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Raubvogel der Sterne

Raubvogel der Sterne

Titel: Raubvogel der Sterne
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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wir durch das Spürgerät entdeckt hatten. Eine Weinstube, ein Laden, in dem Seidenstoffe verkauft wurden, und ein einzelnes kleines Privathaus standen in der Straße. Ich näherte mich der Tür und klopfte.
    Stille. Ich pochte wieder und hatte noch Zeit, mich zu fragen, ob wir uns einem ahnungslosen Fremden gegenübersehen und was wir ihm sagen würden, bevor ich die schrille Stimme eines Kindes und ein tiefes Organ vernahm, das sie beruhigte, und die Tür sich einen Spalt weit öffnete, um ein narbiges Gesicht zu enthüllen.
    „Ich dachte mir, daß du es sein würdest, Cargill. Du hast länger gebraucht, als ich dachte, um hierherzugelangen. Komm herein“, begrüßte mich Rakhal.

14. Kapitel
     
    Er hatte sich in sechs Jahren nicht wesentlich verändert, mit Ausnahme der häßlichen roten Narben, die Mund, Kinn und Nasenansatz verunstalteten. Seine Züge wirkten schlimmer als die meinen. Für ihn hatten die Chirurgen des Terranischen Geheimdienstes nicht ihr Bestes getan. Sein Mund, dachte ich flüchtig, mußte schmerzen, wenn er ihn zu einem Lachen verzog, wie er es jetzt tat. Seine buschigen, von Grau durchzogenen Augenbrauen hoben sich, als er Miellyn sah; aber er trat zurück, um uns einzulassen, und schloß die Tür hinter uns.
    Der Raum war kahl und vermittelte nicht den Eindruck, als würde er oft benutzt. Der Boden bestand aus unebenen Steinen; ein einziger Fellteppich lag vor einer Kohlenpfanne. Davor saß ein kleines Mädchen, das aus einem großen, doppelhenkligen Krug trank. Es hob den Kopf, kletterte dann auf die Füße und wich an die Wand zurück, uns mit weiten Augen beobachtend.
    Es besaß rötliches Haar, das über der Stirn in gerader Front abgeschnitten war, und trug ein rotes Pelzkleidchen, das fast der Farbe seines Haares glich. Das Mädchen mochte fünf Jahre alt sein. Sein rundes, blasses Gesicht und die tiefliegenden grauen Augen, die denen Julis glichen, betrachteten mich ohne Überraschung; es wußte offensichtlich, wer ich war. Hatte Juli ihm von mir erzählt?
    „Rindy“, befahl Rakhal ruhig, ohne die Augen von mir zu wenden, „gehe ins Nebenzimmer.“
    Rindy bewegte sich nicht und sah mich immer noch an. Dann bewegte sie sich zu Miellyn hinüber und musterte eingehend das Stickmuster auf ihrer Brust. Es war sehr still, bis Rakhal mit sanfter Stimme hinzusetzte: „Trägst du immer noch einen Skan, Race?“
    Ich schüttelte den Kopf. „Es gibt ein altes Sprichwort, Rakhal, das besagt: Blut ist dicker als Wasser. Rindy ist Julis Tochter, und ich töte ihren Vater nicht unter ihren Augen.“ Mein Zorn übermannte mich, und ich schrie: „Zur Hölle mit deiner verdammten Blutfehde und dem Krötengott und allem anderen!“
    Rakhal versetzte rauh: „Rindy, ich hatte dir gesagt, du solltest hinausgehen.“
    „Bleibe, Rindy.“ Ich machte einen Schritt auf das kleine Mädchen zu und behielt ein wachsames Auge auf Rakhal gerichtet. „Ich weiß nicht, was du vorhast, aber es ist nichts für ein Kind, um darin verwickelt zu werden. Tue, was dir gefällt. Ich stelle mich dir jederzeit. Aber ich werde Rindy von hier fortbringen. Sie gehört zu Juli, und dorthin kehrt sie zurück, und ich werde dich töten, wenn du mich zu hindern versuchst.“ Ich streckte die Arme aus und wandte mich an das kleine Mädchen: „Es ist vorüber, Rindy, was er dir auch angetan hat. Deine Mutter hat mich geschickt, um dich zu finden. Möchtest du nicht zu deiner Mutter?“
    Rakhal machte eine drohende Bewegung und warnte: „Ich würde nicht –“
    Miellyn warf sich zwischen uns und hob das Kind auf ihre Arme. Rindy begann sich zu sträuben; sie schlug um sich und wimmerte, aber Miellyn legte zwei schnelle Schritte zurück und riß eine Innentür auf. Rakhal setzte den Fuß vor; sie fuhr zu ihm herum, während sie darum kämpfte, das widersetzliche Mädchen festzuhalten, und keuchte: „Tragt es zwischen euch aus – ohne daß das Kind zusieht!“ Durch die offene Tür gewahrte ich kurz ein Bett, Kinderkleider an einem Haken und einen Stuhl, ehe Miellyn die Tür zuwarf, und ich hörte, wie ein Riegel vorgeschoben wurde. Hinter der geschlossenen Tür brach Rindy in zorniges Weinen aus, aber ich lehnte mich mit dem Rücken dagegen.
    „Sie hat recht. Wir werden es zwischen uns beiden austragen. Was hast du dem Kind angetan?“
    „Wenn du glaubst …“ Rakhal studierte mich eine Minute lang, dann senkte er die Hände und begann zu lachen.
    „Du bist einfältig wie stets, Cargill. Du erkennst immer noch nicht
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