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Raumkapitän Sun Tarin

Raumkapitän Sun Tarin

Titel: Raumkapitän Sun Tarin
Autoren: Alfred Bekker
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Nicht einmal sterbliche Überreste für das Totenritual. Ein paar Trümmerteile irrlichterten noch durch das All, glühten kurz auf, bis sie für immer erloschen. Weltraumschrott, der irgendwann in den Atmosphären der New-Hope-Planeten verglühen würde.
    »Gott empfange ihre Seelen gnädig«, hörte ich den Tugendwächter sagen, der sich als Einziger nicht schockiert zeigte. »Ihr Opfer war die Pflicht ihres Glaubens.«
    Es herrschte für Augenblicke eine Stille auf der Brücke, die mir lebhafter in Erinnerung geblieben ist als so manches Gespräch, das ich zuvor oder seitdem geführt habe.
    Niemand wagte es, etwas zu sagen. Aber jeder von uns – da bin ich mir sicher – dachte sich seinen Teil.
    Die Verluste waren schnell sehr hoch, was auch etwas damit zu tun hatte, dass der Befehlshaber unserer Angriffsflotte eine frontale Attacke befohlen hatte. Er hoffte, damit den Erfolg erzwingen und die Formation der Feuerspucker auseinandertreiben zu können. Wenn das gelang, dann verringerte das die geballte Feuerkraft der anderen Seite erheblich, und unsere Chancen, den Feinden des Glaubens endlich das Genick brechen zu können, wuchsen hingegen.
    Rechts und links von der KAMPFKRALLE wurden Einheiten durch das geballte Wuchtkanonenfeuer der Menschen-Schiffe zerstört.
    Mein Erster Offizier meldete die Verluste, so wie es der Dienstvorschrift entsprach. Aber der Tugendwächter hielt ihn an, das zu unterlassen. »Du beabsichtigst es vielleicht nicht, aber du untergräbst den Siegeswillen unserer Brückenmannschaft!«, war er überzeugt.
    Die Waffenoffiziere ließen jedoch unverdrossen ihre Graser-Geschütze sprechen. Der Erste Waffenoffizier war erfahren und ein guter Schütze. Für die drei anderen war es die erste Mission in dieser Funktion. Das merkte man ihnen deutlich an. Sie schossen oft verfrüht, oder wenn der Abstand zum Ziel noch zu groß war.
    Plötzlich leuchtete auf dem Panorama-Schirm der KAMPFKRALLE ein Punkt grell auf, der immer größer wurde und schließlich den gesamten Bildausschnitt des Schirms erfasste. Eine automatische Abblendfunktion sorgte dafür, dass die Augen nicht durch das helle Licht beschädigt wurden.
    »Treffer!«, meldete der Ortungsoffizier. Sein Name war Ret-Gon. Ich kannte ihn flüchtig seit meiner Ausbildung bei den Tanjaj. Er hatte eigentlich vorgehabt, sich bei den Seraif zu bewerben, war aber nicht angenommen worden, weshalb er nun im regulären Flottendienst seine Aufgabe erfüllte.
    Ich hatte ihn nie danach gefragt, und es gab in seiner Personaldatei – wie in solchen Fällen üblich – auch keinerlei Bemerkungen darüber. Stattdessen war vermerkt, dass Ret-Gon sich regelmäßig im Tempel habe sehen lassen und sich oft über Stunden der Meditation hingegeben habe. Deshalb sei er besonders für Beförderungen vorzumerken.
    Als ob ein Tugendwächter diese Zeilen diktiert hätte , war mein erster Gedanke gewesen.
    Aber für den Dienst bei den Seraif schien er nicht die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt zu haben.
    Der permanente Krieg sorgte natürlich dafür, dass in allen Kriegseinheiten Kämpfer fehlten.
    Die Verluste waren in den letzten Jahren hoch gewesen. Das ermöglichte es, auch in jungen Jahren bereits schnell Karriere zu machen und in relativ verantwortliche Positionen zu kommen, falls man sich nicht krass religionswidrig verhalten hatte.
    Aber bei den Seraif schien noch immer ein so großer Andrang zu herrschen, dass es möglich war, Bewerber mit Qualifikationsdefiziten abzuweisen.
    Offenbar hatte mein Ortungsoffizier einfach das Pech, keine Verwandten zu haben, die ihm in dieser Hinsicht vielleicht weiterhelfen konnten.
    »Treffer!«, wiederholte der Ortungsoffizier, nachdem der Schirm wieder auf normale Sicht umgestellt hatte und der Blendschutz deaktiviert war. »Es ist zwar eine ihrer kleineren Einheiten, aber es dürfte nichts von ihr übrig geblieben sein!«
    Ich ließ mir die Daten auf meinem Display anzeigen.
    Sehr viel später, als wir mit den Menschen gegen die Dronte verbündet waren und ich als Austauschoffizier auf einem ihrer Schiffe diente, habe ich oft darüber nachdenken müssen, durch welche Zufälle oder Fügungen es bedingt ist, dass man sich entweder auf dem einen oder dem anderen Raumschiff befindet, wenn es zur Explosion kommt: Entweder auf dem, das zerrissen wird und dessen Besatzung in einer Flammenhölle verglüht – oder auf jener Einheit, von der aus geschossen wurde.
    Sie ähneln sich doch alle in erschreckender Weise.
    Es scheint
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