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Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm

Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm

Titel: Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm
Autoren: Åsa Larsson
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…«
    »Ich weiß«, jammert sie. »Vergib mir!«
    Komm näher.
    »Und jetzt?«, weint sie. »Liebst du mich jetzt?«
    Sein Gesicht wird hart wie Stein.
    »Du hast mein Kind ermordet.«
    Der Mann, der nur Töchter hat. Und sich einen Sohn wünscht.
    »Ich weiß. Ich denke jeden Tag an ihn. Aber es war nicht …«
    Sie dreht den Kopf zur Seite und hustet und presst die Hand auf den Bauch. Dann schaut sie ihn wieder an.
    Da liegt er. Sie hat ihn gesehen. Dreißig Zentimeter von ihrem Kopf entfernt. Der Stein, auf den Lova »Tjapp« geschrieben hat. Jetzt ist Thomas nahe genug. Zugreifen und zuschlagen. Nicht nachdenken. Nicht zögern. Zugreifen und zuschlagen.
    »Es gab noch einen anderen. Es war nicht d…«
    Ihre Stimme erstirbt in einem erschöpften Flüstern. Er reckt den Hals, um besser hören zu können. Wie ein Fuchs, der unter dem Schnee Wühlmäuse vermutet.
    Sie lässt ihre Lippen Wörter formen, die er nicht hören kann.
    Endlich beugt er sich über sie. Nicht zögern, bis drei zählen.
    »Bete für mich«, flüstert sie ihm ins Ohr.
    Eins.
    »Du warst nicht der Einzige, mit dem ich …«
    Zwei.
    »Es war nicht dein Kind.«
    Drei!
    Er erstarrt für eine Sekunde, und das reicht. Ihre Hand schnellt wie eine Kobra vor und packt den Stein. Sie kneift die Augen zusammen und schlägt mit aller Kraft zu. Gegen seine Schläfe. In Gedanken sieht sie den Stein wie ein Geschoss seinen Kopf und dann die Wand durchschlagen. Aber als sie die Augen öffnet, hält sie den Stein noch immer in der Hand. Thomas liegt neben ihr auf der Seite. Vielleicht versuchen seine Hände, seinen Kopf zu schützen, sie weiß es nicht so genau. Sie kniet bereits vor ihm und schlägt wieder zu. Und noch einmal. Immer auf den Kopf.
    Jetzt reicht es. Jetzt eilt es.
    Sie lässt den Stein los und versucht, auf die Beine zu kommen, aber ihre Beine wollen sie nicht tragen. Sie kriecht zur Ecke neben der Tür. Neben der Axt steht Curt Bäckströms Gewehr. Sie müht sich auf Knien und der rechten Hand dahin. Die linke Hand presst sie auf ihren Bauch.
    Wenn sie es nur rechtzeitig schafft. Wenn die anderen jetzt hereinkommen, ist alles verloren.
    Sie bekommt die Waffe zu fassen. Richtet sich auf die Knie auf. Macht sich am Gewehr zu schaffen. Ihre Hände zittern und fühlen sich hilflos an. Sie lockert den Sicherungsflügel. Öffnet die Waffe. Sie ist geladen. Sie schließt sie wieder und entsichert. Rutscht in die Mitte der Hütte zurück. Die Flickenteppiche zeigen schon rote Blutflecken. Flecken, groß wie Einkronenstücke, die Rebecka selbst hinterlassen hat. Verschwommene Spuren der rechten Hand, die den Stein gehalten hat.
    Wenn die anderen um die Hütte herumgehen, können sie sie durch das Fenster sehen. Aber das tun sie nicht. Warum sollten sie hin und herlaufen? Ihr wird schlecht. Sie darf sich jetzt nicht übergeben. Wie soll sie es nur schaffen, das Gewehr festzuhalten?
    Sie schiebt sich weiter zurück, in einer Art halb sitzender Haltung, die eine Hand auf den Bauch gedrückt. Sie schiebt die andere Hand auf den Tisch zu und stößt sich mit den Beinen ab. Packt das Gewehr und zieht es hinter sich her. Lehnt den Rücken ans Tischbein. Die Beine ein wenig angezogen. Legt sich das Gewehr gegen den Oberschenkel und lässt es auf die Tür zielen. Und wartet.
    »Ganz ruhig«, sagt sie zu Lova und Sara, ohne die Tür aus den Augen zu lassen. »Schlaft ein bisschen und macht euch keine Sorgen.«
    Curt kommt als Erster wieder herein. Schräg hinter ihm kann sie Vesa sehen. Curts Blick fällt auf das Gewehr in Rebeckas Hand. Er registriert die beiden schwarzen Löcher, die sich auf ihn richten. Im Bruchteil einer Sekunde ändert sich sein Gesichtsausdruck. Sein Ärger über Kälte, Wind und die starre Plane weicht – nicht der Angst, sondern etwas anderem. Zuerst der Erkenntnis, dass er ihr das Gewehr nicht abnehmen kann. Dann trübt sich sein Blick. Wird ausdruckslos und leer.
    Sie hebt die Waffe, und der Rückstoß bricht ihr eine Rippe, als sie ein Loch in Curts Bauch sprengt. Er fällt in der Tür rückwärts um. Schnee wirbelt durch die Öffnung.
    Vesa steht wie erstarrt da. Er scheint nur noch ein stummer Schrei zu sein.
    »Rein«, brüllt sie und zielt mit dem Gewehr auf ihn. »Und nimm ihn mit. Setzen!«
    Er gehorcht und geht vor der Tür in die Hocke.
    »Auf den Hintern«, befiehlt sie.
    Er fällt auf sein Hinterteil. Sein Overall ist schwer und nass. So leicht wird er nicht mehr auf die Füße kommen. Ohne, dass sie etwas gesagt hätte,
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