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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Klaus Erfmeyer
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weiter zu verfahren sei, dessen bevorstehender Gang zur Polizei uns und Delia ins Verderben reißen würde. Die Antwort kam nicht sofort und nicht explizit von Traunhof, Böhringer oder mir. Sie entwickelte sich schleichend, wucherte in langen Gesprächen, in denen wie von selbst Gossmanns Tod eine erst vorstellbare und schließlich gebilligte Option darstellte, die die drängenden Probleme mit einem Schlag erledigen würde. Aus heutiger Sicht perverse Gedanken flossen in unsere kranke Abwägung mit ein, etwa die Überlegung, dass Gossmann angesichts seines fortgeschrittenen Alters sein Leben ohnehin fast gelebt und nach dem Tod seiner Frau einsam geworden sei. Die Malerei, die Gossmanns großes Hobby war, erklärten wir kurzerhand zu seiner Flucht vor der Realität. Es waren wieder die simplen und unserem Plan entsprechend zurechtgebogenen Ideale der ›Zehn‹, mit denen wir uns gegenseitig beflügelten und über andere Menschen erhoben.
    Im Februar des Jahres, als Gossmann starb, plante Böhringer das zehnjährige Jubiläum seiner Firma, die inzwischen zur Gartencenterkette angewachsen war. Von Anfang an war eine Tombola geplant, doch Böhringer, der aus meinen Schilderungen mit der Person des Maxim Wendel recht gut vertraut war und von dessen fragwürdigen Vorlieben und auch dessen Geiz wusste, kam auf die Idee, Wendel als möglichen Täter eines Mordes an Gossmann aufzubauen. Es war noch unklar, wann und wo die Tat stattfinden würde, aber es schälten sich die groben Umrisse heraus, die im Kern auf der Idee fußten, dass die Triebhaftigkeit des Maxim Wendel gezielt für eine vermeintliche Vergewaltigung genutzt und Gossmann als vermeintlicher Zeuge von Wendel getötet werden sollte. Das Tatgeschehen lebte von der Stigmatisierung des Maxim Wendel, die ich im Detail kannte. Böhringer hatte die verwegene und in ihrer Realisierung so einfache Idee, über sein Gewinnspiel Wendel die mögliche Tatwaffe anfassen zu lassen. Die Eheleute Wendel erhielten gezielt Anfang April durch Einwurf in ihren Briefkasten einen der ansonsten tausendfach versandten Werbebriefe im Zusammenhang mit dem Firmenjubiläum, darüber hinaus jedoch – wie etliche zufällig ausgesuchte andere auch – ein Glückslos, das bei Öffnung gleich den Gewinn offenbarte. Die Einlösung war vorgegeben: Die Gewinner sollten am nächsten Samstag zu einer bestimmten Uhrzeit im Center im Dortmunder Westen vorsprechen und ihren Gewinn in Empfang nehmen. Selbstverständlich erschienen die Wendels, und während ihre Aufmerksamkeit dem wertvollen Birnbaum galt, der ihnen einige Tage später mit dem Lieferwagen des Centers nach Hause gebracht und von Mitarbeitern eingepflanzt wurde, bestand Böhringers Clou darin, Wendel noch eine Weinflasche zu schenken, die er aus einem bereitstehenden Karton ziehen sollte. Wendel tat das auch, wobei er die Flasche an ihrem Hals so anfassen musste, wie er es bei der vermeintlichen Tatausführung tun würde. Böhringer nahm die Flasche von Wendel entgegen (und fasste sie selbstverständlich nur im unteren Bereich an), tauschte sie verdeckt auf dem Packtisch gegen eine gleichartige andere Flasche aus und gab letztere an Wendel zurück, nachdem sie in Jubiläumspapier eingepackt worden war. Die mit den Fingerabdrücken Wendels versehene Flasche wurde sorgfältig für ihren angedachten Einsatzzweck verwahrt. Es war klar, dass dieser Vorgang, der einige Zeit vor der Tat lag, für Wendel völlig belanglos war und ihm überdies suggerierte, die ausgewählte Flasche selbst mitgenommen zu haben. Er würde diesem Vorgang keine Beachtung schenken, sich vielleicht sogar niemals daran erinnern, weil es keine sichtbare Verbindung zur späteren Tat gab. Böhringer hat die Flasche später unten gekonnt abgeschlagen. Er war schon als Schüler Meister in dieser überflüssigen Disziplin.
    Im Mai kündigte die Stadt für August desselben Jahres den Malwettbewerb ›Deine Heimat in Öl‹ an, und es bedurfte nur eines kleinen Anstoßes, Gossmann zur Teilnahme und dazu zu bewegen, ein Motiv aus dem Rombergpark zu malen, in dem Wendel regelmäßig joggte. Diese Information hatte ich von dem Schulleiter, der über alles, was Wendel betraf, stets im Bilde war und über jedes noch so unwichtige Detail ungefragt berichtete, das er über den von ihm so gehassten Wendel in Erfahrung bringen konnte. Ich vermute, dass es Wendel selbst war, der dem Schulleiter im Zusammenhang mit seinem Umzug davon erzählt hatte, denn es dürfte ihm eine Genugtuung
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