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Ravinia

Titel: Ravinia
Autoren: Thilo Corzilius
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schwarzem Loden, länger noch als Toms Mantel. Auch seine Haare waren schwarz wie die Nacht, aber nicht zerzaust, sondern lagen mit einem ordentlichen Scheitel an. Dicke, etwas zu buschige Augenbrauen zogen sich über das Gesicht, auf dem sich ein Lächeln zeigte, das jenseits aller Süffisanz oder Selbstzufriedenheit lag. Es war die Kälte und Grausamkeit in Person.
    Um seinen Hals lag eine feingliedrige silberne Kette, an der ein schimmernder Stein hing, direkt über einem schlichten, aber eleganten dunklen Anzug.
    Hinter ihm traten zwei weitere düstere Männer hervor. Meister Ma’Haraz und Valerius Julianus, der diesmal besser vorgesorgt hatte als bei ihrer letzten Begegnung auf dem alten Fabrikgelände, denn über seinem Rücken hing ein Köcher, der demjenigen von Geneva auf erschreckende Weise glich.
    Â»Nein, nein! Das kann nicht – das darf nicht …«, Elisabeth Joel fing völlig unkontrolliert an zu schreien und zu wimmern. Sie sank auf die Knie und fuhr sich mit den Händen wirr über Gesicht und Haar.
    Lara schluckte. Sie hatte sich Roland Winter älter vorgestellt, aber das lag vielleicht an der Methode, die ihm die Regeneration ermöglicht hatte. Aber eines war gewiss. So gewiss, dass Lara es beinahe am eigenen Leib spüren konnte. Winter verströmte seelische Dunkelheit wie ein schlechtes Parfüm.
    Â»Du widerlicher Bastard. Was willst du denn noch? Hat es dir nicht gereicht, sie in den Wahnsinn zu quälen?«, schrie Baltasar über den Regen hinweg, der angefangen hatte, in spindeldürren, seidenen Bindfäden vom Himmel zu fallen.
    Winter hob eine Augenbraue.
    Â»Baltasar Quibbes«, sagte er mit einer Stimme, die tiefer und wärmer klang, als es einer erkalteten Seele wie der Winters zugestanden hätte.
    Â»Zugegeben, ich habe euch alle das letzte Mal erheblich unterschätzt«, sinnierte er leise, und trotzdem reichte allein die Präsenz seiner Stimme, um sie über den Circle of Lebanon und durch den Regen zu ihnen hinüberzutragen.
    Â»Irgendjemand wird dir immer einen Strich durch die Rechnung machen«, rief Baltasar.
    Winter schüttelte den Kopf.
    Â»Das ist jetzt vorbei, alter Mann«, sagte er, hob den Arm und machte eine wegwischende Handbewegung.
    Augenblicklich wurde Baltasar von einer immensen Böe ergriffen und mit einem markerschütternden Schrei gegen ein marmornes Kreuz geschleudert. Das Geräusch seines Körpers, der gegen den kalten Stein klatschte, fuhr Lara durch Mark und Bein, während sie vor Schreck die Hände vor den Mund schlug. Der Schrei des alten Mannes verstummte augenblicklich, als der Windstoß ihn von dem Grabstein abprallen ließ und er schließlich leblos in den Circle of Lebanon hinabfiel.
    Â»Nein!«, schrie Tom, stürzte zum steinernen Rand des Monumentes und blickte fassungslos in den Circle hinab, dorthin, wo Baltasar Quibbes’ Körper verrenkt im Schlamm lag. »Nein!«
    Entsetzen spiegelte sich auf seinem Gesicht wider, während er durch den Regen, der in seine Augen lief, zu Winter hinüberblinzelte.
    Schließlich war es Lara, die sich ein Herz fasste.
    Â»Was wollen Sie?«, rief sie zu Winter hinüber und wurde sich erst viel zu spät dessen bewusst, dass dies durchaus ihre letzten Worte hätten sein können.
    Roland Winter hingegen hatte sich in Bewegung gesetzt und schlenderte gemächlich in ihre Richtung. Dabei stieg er ohne jeden Respekt über die alten Gräber hinweg und beschrieb mit beiden Armen einige rudernde Bewegungen vor sich.
    Augenblicklich geriet um den Circle of Lebanon herum die Luft in Bewegung. Erst langsam, dann sehr viel schneller, und ehe Lara sich’s versah, toste eine riesige Windhose um den Circle herum.
    Roland Winter streckte die Arme aus, als würde er im Wind fliegen können, und lachte boshaft in den Sturm hinein, den er heraufbeschworen hatte.
    Â»Lara McLane!«, er lachte wieder. »Ich bin dir zu Dank verpflichtet, junge Schlüsselmacherin. Ohne dich würde ich immer noch in einem Bild vor mich hin faulen.«
    Elisabeth Joel ließ den Blick ruckartig zu Lara wandern.
    Â»Nein!«, fuhr sie das Mädchen an. »Nein, sag, dass du das nicht getan hast!«
    Winter machte eine Handbewegung, und die alte Frau fiel rückwärts in das schlammige Gras.
    Â»Doch, meine Liebe. Doch, das hat sie«, lachte Winter. »Und deshalb werde ich auch ihre Frage
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