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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen
Autoren: R. J. Anderson
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Haare. »Du meinst, Malve hat dir nichts gesagt? Das ist aber gar nicht nett von ihr! Es wird ihr noch leid tun, wenn …«
    »Fertig?«, fragte Hasenglöckchen hinter ihnen. Bryony drehte sich um. Die königliche Kammerdienerin stand in der Tür und klopfte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden.
    »Ich wollte ihr gerade die Haare aufstecken. Egal.« Winka reichte Bryony zwei Schlüpfschuhe.
    Bryony bückte sich, um die Schuhe überzustreifen. Sie waren wie das Kleid zu klein, aber es musste gehen. Winka schob sie zu Hasenglöckchen, die sie prüfend von oben bis unten betrachtete und dann seufzte. »Na ja, es geht eben nicht anders. Hier.« Sie gab Bryony eine lange, flaumige Feder.
    »Wozu ist die?«, fragte Bryony.
    »Die gibst du Ihrer Majestät«, sagte Hasenglöckchen. »Das gehört zum Zeremoniell. Jetzt beeil dich!«
     
    Am Eingang des Audienzsaals blieb Bryony stehen und blickte zu den prächtigen Teppichen hinauf, die von den Balken herunterhingen. Obwohl vom Alter verschlissen, leuchteten ihre kunstvoll verschlungenen Muster mit Vögeln und Blumen in den herrlichsten Farben. Keine noch lebende Fee wusste, wie man solche Farbenerzeugte, geschweige denn vergleichbare Muster zeichnete. Bryony spürte bei ihrem Anblick einen Kloß im Hals. Wie hatten diese Kunstfertigkeit und so viele andere schöpferische Fähigkeiten ihres Volkes für immer verloren gehen können? Es schien so verkehrt.
    Hasenglöckchen räusperte sich an ihrem Ohr laut und rief: »Ihre huldreiche Majestät Königin Amaryllis bittet ihre Untertanin, näher zu treten.«
    Am anderen Ende des hohen Gewölberaums erhob sich ein halbrundes Podest. Darauf stand ein mit Rankenmustern verzierter Sessel und auf dem Sessel saß die Königin des Eichenvolks. Ihr seidenes Gewand lag in Falten um ihre Füße ausgebreitet. Ihre Haare hatten die Farbe des Honigweins und wurden von einem smaragdbesetzten Reif bekrönt. Sie hatte ein anmutiges Gesicht, doch zeigte es keinerlei Gefühlsregung, und ihre Augen blickten den Ankömmlingen kalt entgegen.
    »Geh zu ihr«, flüsterte Hasenglöckchen und gab Bryony einen Stoß.
    Bisher war Bryony merkwürdig gefasst gewesen. Nachdem sie die Königin die Gärtnerin weiß wie lange hatte warten lassen und dann mit nassen Haaren und schlecht sitzendem Kleid erschienen war, hatte sie das Gefühl gehabt, dass ihre Lage überhaupt nicht schlimmer werden konnte. Doch jetzt fiel ihr plötzlich ein, warum sie hier war, und dass sie unbedingt Sammlerin werden wollte. Und sie stolperte schon beim ersten Schritt.
    Ein Raunen lief durch den Raum und Bryonys Wangen glühten vor Scham. Trotzig straffte sie die Schultern und ging weiter. Die Feder hielt sie vor sich hin. Bloß nicht die Spülküche, betete sie stumm, lieber alles andere … Zu Malve in die Lehre gehen zu müssen wäre noch viel schlimmer gewesen als die Enttäuschung, nicht Sammlerin werden zu können.
    Sie war am Ende des Teppichs angekommen, da sprach die Königin. Ihre Stimme klang unnahbar.
    »Knie nieder.«
    Bryony fiel auf die Knie. Die Naht unter ihrer Achsel riss, und sie zuckte zusammen. Sie spürte den forschenden Blick der Königin auf sich, und ihr war unbehaglich zumute.
    »Willst du mit dem heutigen Tag in meine Dienste treten?«, fragte Königin Amaryllis.
    »Jawohl«, antwortete Bryony.
    »Gib ihr die Feder«, zischte Hasenglöckchen. Bryony stand ungeschickt auf, trat vor den Thron und hielt der Königin die Feder hin.
    »Ich nehme deine Dienste an«, sagte Amaryllis. »Gibst du mir deine Ehre?«
    Bryony wusste nicht genau, was sie damit meinte, aber es klang harmlos. »Ja«, sagte sie.
    »Ich nehme deine Ehre an«, sagte die Königin. Sie senkte die Stimme. »Und gibst du mir … deinen Namen?«
    Bryony erstarrte. Zusätzlich zu dem von der Eimutter geerbten Gebrauchsnamen wurde jede Fee mit einem geheimen Namen geboren, der nur ihr gehörte – wer diesen Namen kannte, konnte vollständig über sie gebieten. Sicherte die Königin sich auf diese Weise die Treue ihrer Untertanen? War es Verrat, den Namen nicht zu nennen?
    Nur eine einzige Antwort fiel ihr ein, mit der sie die Schwierigkeit umgehen konnte. Ihre Stimme zitterte. »Ich heiße Bryony, Majestät.«
    Ein leises Seufzen lief durch den Saal, und Amaryllis lehnte sich mit einem unergründlichen Lächeln zurück. »Ich nehme deinen Namen an. Doch jetzt rufe ich die Weisheit des Blickes auf, denn ich will dir die Art deines Dienstes verkünden.«
    Eine lange Pause entstand, und die
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