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Regency Reality-Show

Regency Reality-Show

Titel: Regency Reality-Show
Autoren: Martina Hertig-Binz
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anstellen würde wagte ich mir gar nicht auszumalen.
    „Ich hatte einen kleinen Zwischenfall. Aber nun sag‘ schon, wie war es mit Lochlann im Irrgarten?“ versuchte ich sie abzulenken, und es funktionierte. Sogleich verklärte sich ihr Blick und sie fing wieder an von der Romantik der Schotten zu schwärmen – wenn ich mich recht entsann, hatte nicht auch mein edler Retter einen schottischen Akzent gehabt? Vielleicht war ja wirklich etwas dran, dass die Schotten die tollsten Männer waren –
     
    ***
     
    „Diese unbequemen Schuhe ziehe ich nicht an.“
    „Sie passen aber perfekt zu Deinem Kleid.“ Mama war in mein Zimmer gekommen um zu sehen, wo Anna so lange blieb. Zum Glück hatten wir bis dahin alle Spuren von meinem Ausritt beseitigt und Lizzi war auf ihr eigenes Zimmer verschwunden, um sich für den Abend feinmachen zu lassen.
    „Die Absätze sind so hoch, ich habe keinen Halt darin. Zudem kann ich schon fühlen, wie meine Zehen blau werden.“
    „Sie sind aber mit dem Stoff von Deinem zart lila Kleid überzogen. Bestimmt hast Du kein anderes Paar, das annähernd zu diesem wunderschönen Kleid passt. Wie besagt das Sprichwort: Schönheit muss gelitten haben. Beiss die Zähne zusammen. In zehn Minuten gehen wir runter, ich bin schon fast bereit. Anna muss nur noch meine Haare frisieren.“ damit ging Mama zur Türe hinaus.
    Allein in meinem Zimmer begab ich mich gleich hinter den Schuhschrank. Ein ums andere Paar probierte ich an, aber keines war wirklich bequem. Schliesslich schlüpfte ich in ein paar flache braune Stiefel. Prima, unter dem bodenlangen Kleid waren sie nicht zu sehen und hatten einen deutlich höheren Tragekomfort.
    „Dein Kleid schleift auf dem Boden.“ bemerkte Mama, als wir zum Kaminzimmer schritten. Ich streckte mich, zog meine Schultern hoch und hoffte, dass mich niemand nach meinen hochhackigen Schuhen fragte. Ein paar Schritte ging ich auf den Zehenspitzen, bis ich sicher war, dass sich Mama von mir abgewandt hatte.
    Wir waren wie bereits gestern wieder bei den Letzten, die zum Aperitif erschienen. Heute war es eindeutig meine Schuld. Wer hätte gedacht, dass Körperpflege hier so kompliziert war? Erst mussten wir warten, bis das Badewasser aufgeheizt war, dann musste es in unzähligen Kesseln hochgetragen werden und als ich mit Annas Hilfe endlich allen Dreck abgekratzt hatte, dauerte es eine Ewigkeit, bis meine dichten langen Haare einigermassen trocken waren. Dazu hatte ich mich so nahe ans Kaminfeuer gesetzt, dass mir der Schweiss runter rann und ich am liebsten gleich nochmals in die Badewanne gehüpft wäre.
    Nach meinem Tag fernab vom ganzen Trubel der Hausparty kam mir die bunte Gesellschaft im Kaminzimmer unheimlich laut vor. Meine Eltern steuerten zielstrebig auf einen Tisch zu, auf welchem gefüllte Gläser und Fruchtstücke zum Aperitif bereit standen. Gedankenverloren folgte ich meinen Eltern, bis wie aus dem Nichts der Adonis von heute Nachmittag vor mir stand. Nach einer kurzen Schreckenssekunde machte ich auf dem Absatz kehrt, mit dem einzigen Gedanken, so weit wie möglich von ihm wegzukommen. Dabei verhedderte sich mein linker Fuss im überlangen Rocksaum und ich knallte der Länge nach auf meinen Bauch. Wenigstens hatte ich kein reissendes Geräusch gehört, mein Hintern sollte also bedeckt sein. Trotzdem lief mir die Schamesröte ins Gesicht. Ich konnte wohl jegliche Hoffnung begraben, dass mich der Earl of Ayrshire nicht wiedererkennen würde.
    Dass es verräterisch ruhig um mich herum geworden und die Gespräche verstummt waren, fiel mir erst gar nicht auf. Ich konnte nur seine Nähe spüren, seinen Blick in meinem Rücken. In einer perfekten Welt sollte sich jetzt der Boden unter mir auftun und mich verschlingen oder wenigsten könnten die Lichter ausgehen – nein, in einer perfekten Welt wäre ich lächelnd auf den schönen Mann zugeschritten – oder besser noch: auf ihn zugeschwebt und hätte gepflegte und geistreiche Konversation getrieben. Doch wir lebten eben nicht in einer perfekten Welt und so liess ich mir von Papa und von IHM aufhelfen, sah beschämt zu Boden und stotterte etwas Unverständliches. Zum Glück rettete mich in diesem Augenblick die Essensglocke und ich schritt mit hoch gerecktem Kinn ganz entgegen dem offiziellen Protokoll alleine in den Speisesaal ohne nach links oder rechts zu sehen.
    Ich hätte mir eigentlich denken können, dass dieser unheilvolle Tag nicht besser würde, aber als ich aufblickte und meinen Adonis als
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