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Raus aus dem Har(t)z IV!

Raus aus dem Har(t)z IV!

Titel: Raus aus dem Har(t)z IV!
Autoren: Diana Meier
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steinigen zu dürfen? „ Mama schickt mich. Soll fragen Du haben vielleicht Salz? Salz bei uns alle ist. “ So ist das also, Madame ‚Ich – habe – einen – Brief – von – der – Arbeitsagentur – bekommen – und – Du – nicht‘ hat vergessen rechtzeitig vorm Fest einzukaufen und hat dann heute realisiert, dass an einem solchen, christlichen Tag, die Geschäfte zu haben? „Aber sicher, komm doch rein.“ Freundlich wie ich war, bat ich den Kleinen mit herein in die Küche, wo ich ein leeres Schraubglas nahm und Salz abfüllte. So lang es nur Salz und nicht die Aufforderung ist, das Kruzifix abzunehmen, ist alles in Ordnung. Bevor ich das Schraubglas zuschraubte, um es dem Kleinen mitzugeben, konnte ich es mir nicht nehmen lassen, noch einen Aufkleber auf das Glas zu kleben, der in einer meiner Frauenzeitschriften als Beilage war und bei mir jetzt zufällig in der Küche herum flatterte. ‚ Ein gesegnetes christliches Weihnachtsfest ‘ stand darauf zu lesen. Ach, ist das herrlich. Zufälle gibt es. Schön wenn das Gastgeberland seine Karten ausspielen kann. Gelebte Integrationsversuche inmitten einer Plattenbausiedlung. „Hier, bitte sehr und bestell Deiner Mama schöne Grüße, ja.“ Sagte ich mit meinem besten Lächeln und schob den Kleinen vor mir her zur Tür, bevor er noch auf die Idee kam, seine Finger auszustrecken und etwas mitgehen zu lassen. Man weiß ja nie und am wohlsten fühle ich mich, wenn ich diesen Racker vor der Tür wusste. Im Gleichen Moment, in dem ich die Tür öffnete wollte gerade Stefan an meine Tür klopfen, sodass seine Faust jetzt nicht mehr auf das Hindernis der Tür stieß, sondern in der nicht mehr zu stoppenden Abwärtsbewegung auf dem dunkelhaarigen Kopf von Aishes Sohn aufprallte, der umgehend von der Kopfnuss getroffen das Glas mit dem Salz fallen ließ, welches mit einem lauten Knall auf der Erde aufschlug und zersplitterte. Als wenn das nicht genug war, fing er lauthals an zu schreien und ließ augenblicklich Tränen aus den Augen kullern. Gerade so, als hätte er davon immer welche parat. Das fehlte mir ja jetzt noch. Er schrie, als müsste er nicht nur das ganze Haus alarmieren, sondern noch die gesamte Straße aus der besinnlichen Stimmung holen. Noch bevor ich den Kleinen beruhigen konnte, kam jetzt schon seine Mutter die Treppe im Hausflur herunter gerannt. Das schwarze Gewand wild wehend und natürlich nicht ohne das obligatorische Kopftuch. Es könnte ja Regnen im Haus. Scheinbar stand sie während der gesamten Zeit oben vor ihrer Wohnung in Bereitschaft um zu sehen, ob die Salzmission ihres Kleinen erfolgreich ist und ob ich ihn wieder laufen lassen würde, nachdem ich ihn herein bat. Hysterisch zog sie den Jungen aus meiner Tür und fuhr meine drei, durch diese Situation schockierten Gäste an: „ Was haben gemacht mit meine Sohn, hä? Jetzt er weinen. Schämen Ihr Euch. (Was jetzt kam kann ich nicht schreiben, da es eine Mischung aus „ Ü’s “ und „ Ö’s “ war und ich immer noch versuche, Worte zu finden, bei denen mehr als die Hälfte der Buchstaben aus diesen umlauten bestehen.)“. In jedem Fall ging sie fluchend und die Faust schüttelnd die Treppe wieder herauf, wobei der immer noch euphorisch schreiende Junge sich in einem von der Mutter unbeobachteten Moment umdrehte und mir rotzfrech die Zunge heraus streckte. So ein verdorbenes Balg! Aber ich musste mich abregen. Jetzt nur nicht aggressiv werden. Nur nicht den Tag und den Abend verderben lassen. Es ist Weihnachten. Das Fest der Liebe. Ob Gott einem verzeiht, wenn man einem vom Teufel besessenen Jungen mal eben übers Knie legen würde? Man könnte es ja ‚Exorzismus‘ nennen.
    ***

 
    Nach dieser Eskapade, die unser Zusammentreffen an jenem Tag unter solche chaotischen Vorzeichen gesetzt hat, verlief der weitere Abend überraschend ruhig. Zuerst entschieden wir uns dafür, ein wenig Rumpunsch zu trinken und später dann schließlich das vorbereitete Abendessen zu uns zu nehmen. Im Gegensatz zu unseren Telefongesprächen an den Tagen zuvor und unserem ersten Aufeinandertreffen in der Agentur für Arbeit oder im Supermarkt vor wenigen Tagen, war ich überrascht wie ernsthaft die drei jungen Burschen sein konnten. Für mich waren sie ja nur ‚junge Burschen‘, immerhin war ich die Älteste in der Gruppe und so schuf ich dieses Wortpaar im Kopf für die drei Männer, die jetzt an dem noch immer festlich gedeckten Esstisch im Wohnzimmer saßen. Es war sogar möglich, über
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