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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Klaus Erfmeyer
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ein sommerlicher Freitagabend im September, exakt am 27. September, also heute vor vier Jahren und rund zehn Monaten, als der Fall Wendel begann, obwohl dieser am Anfang der Geschichte noch gar keine Rolle spielt.
    Böhringer, Traunhof und ich, noch immer beseelt von der Idee unseres ein rundes Jahr vorher erfundenen, aber noch nicht formal gegründeten und in der Praxis noch nicht wirklich mit Leben gefüllten Netzwerks, besuchten das Herbstfest in Schwerte. Mit dabei war Rudolf Gossmann, ein zum damaligen Zeitpunkt bereits seit einigen Jahren pensionierter Finanzbeamter. Böhringer war mit Gossmann bekannt, denn jener war etwa zwölf Jahre zuvor zuvor ständiger Leiter der Gewerbesteuerabteilung des Finanzamts gewesen. Näheren Kontakt hatten sie zueinander bekommen, als Böhringer etliche Jahre zuvor als Inhaber seines ersten Gartenbaufachbetriebs (von der Centerkette war noch lange keine Rede), von Gossmann ungefragt konstruktive Hinweise erhielt, wie er sich steuerlich besser aufstellen konnte. Gossmann war dabei pfiffiger als der von Böhringer beauftragte Steuerberater, dem daraufhin sofort das Mandat gekündigt wurde. Also war Gossmann in gewisser Weise Steigbügelhalter für Böhringer gewesen, denn er war maßgeblich dafür verantwortlich, dass Böhringer seine anfänglichen finanziellen Schwierigkeiten steuerlich korrekt überwinden und sein Unternehmen bald zur heutigen Größe ausbauen konnte. Gossmann war ein Steuerfuchs und zugleich ein spießbürgerlicher Kleingeist. Er stand für Recht und Moral und war ein – wie Böhringer gern sagte – standhafter Bürger. Doch als bekennender Spießbürger war er nicht unbedingt einer jener, die das von uns ersonnene vollkommene Ideal eines Mitglieds der ›Zehn‹ abbildeten. Uns schwebten Leute von Rang und Namen vor, sozusagen Weltbürger, die sich virtuos durch die höheren Schichten bewegten. Doch solche Personen von gesellschaftlichem Format und beruflicher Reputation warben wir erst nach Gossmanns Tod an. Es mag merkwürdig klingen, dass wir erst ab diesem Zeitpunkt unser kleines Netzwerk professionell aufstellten und gezielt Persönlichkeiten aussuchten, die durchgehend unserem Anforderungsprofil entsprachen. Gossmann war also nicht mehr und nicht weniger als eine erste Idee für eine Mitgliedschaft in unserem Club, die natürlich allein auf Böhringer zurückging, der sich seinem Förderer verpflichtet fühlte. Der biedere Gossmann sollte also gewonnen werden, und er war schnell geneigt, beizutreten. Als Pensionär war er aller dienstlichen Fesseln entledigt. Er durfte jetzt endlich zu der großen Welt aufschließen, die er früher nur aus den Steuerbescheiden kannte.
    Wir sind mit ihm mit dem Linienbus auf das Schwerter Herbstfest gefahren, um ihm unsere Idee nahezubringen und seine Mitgliedschaft zu besiegeln. Es wurde reichlich getrunken, und wir hatten später keine Lust, mit dem Bus zurückzufahren. Ich rief dann meine Tochter Delia an, die einige Monate zuvor volljährig geworden war, somit erst seit Kurzem den Führerschein besaß, und bat sie, uns mit dem alten Wagen meiner Frau abzuholen, den ich nach ihrem Tod als Andenken an sie in unserer Garage verwahrt und auch als Ersatzfahrzeug betriebsfähig gehalten hatte. Mein eigener Wagen befand sich damals in Reparatur. Delia kam also mit dem betagten Gefährt nach Schwerte, parkte in der Nähe des Festplatzes und fand uns in dem Festzelt, das ich ihr telefonisch beschrieben hatte. Wir saßen dann noch etwa eine Stunde dort. Auch Delia hatte noch etwas getrunken, und zwar ein gut gefülltes Glas Wein. Sie, die sonst keinen Alkohol gewohnt war, wurde von mir sogar noch leichtfertig ermuntert, dieses eine Glas zu leeren. Während der Zeit, als wir im Festzelt saßen, wurde zufällig ein Foto von uns Fünfen gemacht, das ich diesem Brief beifüge. Es entstammt einer Serie von Fotografien, die der Veranstalter von den Festbesuchern machen ließ und die danach käuflich erworben werden konnten. Ich habe dieses Bild im Rahmen meiner eigenen Ermittlungen später bei dem Fotografen gefunden, der in seinem Ladenlokal all seine Schnappschüsse von dem Fest ausgestellt und sie zum Verkauf angeboten hatte. Das Bild ist wichtig. Du wirst es beim Wiederaufnahmeverfahren benötigen!

    Auf der Rückfahrt vom Fest passierte der schreckliche Unfall, der unser aller Leben auf einen Schlag für immer verändern sollte.
    Delia, im Autofahren noch recht unerfahren und dazu mit dem Wagen nicht vertraut, hielt auf der
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