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- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

Titel: - Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond
Autoren: Sarah Blakley-Cartwright , David Leslie Johnson
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Suzette belustigt. »Wohin denn, mein Schatz?«
    »Zu Großmutter. Ich hatte … ich fürchte, sie ist in Gefahr. « Außerdem musste sie Peter finden, sofern er überhaupt irgendwo zu finden war. Und Henry.
    »Ach,Valerie. Du musst dich nicht immer um die anderen sorgen. Ich habe Haferbrei gekocht, dein Lieblingsfrühstück«, wiederholte Suzette, kam die Leiter herunter und streichelte Valerie die Wange. Ihre Hand fühlte sich feucht und kalt an. Wie ein Reptil. Valerie sah sie an.
    »Bei uns bist du sicher«, flüsterte Suzette. Roxanne spähte vom Dachboden herunter, die Bettdecke bis unters Kinn gezogen, und blinzelte sich wach, unsicher, was sie von der Szene halten sollte.
    »Wiedersehen, Mutter. Wiedersehen, Roxanne.« Valerie fühlte sich einsam, ganz auf sich gestellt. Sie brauchte niemanden.

    Es war schneidend kalt, als sie aus der Tür trat. Und irgendwie war das gut so. Sie brauchte einen Schock. Sie musste spüren, dass sie noch am Leben war.
    Sie schlang den Mantel enger um sich und stülpte sich die Kapuze über den Kopf. Der stürmische Wind fegte über sie hinweg, fuhr in den Mantel und blähte ihn mit eisiger Luft. Ihre Finger umklammerten den geflochtenen Henkel des Korbs, den sie vor sich her trug. Eiskristalle setzten sich in die Ritzen des Weidengeflechts.
    Keine Menschenseele war zu sehen.
    Beim Gang durchs Dorf sah sie keine Fußstapfen im Schnee, denn der neue, der in dichten Flocken fiel, hatte alle zugedeckt. Sie kam an dem eisernen Elefanten vorüber. Er lag auf der Seite und war aufgebrochen. Ob jemand darin gewesen war? Valerie erschauderte bei dem Gedanken an Claude, an die Grausamkeit, zu der Menschen, wie sie gelernt hatte, fähig waren. Sie fühlte sich abgestoßen. Vielleicht wäre es besser, ein Tier zu sein und kein Mensch.
    Im Winter blieben die Menschen zu Hause. Wenn ein Sturm losbrach wie dieser, konnte man nie wissen, was einen hinter der nächsten Biegung erwartete, was sich vor oder hinter einem verbarg.
    Dann kam jemand in Sicht. Valerie sah, dass es Henry war. Er sattelte gerade ein herrliches Pferd und stellte die Steigbügel ein. Bei seinem Anblick wurde ihr wärmer.
    Der Hauptmann gab den Soldaten, die sich gerade ankleideten, ein Zeichen, und sie zogen sich zurück, als sie näher kam, möglicherweise aus Diskretion, vielleicht aber auch aus Misstrauen.
    »Valerie.«
    Das Pferd wendete sich, blies Dampf durch die Nüstern
in die kalte Morgenluft, wollte fort, als wittere es die Gegenwart von etwas Bösem.
    »Brav«, beruhigte Henry das Tier. Er sah stolz aus. Diensteifrig. Er hatte eine neue Bestimmung gefunden. Er würde dem Wolf nachstellen. Böses durch Gutes ersetzen, so hoffte sie.
    »Du bist ein Krieger«, sagte sie, und ihre grünen Augen leuchteten.
    »Du auch«, erwiderte er.
    Valerie schlang die Arme um ihn und stellte sich auf die Zehenspitzen, damit ihre Lippen seinen Hals erreichen konnten. Zärtlich fanden sie seine Haut. Sie war weich und warm und fühlte sich an, als könnte sie schmelzen, wenn sie zu lange in der Sonne lag. Ein Schauer durchfuhr sie.
    Sie spürte Henrys glatte Hand an ihrer Wange. Und dann trennten sich ihre Körper und zogen einen klaren Strich.
    Er zögerte, fuhr sich mit der Hand durchs hellbraune Haar.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Niemand hat Peter gesehen,Valerie«, sagte er und schwang sich in den Sattel. »Und wenn ich ihn finde … werde ich tun, was ich tun muss.« Sie spürte die ungeheure Entschlossenheit seiner Gestalt auf dem Pferd, und dann war er fort, der große Krieger, und ritt in das leere Blaugrau der Wildnis.
    Valerie war ihm dankbar, für so vieles. Sie hatte das Böse dem Guten vorgezogen, und er hatte ihr beigestanden, sich geopfert, um sie vor dem Wolf zu schützen, um sie vor sich selbst zu retten. Sie hatte ihm das Herz gebrochen, aus Liebe zu Peter – der immer nur nahm, ohne zu fragen.Wie war es möglich, dass sie nicht erkannt hatte, wie beständig und geborgen ein Leben mit Henry hätte sein können? Diese neue Einsicht stimmte sie ruhig.

    Mit jedem Galoppsprung, den sich Henrys Pferd entfernte, fühlte Valerie, die nie einen Menschen gebraucht hatte, wie sich in ihrem Inneren eine kleine Leere auftat und größer wurde.

    Valerie rannte, wobei ihre Füße mal im Schnee versanken, mal Halt auf dem gefrorenen Boden fanden. Ihre Beine schritten ruhig und mechanisch aus und trugen sie durch den Sturm. Sie war sich sicher, dass bei Großmutter etwas nicht stimmte … ganz und gar nicht stimmte.
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