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Reckless - Lebendige Schatten

Reckless - Lebendige Schatten

Titel: Reckless - Lebendige Schatten
Autoren: C Funke
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nennen.« Jacob spürte sein zurückgewonnenes Leben wie ein Rauschmittel. Er hatte den Tod überlistet, warum dann nicht auch den Bastard? »Ich glaube, du hast recht mit dem Blut«, sagte er. »Aber es hat nichts mit Verwandtschaft zu tun. Guismund und ich kommen lediglich vom selben Ort.«
    Der Wassermann ließ ein ungeduldiges Grunzen hören. Er malte sich sicher schon aus, wie das Mädchen aussehen sollte, dem er in irgendeiner feuchten Höhle Guismunds Schätze zu Füßen legen würde. Er würde ihr jeden Wunsch von den Augen lesen, aber er würde sie nicht gehen lassen.
    »Sie werden bald hier sein!«, flüsterte Eaumbre. »Die Zwerge … die Männer des Krummen … jeder Schatzjäger, der etwas auf sich hält … Sie werden alle kommen, aber noch können wir das meiste fortschaffen!«
    »Warum stehst du dann noch da?«, gab der Bastard zurück. »Nimm dir, was du willst, und verschwinde. Es gehört alles dir!«
    Der sechsäugige Blick, mit dem der Wassermann Jacob musterte, schien genau zu wissen, wie viele seinesgleichen Fuchs und er schon gejagt und um ihre Beute gebracht hatten.
    »Ich würde ihnen nicht trauen, wenn ich du wäre«, flüsterte er Nerron zu. Dann wandte er sich um und verschwand, ohne sich noch einmal umzublicken, durch die Tür, die hinaus in den Audienzsaal führte.
    Nerron schwieg, bis die Schritte des Wassermanns verhallten. Er musterte die Bilder, die sie umgaben. Sein Blick blieb an dem silbernen Torbogen hängen, aus dem Guismunds Ritter quollen, und Jacob sah auf dem gemaserten Gesicht für einen flüchtigen Moment die Sehnsucht eines Kindes. Es tat Jacob fast leid, dass er dem Goyl nicht geben konnte, was er ersehnte. Aber Dunbar hatte recht. Manche Dinge durften nie gefunden werden, und wenn man sie fand, musste das nächste Versteck besser als das letzte sein.
    Jacob stieg über Guismunds Leichnam. Woher kam all das neue Leben, das er in den Adern spürte? Gehörte etwas davon auch dem Hexenschlächter? Kein angenehmer Gedanke.
    »Ich bin sicher, du kennst sie alle ebenso gut wie ich«, sagte er, während er auf den Spiegel zuging. »Die Geschichten über Guismunds Herkunft. Dass er der Bastard eines Königs war, das Kind einer Hexe, der Sohn eines goldhaarigen Teufels … Niemand ist je darauf gekommen, dass er nur aus einer anderen Welt stammte.«
    Jacob blieb vor dem Spiegel stehen.
    »Das ist sie«, sagte er. »Die Tür, die du suchst.«
    Nerrons Gesicht verschmolz mit dem dunklen Glas, als er neben ihn trat. Jacob sah dem Goyl an, dass er ihm glauben wollte. Er hatte gelernt, in dem gemaserten Gesicht zu lesen.
    »Beweis es ihm, Fuchs«, sagte er.
    Natürlich wusste sie, was er vorhatte. Es war nicht schwer zu erraten. Aber Fuchs wich vor dem Spiegel zurück.
    »Nein. Tu du es.« Die Furcht in ihrer Stimme war nicht gespielt, und für einen Augenblick hatte Jacob Sorge, dass sie ihm nicht folgen würde. Aber Fuchs hatte Dunbar ebenso ein Versprechen gegeben wie er.
    Nerrons Blick begegnete dem seinen auf dem dunklen Glas.
    Der Beste …
    Jacob hätte nichts dagegen gehabt, ihm den Titel zu überlassen. Zu schade, dass der Bastard auch die Armbrust wollte.
    »Na los,« sagte Nerron. »Beweis es mir.« Er bemerkte nicht, wie Fuchs dichter an seine Seite trat. Er sah nur noch den Spiegel.
    Jacob presste die Hand gegen das Glas.

66
EIN AUGENBLICK
    E in Augenblick. Jacob verschwand, und der Bastard vergaß, was und wo er war. Und was er in der Tasche trug. Nur für einen Augenblick. Aber das war genug für die Füchsin. Mehr als genug.
    Fuchs stand vor dem Spiegel, bevor er sie packen konnte, den Beutel in der Hand. Sein Wutschrei gellte ihr in den Ohren, als sie die Hand auf das Glas presste.
    Und dann war alles fort.
    Der Goyl.
    Das verwunschene Schloss.
    Ihre ganze Welt.

67
DIE ANDERE SEITE
    F uchs wandte sich um und Jacob griff nach ihrer Hand. Er erinnerte sich an das Gefühl, wenn die eigene Welt zum ersten Mal verloren ging und man plötzlich in einer anderen stand. Der Schwindel. Die Frage, ob man träumte oder aufwachte. Es tat ihm leid, dass er ihr nicht mehr Zeit lassen konnte.
    Jacob zog sie von dem Spiegel fort und zerschmetterte das dunkle Glas mit dem Revolvergriff. Er schlug zu, bis der Silberrahmen nur noch ein paar scharfkantige Scherben hielt. Fuchs fuhr bei jedem Schlag zusammen, als zerschlüge er ihre Welt, und umklammerte den Beutel, der die Armbrust verbarg, als müsste sie an dem einzigen Ding festhalten, das sie noch mit ihrer Welt verband. Jacob
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