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Raubvogel der Sterne

Raubvogel der Sterne

Titel: Raubvogel der Sterne
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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gewahrte eine hohe Säule und zwei oder drei Pfosten, die den Eindruck einer Brücke hervorriefen. Ich bemerkte: „Es ist die Brücke des Sommerschnees. Schalte das Gerät ab; wir können ihn auffinden.“ Ich wandte mich von der Täfelung ab, als Miellyn einen unterdrückten Schrei ausstieß. „Sieh doch!“
    Rakhal hatte der Spürvorrichtung den Rücken zugedreht, und zum erstenmal konnten wir erkennen, mit wem er sprach. Eine gekrümmte und katzenhafte Schulter drehte sich. Ein krummer Nacken, ein arroganter Kopf, der nicht ganz menschlich wirkte. „Evarin!“ entfuhr es mir. „Er weiß, daß ich nicht Rakhal bin. Wahrscheinlich war er sich von Anfang an darüber klar. Komm, Mädchen, wir müssen hier heraus!“
    Diesmal gab es keine Wahrung der Normalität, als wir durch die Werkstatt hasteten; Finger fielen von halbvollendeten Spielzeugen, goldene Augen verfolgten uns mißtrauisch. Wir schlugen die Werkstattür hinter uns zu, und ich nahm mir die Zeit, einen schweren Diwan dagegenzuschieben und sie auf diese Weise zu versperren.
    Miellyn starrte mich an. „Die Zwerge tun mir nichts zuleide“, begann sie. „Ich bin sakrosankt.“
    Ich war dessen nicht so sicher. Ich hatte das Gefühl, daß die letzten Stunden Miellyns Unverletzlichkeit widerlegt hatten, von dem Augenblick an, in dem ich sie gefesselt und hypnotisiert unter dem lauernden Schrecken erblickt hatte. Aber ich sprach meine Gedanken nicht aus.
    Miellyn stand bereits in der Nische, in der der Krötengott kauerte. „Unmittelbar hinter der Brücke des Sommerschnees liegt ein Straßenschrein. Wir können dorthin springen …“ Abrupt erstarrte sie in meinen Armen, und ein konvulsivischer Schauer überlief sie. „Evarin! Halte mich, er springt herein! Schnell!“
    Der Raum wirbelte um uns, und dann …
    Läßt sich Sofortigkeit in Bruchteile zerlegen? Es scheint keinen Sinn zu ergeben, aber genau das war es, was sich abspielte. Alles, was geschah, ereignete sich in weniger als einer Sekunde. Wir landeten im Innern des Straßenschreins, ich gewahrte die Säule und die Brücke und die aufgehende Sonne, dann drehte sich mein Inneres, ein Strom eisiger Luft umpfiff uns, und wir schauten auf die Polarberge hinaus, die in ihrem strahlenden Schimmer ewigen Sonnenlichtes lagen.
    Miellyn klammerte sich an mich. „Bete! Bete zu den Göttern Terras, wenn Terra Götter kennt!“
    Ich wußte nicht mehr, ob ich Miellyn festhielt oder umgekehrt. Sie mußte wissen, was sie tat; ich verstand die Arbeitsweise der Transmitter nicht, und mir graute bei dem Gedanken, in die schwarze Hölle zu stürzen, die wir durchquerten.
    Wir sprangen wieder, und Dunkelheit bebte um uns; ich blickte hinaus auf eine unbekannte Straße, die unter schwarzer Nacht und staubverfinsterten Sternen lag. Sie schluchzte: „Evarin jagt uns über den ganzen Planeten, er kann die Kontrollen durch Gedankenkraft bedienen. Psychokinetik – ich beherrsche sie ein wenig, aber ich habe es nie gewagt – oh, halte dich!“
    Dann begann eines der unglaublichsten Duelle, die je ausgefochten worden sind. Miellyn machte eine kaum merkliche Bewegung, und wir fielen, blind und benommen durch die Schwärze; mitten in der Leere verrenkte eine neue Richtung unsere Glieder, und wir wurden an einen anderen Ort geschleudert und sahen eine unterschiedliche Straße vor uns. Einen Sekundenbruchteil lang standen wir in der Kharsa; einen Augenblick später strahlte blendende Sonne über roten Farnen. Wir schossen durch die salzige Luft Shainsas, erhaschten einen Blick auf die Blumen in einer ardcarranischen Straße, Mondlicht, Mittag, rotes Zwielicht flackerte und verging, raste mit dem schwindelerregenden Wirbel des Hyperraumes vorbei. Dann erkannte ich plötzlich zum zweitenmal die Brücke; für einen Moment waren wir – aus Versehen oder durch einen Fehler – wieder in Charin gelandet.
    Die Schwärze schickte sich an, uns wieder einzuhüllen, aber meine Reflexe sind schnell, und ich machte einen raschen, taumelnden Schritt vorwärts. Wir stolperten und fielen ineinander verkrampft auf die Steine der Brücke des Sommerschnees. Zerschunden und erschöpft – und dort, wohin wir wollten.
    Ich half Miellyn auf. In ihren Augen stand der Schmerz. Der Boden schien unter uns zu beben und zu schwanken, während wir über die Brücke flohen.
    Auf der anderen Seite blickte ich zu der Säule auf. Von meinem Gesichtswinkel aus geschätzt, konnten wir uns nicht weiter als dreißig Meter von dem Fenster entfernt befinden, das
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