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Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm

Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm

Titel: Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm
Autoren: Åsa Larsson
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verschränkt er hinter dem Nacken die Hände. Curt liegt zwischen ihnen. In der Stille, die einkehrt, jetzt, wo die Tür den Sturm wieder aussperrt, hören sie Curts röchelnden Atem. Als kurzes, keuchendes Zischen.
    Sie legt den Kopf in den Nacken. Müde. Schrecklich müde.
    »Und jetzt«, sagt sie zu Vesa Larsson, »wirst du mir alles erzählen. Solange du redest und bei der Wahrheit bleibst, lasse ich dich am Leben.«
     
    »Sanna Strandgård kam zu mir«, sagt Vesa mit heiserer Stimme.
    »Sie war … in Tränen aufgelöst. Ja, ich weiß, dass das ein alberner Ausdruck ist, aber du hättest sie mal sehen sollen.«
    Ich kann sie mir sehr gut vorstellen, denkt Rebecka. Die Haare offen, wie eine Löwenzahnblüte. Keiner stehen Rotz und Tränen besser als ihr.
    »Sie sagte, Viktor habe sich an ihren Kindern vergriffen.«
    Rebecka schielt zu den Mädchen hinüber. Sie sind noch immer ans Bett gefesselt und haben Stofffetzen im Mund. Sie hat Angst, das Bewusstsein zu verlieren, wenn sie zu ihnen kriecht. Und wenn sie Vesa befiehlt, sie loszubinden, kann er ihr die Waffe aus den Händen treten. Sie muss noch warten.
    Sie atmen. Sie leben. Und bald wird ihr einfallen, was sie zu tun hat.
    »Inwiefern vergriffen?«
    »Das weiß ich nicht, eine Bemerkung von Sara hat ihr das klargemacht. Ich habe es nicht richtig verstanden. Aber ich habe versprochen, mit Viktor zu reden. Ich …«
    Verwirrt verstummt er.
    Sie verwirrt die Menschen, denkt Rebecka. Lockt sie in den Wald und verzaubert den Kompass.
    »Ja?«
    »Was war ich für ein Idiot«, jammert er. »Ich habe ihr geraten, sich nicht an Polizei oder Behörden zu wenden. Sie hatte mit Patrick Mattsson gesprochen. Den habe ich angerufen und ihm gesagt, Sanna habe sich geirrt. Ich habe ihm mit dem Ausschluss aus der Gemeinde gedroht, wenn er nicht den Mund hält.«
    »Weiter«, sagt Rebecka ungeduldig. »Hast du mit Viktor gesprochen?«
    Die Waffe wird schwerer und schwerer, wie sie da über ihren Beinen liegt.
    »Er wollte nicht auf mich hören. Es gab überhaupt kein Gespräch. Er beugte sich über meinen Schreibtisch und drohte mir. Sagte, meine Tage als Pastor bei dieser Gemeinde seien gezählt. Und er habe nicht vor, zuzusehen, wie die Pastoren die Gelder der Gemeinde in die eigene Tasche steckten.«
    »Meinte er die Firma?«
    »Ja, als wir VictoryPress gegründet haben, hielt ich alles für korrekt. Genauer gesagt, habe ich mir da weiter keine Gedanken gemacht, so war das. Ein Unternehmer in der Gemeinde hat uns den Tipp gegeben. Er sagte, das sei absolut legal. Wir haben die Kosten der Firma geltend gemacht und vom Staat die Mehrwertsteuer zurückbekommen. Natürlich hat die Gemeinde uns unter dem Tisch Geld für die Investitionen gegeben, aber in unseren Augen gehörte alles, was der Firma gehörte, eben der Kraftquelle. Ich hatte nicht das Gefühl, irgendwen zu betrügen. Erst als ich meine Schweigepflicht brach und Thomas von Sannas Verdacht und Viktors Drohungen erzählte, ging mir auf, dass wir übel dran waren. Thomas hatte Angst. Verstehst du? Innerhalb von drei Stunden geriet meine ganze Welt ins Wanken. Viktor war aggressiv und für Kinder eine Gefahr. Und dabei hatte er Kinder immer geliebt. Hatte in der Sonntagsschule geholfen und dann … Mir wurde richtig schlecht. Und Thomas hatte Angst. Wo er doch sonst immer der reinste Fels war. Und ich war zum Verbrecher geworden. Kann ich die Hände aus dem Nacken nehmen? Mir tun schon die Schultern und der Kopf weh.«
    Sie nickt.
    »Wir beschlossen, gemeinsam mit ihm zu reden«, sagt Vesa nun. »Thomas sagte, Viktor brauche Hilfe, und diese Hilfe könne die Gemeinde ihm geben. Und an jenem Abend …«
    Er verstummt, und beide blicken zu Curt hinüber, der zwischen ihnen auf dem Boden liegt. Der Flickenteppich unter ihm hat sich rot gefärbt. Sein Atem geht von pfeifendem Röcheln in ein leises Zischen über. Und dann hört er auf zu atmen. Verstummt.
    Vesa Larsson starrt ihn an. Seine Pupillen weiten sich vor Angst. Danach mustert er Rebecka und das Gewehr auf ihren Knien.
    Rebecka fallen die Augen zu. Sie fühlt sich müde und gleichgültig. Vesas Geschichte scheint sie nichts mehr anzugehen. Aber jetzt braucht sie ihn nicht mehr zum Reden aufzufordern. Er redet wie ein Wasserfall drauflos.
    »Viktor wollte nicht auf uns hören. Er sagte, er habe gefastet und gebetet und sei zu dem Schluss gekommen, dass in der Gemeinde eine Reinigungsaktion angesagt sei. Plötzlich waren wir die Angeklagten. Er nannte uns
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