich sonst noch abgespielt haben mochte, es schien mittlerweile so gut wie sicher, dass die letzte Person, die mit Jenny Mortimer geschlafen hatte – eventuell unter Gewaltanwendung – ihr Mann gewesen war. Die Wahrscheinlichkeit lag bei zwei Millionen zu eins und würde wohl noch weiter steigen. Zweitens: Die Reifenspur hinter Mortimers Grundstück stammte womöglich nicht von Kevin Hollands Transit. Aber nur, wenn es einen zweiten Wagen mit einem genauso abgefahrenen Firestone-Diagonalreifen vorne auf der Beifahrerseite gab.
    Die Claremont Road, erklärte er seinem Team, stünde ab sofort im Zentrum der Ermittlungen. Alle Bewohner von Nummer 56 müssten ein weiteres Mal befragt werden. Jede noch so kleine Zeitspanne, die die Mitbewohner – gemeinsam oder allein – seit Samstag mit Kevin Holland verbracht haben wollten, müsse genau verzeichnet und überprüft werden. Dabei war der Rest der Straße mit in die Befragung einzubeziehen. Auch die Nachbarn mussten besucht und befragt werden. Hatten Sie Hollands Auto in den letzten Tagen gesehen? Konnten sie konkrete Zeiten nennen? Jacobson sah zu, wie seine erweiterte Truppe den Raum verließ. Zusätzlich zu seinem eigentlichen Team hatte er vier DCs und ein paarerfahrene
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher