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Ravinia

Titel: Ravinia
Autoren: Thilo Corzilius
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Unbeherrschtheit. Doch weiter kam er nicht, denn Winter hob auch die zweite Hand und ließ Tom kurz darauf ebenso in der Luft schweben wie vorher Lara.
    Â»Wie heißen Sie eigentlich wirklich? Tom ist doch nicht Ihr Geburtsname, oder?«
    Â»Ich denke, auf der Liste der Leute, die mir für dieses Wissen vertrauenswürdig genug erscheinen, stehen Sie an allerletzter Stelle«, presste Tom zwischen den Zähnen hervor.
    Â»Auch gut, dann sterben Sie als Namenloser, denn wie wäre es, wenn ich mit Ihnen anfange?«, schlug Roland Winter mit sadistischer Freude in der Stimme vor.
    Er bewegte den Arm, als steuere er Tom, und tatsächlich schwebte dieser einen kurzen Moment später direkt über dem Rundgang, dort, wo auch schon Baltasar hinuntergefallen war.
    Â»Es wäre doch ein Jammer, wenn ich den besten Schlüsselmacher der Welt aus dem Weg räumen müsste«, befand Winter. »Also?«
    Â»Nein!«, schrie Lara. »Lassen Sie ihn, ich –«
    In diesem Moment fiel Tom hinunter, während Lara gleichzeitig zurück auf den Boden fallen gelassen wurde.
    Ein lautes Krächzen rauschte an ihrem Ohr vorbei, und als sie die Augen aufschlug, begriff sie, dass es ein Rabe war, der über sie hinwegfegte. Im Schnabel hatte er etwas silbrig Glänzendes.
    Â»Argh«, fluchte Winter und streckte seine Hand aus, doch Lara trat ihm gegen das Schienbein. Der Rabe geriet ins Schlingern, konnte sich aber in der Luft halten.
    Der Wirbelsturm um sie herum schien plötzlich an Kraft zu verlieren.
    Â»Ãœberraschung«, rief da plötzlich eine Stimme hinter Roland Winter.
    Marcion stand dort mit wehendem Flickenmantel und hieb Ma’Haraz ohne Vorwarnung die Faust ins Gesicht. Der geriet ins Torkeln und fiel überrascht hin.
    Ã„rgerlich wischte Winter mit der Hand durch die Luft. Doch der Windstoß war lange nicht so kräftig wie derjenige, der Baltasar umgebracht hatte. So fiel Marcion auf die Seite und rollte über den Rand des Circle, nur um sich im letzten Moment an dessen oberem Rand festzuhalten.
    So hing er nun direkt neben Tom, der sich verzweifelt an der Kante festklammerte.
    Â»Die Kette!«, brüllte Winter hinter dem Raben her. »Ma’Haraz, ich brauche die Kette.«
    Lara merkte, wie das Haar von Winter seinen schwarzen Glanz verlor und langsam ergraute. Plötzlich konnte sie sich denken, was an der Kette hing, die der Rabe im Auge des Sturms mit sich herumtrug, sie wusste nur noch nicht, wie sie in Winters Besitz gekommen sein konnte. Aber das war auch nicht wichtig.
    Ma’Haraz warf eine Kristallkugel auf den Boden, und ein Lichtgeist entstieg ihr und feuerte direkt auf den Raben zu, der zwar mit einer hastigen Rolle auswich, aber dennoch gestreift wurde.
    Â»Gut gemacht«, lobte Winter, aber es klang schon leicht verzerrt. »Valerius, hol mir die Kette!«
    Die beiden Klingen der Nachtwächter kreuzten sich ein weiteres Mal, dann verpasste Valerius Geneva einen Tritt, der sie in den nächsten Busch katapultierte, und rannte los, dorthin, wo der Vogel abzustürzen drohte.
    Doch war auf der anderen Seite des Circle jemand ganz anderes zur Stelle, und er fing den trudelnden Raben sanft mit beiden Armen auf, legte ihn schnell ab und nahm die Kette mit dem schillernden Anhänger an sich. Ein Zippo-Feuerzeug blitzte auf, als es aus seiner Jackentasche in seine Finger wirbelte, und die Benzinflamme fraß an der gefrorenen Melodie, die an der Kette befestigt war.
    Roland Winter schrie auf, als er in Windeseile zerfiel, dann legte sich der Wirbelsturm um den Circle of Lebanon schlagartig.
    Doch seine beiden Begleiter waren professionell genug, um die Situation in Sekundenschnelle zu erfassen.
    Valerius drehte auf der Stelle ab, zurück zum zusammenbrechenden Roland Winter.
    Lee Crooks hingegen atmete erleichtert auf, während die letzten Reste des durch die Verbindung mit der Melodie steif gewordenen Synästhesins mit dem Regen auf den Boden tropften.
    Ma’Haraz entließ einen weiteren Lichtgeist mit einem blendenden Blitz aus seinem Gefängnis. Valerius packte den erbärmlich schwachen Roland Winter und hastete mit ihm und Ma’Haraz zusammen die Treppe hinunter.
    Doch Geneva, Hermann Falter und Lara hatten sich aufgerappelt und verfolgten sie, so schnell ihre Füße sie trugen.
    Bevor sie die Egyptian Avenue erreichten, übergab Valerius den dahinsiechenden Roland Winter an Ma’Haraz.
    Valerius
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