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Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Lydia Joyce
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Handbewegung Raeburn Courts verweisen und sie stotternd stehen lassen, während man sie fortscheuchte. Er ertränkte einen Anflug von schlechtem Gewissen mit einem neuerlichen Schluck Scotch. Er war zu alt und zu zynisch für moralische Bedenken, und abgesehen davon machte ihre Herkunft sie schuldig. Es fiel schwer zu glauben, dass sie mit ihrem Bruder den Namen teilte, nicht aber den Charakter – beziehungsweise dessen Fehlen.
    Sie schien nicht geneigt, das Schweigen zu durchbrechen, also räusperte er sich.
    »Meine liebste Lady Victoria«, sagte er in beleidigend vertraulichem Tonfall.
    Sie zog die Brauen zusammen, und er lehnte sich in Erwartung einer selbstgefälligen, beleidigten Erwiderung zurück.
    »Mein liebster Duke«, antwortete sie stattdessen mit einer kehligen Stimme, die mindestens doppelt so suggestiv wie seine war und ihm, ohne den Verstand zu konsultieren, direkt in die Lenden schoss.
    Byron fuhr kerzengerade hoch, bevor er sich noch bremsen konnte. Sein Interesse war entfacht, und es war eine sehr lange Zeit her, seit er so empfunden hatte. Lust, ja; ein Mann seines Alters konnte sich nicht den wohlverdienten Ruf erwerben, ein zügelloser Lebemann zu sein, ohne oftmals Lust zu empfinden – und diesem Drang auch des Öfteren nachzugeben. Aber das hier war etwas anderes. Das hier war echtes Interesse. Er war mittlerweile so abgestumpft, dass er fast vergessen hatte, wie es sich anfühlte.
    »Ich vermute, ich muss Ihnen nicht erklären, weswegen wir uns hier treffen«, murmelte er und studierte die Lady eingehend. Lag da eine zarte Röte auf den farblosen Wangen, fast unsichtbar im trüben Licht der Kohlen? Er probierte es aus. »Zusammen. Allein.«
    Die Röte vertiefte sich. Es war kein Zornesanflug, obwohl er auch davon eine Spur entdeckte, jetzt, wo er genauer hinsah. Es war die absolut körperliche, lüsterne Reaktion auf seine Andeutungen, das langsame Ausbreiten von Hitze, die sich vom Rand des züchtigen Kleiderkragens bis zum Haaransatz zog. Nicht nur ihre Stimme strafte die prüde Fassade Lügen.
    »Eine solche... Taktlosigkeit ist schwerlich nötig«, sagte sie. Ihre ungewöhnlich hellblauen Augen flackerten blind über sein Gesicht. »Euer Gnaden«, setzte sie, wie einen nachträglichen Einfall, hinzu.
    Sie faszinierte ihn mehr und mehr. Er beugte sich in seinem Sessel nach vorn. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie kommen würden«, hörte er sich eingestehen.
    Lady Victoria schnaubte, ein sonderbar gekünstelter Laut, wenn eine derart samtene Stimme darauf folgte. »Natürlich nicht. Deshalb bin ich ja hier.« Sie setzte sich tiefer in den Stuhl zurück und entspannte sich ein wenig.
    Katzenhaft, geschmeidig und befriedigt, dachte Byron. Sie gräbt sich für die Schlacht ein. Er zog die Augenbrauen zusammen und beschloss, die Taktik zu wechseln und ungehobelt loszuschlagen. »Ich habe Ihnen nichts versprochen.«
    »Was genau das ist, was Sie bekommen werden, wenn Sie Ihren törichten Plan weiterverfolgen.« Sie hatte weder die Stimme erhoben, noch klangen ihre Worte scharf, doch Byron hörte unter dem Samt den Stahl heraus.
    Die Katze hat Krallen , registrierte er sonderbar erfreut. »In welcher Hinsicht?«
    Lady Victoria lächelte langsam, nicht jenes überhebliche Lächeln, das ihr bis jetzt im Gesicht geklebt hatte, sondern ein aufrichtiges, wenn auch maliziöses Lächeln.
    Es verwandelte sie abrupt und besorgniserregend. Trotz der boshaften Note erhellte das Lächeln ihr Gesicht und tilgte die harten, wenig schmeichelhaften Züge. Wäre es ein glückliches Lächeln gewesen, Byron hätte Victoria beinahe... schön gefunden. Der Gedanke überraschte ihn. Er hatte seine Zuneigung immer demokratisch verteilt, hatte mit den Schönen und den Hausbackenen geschlafen, je nach Stimmung, aber er hatte sich immer seines feinen Sinns für Ästhetik gerühmt, wenn es darum ging, den objektiven Wert zu beurteilen. Lady Victoria war modisch groß, ja, aber ihr Haar war glatt und blass und ihre Figur – er runzelte die Stirn. Eingezwängt in dieses grässliche Kleid und ein mutmaßlich ebenso grässliches Korsett, ließ sich über ihre Figur nur sagen, dass sie schlanker war, als es Mode war. Doch aus irgendeinem Grund widerte ihn der Gedanke an ihre schrecklichen Unterkleider nicht an, sondern ließ ihn perverserweise neugierig werden.
    Sie lachte auf, ein harter, gekünstelter Laut – er war überzeugt, dass ihr richtiges Lachen so üppig und voll wie ihre Stimme klang. Sie bog dabei den Kopf
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