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Raus aus dem Har(t)z IV!

Raus aus dem Har(t)z IV!

Titel: Raus aus dem Har(t)z IV!
Autoren: Diana Meier
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Kleiderordnung. Ich steckte Wutentbrannt den Umschlag in den Kasten der türkischstämmigen Mitbewohnerin in diesem Haus und ging mit einem noch größeren Groll im Magen die Treppen hinauf zu meiner Wohnung. Dieser Tag war nicht mein Tag.
    ***

 
    Der Weihnachtstag ist gekommen und damit der Tag, des gemeinsamen Essens, zu dem ich mich an jenem Tag im Supermarkt habe hinreißen lassen. Aber es hatte auch etwas Gutes. Ich selbst hatte keine weitere Familie mehr und so wäre ich nicht ganz so allein an diesem Tag. Irgendwie hat Weihnachten ja auch die Bedeutung, dass man nicht allein sein sollte und den Tag mit seinen Lieben verbringt. Gut, weder Stefan, Tobias noch Michael waren mir so vertraut geworden, dass ich sie bewusst zu meinen „Lieben“ zählen würde, aber in den Telefonaten in den vergangenen Tagen kamen sie schon mal ein wenig näher an mich heran. Obwohl ich immer noch nicht ganz sicher bin, ob dieses gesteigerte Kommunikationsbedürfnis der Drei, die mich im Wechsel nahezu täglich in den vergangenen Tagen anriefen, damit zusammenhing, dass sie nur sicher gehen wollten, eine warme Mahlzeit zu erhalten die nicht aus der Dose oder der Mikrowelle kam oder ob ich wirklich so etwas wie eine entfernte Freundin für die drei jungen Männer geworden bin. Sie waren immerhin alle in den Mitt- Dreißigern und ich schon über vierzig. Aber warum immer das Schlechte im Menschen suchen. Es wird schon alles seine Richtigkeit haben. Und wenn nicht, so habe ich den Abend zumindest nicht allein mit dem Fernseher verbracht. Als Essen suchte ich eine Gans aus. Weihnachtsgans, hatte ja etwas Traditionelles und wenn man schon ein Essen gibt, dann doch richtig. Ich hatte mal gelesen, wie man so ein Tier zubereitet und hoffte, mich an die einzelnen Schritte noch in richtiger Reihenfolge erinnern zu können. Dazu eine Preiselbeersauce. Die gab es im Angebot und was nicht alle werden würde, konnte man Silvester in die Bowle kippen, wenn man sich mit reichlich Alkohol im Blut vollkommen benebelt und weggeschossen vornimmt, das nächste Jahr würde es sein: Das Jahr, in dem man seine Vorsätze endlich mal einhalten würde und in dem sich alles zum Guten ändert. Aber das war noch eine Woche entfernt. Jetzt ist noch das alte Jahr, in dem ohnehin alles gelaufen ist. Jetzt die Gans und der drohende Besuch. Beim Zubereiten stellte ich mir öfter die Frage, ob das Vieh, dass sich in der Tüte mit der Aufschrift ‚Gans‘ befand, nicht vielleicht an Altersschwäche gestorben ist oder ob es überhaupt natürlichen Ursprungs war. Störrisch und nackt lag es da vor mir und es hätte genauso gut ein Schwan oder –noch viel schlimmer- eine fette Taube sein können, wie sie hier so häufig in der Stadt herum liefen. In diesem Moment fragte ich mich, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, die drei jungen Männer zum Essen einzuladen. Gab es nicht auch so etwas wie das Vieh hier für die Mikrowelle in fertig? Würde mir wenigstens die Arbeit ersparen und ich könnte meine Zeit mit etwas anderem verbringen. Nachher bereut man eben vieles von dem, was man vorher eigentlich noch gut fand.
    ***

 
    Wenige Stunden später, ich habe es tatsächlich geschafft, dass bemitleidenswerte Tier einigermaßen ansprechend im Ofen zuzubereiten und habe sogar noch Zeit gefunden, ein Tiramisu als Nachtisch zu zaubern ( Ich liebe die kleinen Viererpacks im Supermarkt: Umstülpen auf den Teller, Kakaopulver darüber streuen und schon sieht es aus wie selbstgemacht ), da klingelte es auch schon an der Tür. Mein Besuch schien anzukommen, auf die Minute genau. Schnell noch die Haare etwas zurecht machen, die Bluse noch einmal richtig zupfen und ab zur Tür. „Na dann mal hereinspaziert!“ sagte ich im selben Moment, in dem ich die Tür mit einem Schwung öffnete. Aber da standen nicht meine drei erwarteten Gäste, ich blickte herab auf zwei große braune Kulleraugen, die ich einem der Kinder von Aishe , der türkischen Mitbewohnerin in diesem Haus, zuordnen konnte. Wieso schickt sie denn jetzt Ihre Brut auf mich los? Will sie mir ausrichten lassen, dass Weihnachten ausfällt, da der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten an der Spitze der neu gebauten Moschee wenige Straßen weiter hängen geblieben ist und sich dabei so verletzte, dass er nicht mehr durch die Kamine rutschen kann? Oder soll mir die kleine Nervensäge hier nur auf den Keks gehen und mich zu einer Handlung provozieren, die der Großfamilie dann einen Grund gibt, mich nach alter Tradition
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