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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen
Autoren: R. J. Anderson
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zur Zufriedenheit der Königin verrichtete, hatte sie eine eigene kleine Kammer am Fuß der Wendeltreppe bekommen. Dort musste sie Aufgaben übernehmen, welche die älteren Feen ihr auftrugen, bis sie alt genug war, eine eigenständige Beschäftigung zu bekommen.
    Sie hatte vom Kämmen der Kaninchenwolle bis zum Ausheben neuer Latrinengruben die verschiedensten Arbeiten ausgeführt. Die ganze Zeit stand ihr freilich ein Ziel unverrückbar vor Augen: sie wollte Sammlerin werden. Sammlerinnen arbeiteten hart, wie sie wusste, und hatten keine Zeit für Ausflüge. Außerdem war die Arbeit gefährlich. Feen mit einem Korb auf dem Rücken waren, wenn sie nicht aufpassten, für Raubtiere leichte Beute. Doch Bryony wollte das alles liebend gern in Kauf nehmen, solange sie nur wieder draußen sein konnte.
    Die Auswahlkriterien für Sammlerinnen waren weniger der Verstand als vielmehr Kraft und Ausdauer, doch Bryony meinte genug von beidem zu besitzen, um als Kandidatin in Frage zu kommen. Die Frage war nur: Dachte die Königin genauso? Oder würde sie mit ihrem magischen Blick eine andere Aufgabe auswählen, mit der sich Bryony dann eben abfinden musste?
    Bryony beschäftigte sich noch nicht lange mit solchen Fragen, denn sie war bisher noch zu jung für die Arbeit einer erwachsenen Fee gewesen. Doch im Winter war sie wie ein Schössling in die Höhe geschnellt und ihr magerer, kindlicher Körper war kräftiger geworden. Inzwischen überragte sie alle anderen Bewohner der Eiche um eine Fliegenlänge. Sie hatte sich angestrengt und gezeigt, dass sie vor keiner noch so unangenehmen Arbeit zurückschreckte. Die Königin konnte sie jederzeit zu einer Audienz rufen. Bryony war bereit.
    Sie wandte sich wieder ihrer Aufgabe zu und schrubbte die Fliesen mit ihrer Bürste. Noch eine Stunde, dachte sie, dann war sie fertig. Dann wollte sie baden und sich in der Bibliothek ein Buch aussuchen als Belohnung dafür, dass sie wieder einmal eine erniedrigende Hausarbeit Malves zufriedenstellend erledigt hatte.
    »Bryony! Wo bist du?«
    Gedämpft klang die Stimme draußen durch den Gang. Hasenglöckchenrief sie. Lauschend hob Bryony den Kopf. Wenn die Kammerdienerin der Königin sie suchte …
    »Da bist du ja!«, Hasenglöckchen eilte in den Speisesaal. »Was machst du hier? Die Küche ist leer, und wir warten alle schon ewig auf dich! Malve sagte, sie hätte dir meine Nachricht vor einer Stunde ausgerichtet.«
    Das ist wieder mal typisch, dachte Bryony verärgert. Die Chefköchin freute sich bestimmt insgeheim darüber, dass sie den Boden putzen musste, während sie sich eigentlich auf den wichtigsten Augenblick ihres Lebens hätte vorbereiten sollen. Sie warf die Bürste in den Eimer und stand auf.
    »Ach du liebe Gärtnerin«, rief Hasenglöckchen. »In diesem Zustand kannst du der Königin nicht unter die Augen treten!« Sie schob Bryony zur Tür. »Ab ins Bad und dann zu Winka. Beeilung!«
    Zeit für lange Erklärungen war keine. Bryony sprang im Laufschritt über einige Tische und rannte draußen den Gang zur Badekammer entlang. Das Wasser in der großen Wanne war kalt. Bryony biss die Zähne zusammen, stieg hinein und schrubbte an dem Dreck unter ihren Fingernägeln. Sie seifte sich ein, wusch sich die Haare, stieg aus der Wanne, wickelte sich in ein Handtuch und eilte den leeren Gang zurück und die Wendeltreppe hoch. Dabei nahm sie immer zwei Stufen auf einmal. Atemlos und tropfend traf sie vor Winkas Tür ein.
    Sie hatte kaum geklopft, da flog die Tür schon auf, und zwei Hände zogen sie hastig nach drinnen. »Ich dachte schon, du würdest überhaupt nicht kommen!«, sagte Winka. »Schnell, zieh das an!« Sie drückte Bryony einen weißen Unterrock und ein distelfarbenes Kleid aus einem seidenartigen Stoff in die Arme.
    Bryony schlüpfte in den Unterrock und dann in das Kleid, das nach Staub und Rosenblüten roch. Der feine Stoff war federleicht. Das Kleid hatte Puffärmel und einen tiefen, eckigen Ausschnittund fiel in losen Falten von der Hüfte zu den Knöcheln hinunter.
    »Es ist zu kurz.« Winka ging um Bryony herum und zupfte das Kleid aufgeregt zurecht. »Ich habe es befürchtet, obwohl ich es ausgelassen habe – aber Luft bekommst du, ja?« Bryony atmete ein. »Aber nicht zu tief«, warnte Winka hastig, »sonst platzen die Nähte und Pechnelke macht mir ewig Vorwürfe. Warum hast du so lange gebraucht?«
    »Ich wusste nicht, dass ich kommen sollte«, sagte Bryony.
    Winka nahm einen Kamm und bearbeitete damit Bryonys
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