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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Klaus Erfmeyer
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allerdings nur kurze Zeit der sichere Glaube, dass Wendel aufs falsche Pferd gesetzt hatte.
    Schon bald wurde ich eines Besseren belehrt. Du hast mit einer beeindruckenden Mischung aus Genauigkeit und analytischem Verständnis, gepaart mit einer nicht enden wollenden Energie die richtigen Fragen gestellt und Widersprüche aufgedeckt, die du über kurz oder lang aufgelöst hättest. Recht schnell habe ich meine Strategie geändert und mich an deine Fersen geheftet. Ich habe mit dir ermittelt und dich – anfangs aus bloßer Berechnung – umgarnt und eingebunden. Das galt für die Aufnahme in den Club der ›Zehn‹ ebenso wie für meine Zusage, dich in meine Kanzlei aufzunehmen.
    Mir war bald klar, dass mit deiner Übernahme des Mandats Wendel der von mir mitverursachte Skandal vor seiner Enthüllung stand, und ich habe dies nicht nur akzeptiert, sondern letztlich daran mitgewirkt, indem ich dich bald auf Spuren setzte, die du so schnell vielleicht nicht gefunden hättest. Unsere gemeinsame Reise nach Leipzig diente nicht nur dazu, dich auf die Übernahme meiner Kanzlei einzuschwören, sondern dir auch die vermeintlich frühere Adresse von Michelle Crouchford zu zeigen, die ich nicht von Oberstaatsanwalt Kreimeyer, sondern von Traunhof erfahren hatte, wie ich noch ausführen werde. Ich habe also an verschiedenen Stellen an meinem Ende mitgewirkt. Zum einen, weil es mir angesichts deiner Akribie ohnehin unausweichlich schien, und zum anderen, weil ich wusste, dass der Zeitablauf die mir wichtigste Person rettete und mein eigenes Schicksal – auch angesichts meines eigenen Fehlverhaltens – zunehmend bedeutungsloser wurde. Seit unserem gemeinsamen Abend in Leipzig stand ich ohne Wenn und Aber an deiner Seite.
    Dieses Vorwort solltest du im Hinterkopf behalten, wenn ich dir nun den Fall Wendel schildere, dessen rechtlich relevanter Beginn jetzt, Stand Datum dieses Briefes, vier Jahre und rund zehn Monate zurückliegt, einem Schicksalstag, der mein Leben verändern und dessen vorzeitiges Ende, wie ich später eingestehen musste, besiegelte.
    Vorab muss ich noch weiter in die Vergangenheit zurückschweifen. Gemeinsam mit Traunhof und Böhringer hatte ich die Idee aus der Taufe gehoben, ein Netzwerk von gesellschaftlich herausragenden Personen zu gründen. Du weißt, dass alle Mitglieder der heute ›Die Zehn‹ genannten Gruppe viel auf sich halten, und dieser elitäre Gedanke war es in der Tat, der die Grundlage unserer Vereinigung bildete. Heute weiß ich, dass es schlicht der Hochmut von Menschen ist, der sie zu der Überzeugung kommen lässt, sie seien etwas Besseres als die anderen. Die sogenannten Leistungsträger der Gesellschaft sind nicht mehr wert als die anderen. Doch damals fand ich den Gedanken charmant, dass diejenigen, die unsere Ideale lebten, untereinander vernetzt sein sollten, um sich auf diese Weise wechselseitig zu befruchten. Dies verhieß Geschäfte, soziale Kontakte und die Mehrung des sozialen Ansehens. So gründeten also der Mediziner Wolfgang Traunhof, der Inhaber der Gartencenter-Kette ›Flor-Orbi‹, Lutz Böhringer und der Rechtsanwalt Dr. Gereon Trost jene Gruppe, die auch kraft der später beschlossenen kleinen Mitgliederzahl den Anspruch auf Exklusivität unterstreichen und somit der Beliebigkeit eine Absage erteilen sollte. Die Gründung erfolgte vor rund sechs Jahren in einer abgelegenen Berghütte namens Chamanna Jenatsch im Kanton Graubünden in der Schweiz, mithin an einem abgeschiedenen Ort, an dem sich gut philosophieren ließ. In der Abgeschiedenheit ist es immer leicht, die Gedanken zu fokussieren und alles andere auszublenden. So sehe ich das heute.

    Wer zu den ›Zehn‹ gehörte, stand für den anderen ein, menschlich wie geschäftlich. Dieser Gedanke ist populär, und ich habe natürlich gemerkt, dass du die ›Zehn‹ in der rechten politischen Ecke wähnst. Sicher sind die ›Zehn‹ konservativ, weil ihre Idee auf Leistung, auf dem selbst Erarbeiteten, aufbaut und einem jedem unserer Mitglieder die Idee einer Vergemeinschaftung des selbst erzielten wirtschaftlichen und beruflichen Erfolges fremd sein musste. Im Grunde spiegeln die ›Zehn‹ eine Denkrichtung wider, die die meisten einer jeden Gesellschaft teilen, die auf eigene persönliche und wirtschaftliche Erfolge zurückblicken. Diese Haltung wird zum Problem, wenn sie sich nicht nur von den anderen abgrenzen, sondern sie sogar ausgrenzen oder ihnen etwas antun. Hier beginnt die eigentliche Geschichte.

    Es war
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