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Rau ist die See ...

Rau ist die See ...

Titel: Rau ist die See ...
Autoren: S Hogan
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ihren Rettern, besonders bei dem schnurrbärtigen Mann.
    „Wie konnte das nur geschehen, Miss? Sind Sie ausgerutscht?“, wollte er wissen.
    Sie wollte bereits antworten, dass sie gestoßen worden war. Doch stattdessen entgegnete sie: „Hat keiner von Ihnen etwas gesehen?“
    Die Passagiere schüttelten den Kopf. Auch Roxanne machte eine verneinende Geste. Doch Jade meinte, ganz kurz ein gemeines Grinsen auf Roxannes Gesicht zu sehen. Da zweifelte sie nicht daran, wem sie den Sturz zu verdanken hatte. Hätte jemand den Angriff beobachtet, hätte Roxanne jetzt gewaltige Probleme. So aber kam sie wieder einmal davon.
    Das frustrierte Jade dermaßen, dass ihr die Tränen kamen. Wenn sie jetzt Roxanne beschuldigte, würde ihr das nur als hysterische Reaktion ausgelegt werden.
    „Wir sollten zum Bus zurückkehren“, schlug Georgette vor. „Was machen deine Beine, Jade? Du kannst dich auf mich stützen, wenn du willst.“
    „Danke, es geht schon. Aber vielleicht komme ich darauf zurück.“
    Jade fühlte ihre Knie kaum, weil sie so weich waren. Aber das lag natürlich am Schock, und nach einigen Schritten wurde es allmählich besser. Doch sie konnte immer noch nicht fassen, was Roxanne gerade eben getan hatte. Natürlich hatte Jade sie in Verdacht, einen Mord begangen zu haben. Aber das konnte Roxanne ja nicht wissen. Warum hatte sie nun auch sie töten wollen?
    Nur, weil sie sie nicht ausstehen konnte? Oder hatte Roxanne sie gar nicht umbringen wollen, sondern nur impulsiv gehandelt? Das würde jedenfalls zu ihrem aufbrausenden Charakter passen. Aber einen Anlass hatte es wohl kaum gegeben.
    Nachdenklich ging Jade weiter. Sie musste sich eingestehen, dass Roxanne eigentlich nicht dem Typ einer eiskalten planenden und kalkulierenden Killerin entsprach. Sie neigte zur Gewalt, ohne über die Folgen ihrer Taten nachzudenken. Vielleicht hatte sie ja auf diese Art auch ihren Komplizen getötet?
    Jade wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie ab sofort noch vorsichtiger sein musste, wenn sie diese Reise mit heiler Haut überstehen wollte.
    Die blutende Hand hatte sie mit einem Verband aus ihrem eigenen Notfallpaket verarzten können. Jade nahm sich vor, die Verletzung später dem Schiffsarzt zu zeigen. Jade freute sich, dass die anderen so besorgt um ihr Wohlergehen waren – abgesehen natürlich von Roxanne.
    Wenig später saßen sie alle im Bus und fuhren zum Hafen von Bergen zurück. Doch als der Bus den Pier der MS Kyrene erreicht hatte, sah Jade dort einen Streifenwagen stehen. Ihr Puls stieg sofort. Sie hatte ein mieses Gefühl in der Magengegend.
    Sobald sie sich von den Teilnehmern der Wanderung verabschiedet hatte und die Gangway hinaufgeeilt war, wandte sie sich an den dort Wache haltenden Matrosen. „Was ist denn geschehen? Haben wir die Polizei an Bord?“
    „Yep. Jemand ist niedergeschlagen worden. Er ist ins Krankenhaus eingeliefert worden.“
    „Wer ist es denn?“
    „Henry Glover, der kleine Kabinensteward.“

8. KAPITEL
    Jade war geschockt.
    Im ersten Moment kam es ihr vor, als würden die Dinge nur noch in Zeitlupe geschehen. Der Matrose gestikulierte mit unendlich langsamen Bewegungen, seine Gesten drückten Bedauern aus. Und seine Stimme drang wie aus weiter Ferne in Jades Bewusstsein.
    „Täter ist unbekannt … kein Motiv … Henry ist allseits beliebt, bei der Crew und den Passagieren … Bewusstlos … Mit Blaulicht und Sirenen in die Klinik. – Jade, ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst aus, als würdest du gleich umkippen. Was ist mit deiner Hand?“
    Jade brauchte Zeit, um auf die besorgten Fragen des Matrosen zu reagieren. Jedenfalls kam es ihr so vor. Sie starrte ihren Verband an, als würde sie ihn zum ersten Mal sehen. „Henry war … Er ist mein Freund. Wie geht es ihm? Ich muss sofort zu ihm!“
    „Er wird noch behandelt, schätze ich. Der Krankenwagen hat ihn vor einer Viertelstunde abgeholt. Warum gehst du nicht zum Schiffsarzt und lässt deine Hand verarzten? Der Doc hat auch Henry versorgt und kann dir bestimmt mehr sagen.“
    Jade nickte nur. Ihre Verletzung erschien ihr jetzt nebensächlich. Aber wenn sie vom Schiffsarzt mehr über den Angriff auf Henry erfahren konnte, sollte es ihr recht sein.
    Wie in Trance lief sie quer durch die MS Kyrene, bis sie schließlich den Behandlungsraum erreichte.
    Der Arzt säuberte ihre Wunden und verabreichte ihr sicherheitshalber noch eine Tetanusspritze. Währenddessen bestürmte Jade ihn mit Fragen.
    „Was ist mit Henry passiert, Sir?
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