Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rasputins Erbe

Rasputins Erbe

Titel: Rasputins Erbe
Autoren: Norah Wilde
Vom Netzwerk:
Schwindelgefühl wieder aufgerichtete hatte, war er bereits verschwunden. Er schien verstanden zu haben, dass mit dieser Frau nicht zu diskutieren war. Vielleicht holte er gerade sogar Verstärkung.
    Julia atmete tief durch und fragte die Kellnerin, ob sie denn wenigstens die Frau aus der Toilette hatte stürmen sehen. Kopfschütteln. Das Mädchen war sichtlich verängstigt und fürchtete offenbar, dass sie bei einer falschen Antwort die nächste sein könnte, die in einen der verbliebenen Spiegel geworfen wurde. Nachdem die Kellnerin die Scherben aufgesammelt hatte, verdrückte sie sich ohne ein weiteres Wort und Julia blieb allein vor den Spiegeln stehen.
    Sie schaute auf die Uhr und stellte erschrocken fest, dass sie schon seit fast einer Viertelstunde im Bad war. Sie fragte sich grimmig, warum Alexej ihr nicht aus der Patsche geholfen hatte, bis sie erneut das absurde Bild eines grinsenden Alexej und einer ebenfalls grinsenden Annabelle, die gerade einen Klaps auf ihren Knackarsch kassierte, vor Augen hatte. Natürlich hat er sich nicht blicken lassen, überlegte sie. Der verrückte Russe hatte die ganze perfide Geschichte offenbar selbst eingefädelt.
    „Na warte,“ dachte Julia, „dir werde ich jetzt gehörig den Marsch blasen.“ Sie verließ die Toilette, ignorierte diverse Augenpaare, die sie stirnrunzelnd anglotzten und ging auf Alexej zu. Der hatte sich bereits den nächsten Cocktail bringen lassen und sah Julia wenig beeindruckt entgegen. Als sie auf ihren ursprünglichen Platz setzte, hörte sie trotz der typischen Bar-Musik, wie Alexej am Strohhalm seines vierten Mai Thai saugte.
    „Hör mal, Alexej“, begann sie einigermaßen gelassen, denn sie hatte sich auf den letzten Metern zu ihrem Platz dazu entschlossen, das Vorgefallene erst einmal abzuhaken, um wenigstens den Werbedeal absichern zu können, „ich weiß nicht, was hier gespielt wird und ich will es eigentlich auch nicht wissen. Wenn ich geahnt hätte, dass ihr, ich meine du und diese Verrückte, eine Beziehung habt, hätte ich bestimmt nicht gewollt, dass wir uns hier treffen und den Abend zusammen verbringen. Ich habe über den Tag hinweg einen offensichtlich falschen Eindruck von dir gewonnen und möchte daher auf weitere persönliche Treffen verzichten.“
    Julia wollte Luft holen, um so freundlich wie es in ihrer misslichen Lage nur möglich war zu erklären, dass sich die Geschehnisse des Abends nicht auf ihre Geschäftsbeziehung auswirken sollten, aber dazu kam sie nicht.
    Alexej hob herrisch die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen, war jedoch scheinbar amüsiert. „Diesem Freak gefällt das hier. Für ihn ist das bloß ein Scheiß-Spiel“, dachte Julia verärgert. Alexej schaute ihr mit seinen plötzlich wieder zu magisch leuchtenden Eissplittern verwandelten Augen direkt in ihre und meinte bloß: „Ach komm, Julia, bisher hatten wir doch großen Spaß. Belle ist meine Sekretärin, wir arbeiten seit Jahren zusammen. Da ist sonst nichts, das kannst du mir gern glauben. Aber lass uns nicht weiter davon reden. Wie wäre es, wenn du dich einfach wieder zu mir setzt und wir den Abend hier ausklingen lassen? Ach was, mir fällt was Besseres ein. Ich kenne zufällig ein Hotel um die Ecke, in dem wir uns noch besser kennenlernen können.“ Er zwinkerte ihr zu. Die Eiskristalle blitzten verführerisch.
    Julia stand der Mund offen. Hatte dieser Mann, der sich trotz einer gehörigen Dosis Alkohol im Blut immer noch einwandfrei artikulieren konnte, überhaupt verstanden, was sie ihm da versucht hatte zu erklären? Julia fasste sich, da es ihr jetzt wirklich zu bunt mit ihm wurde.
    Sie sagte: „Nein, danke. Der Typ im Bad hatte recht, es ist besser, wenn ich jetzt nach Hause gehe. Vielen Dank für den schönen Abend! Ich hoffe, dass wir bald die Zusammenarbeit an der Kampagne beginnen können. Gute Nacht!“ Sie nahm ihren Mantel, stand auf und wollte sich zum Ausgang wenden. (Die Belegschaft, die den Zwischenfall im Bad mitbekommen hatte, wirkte erleichtert und zählte die Sekunden, die vergehen würden, bis diese Furie endlich die Bar verlassen hatte.)
    Alexej packte sie am Arm und zog sie zu sich heran. Bevor sie wusste, was geschah, küssten sie sich. Julia sträubte sich, aber der Kampf währte nicht lange, schließlich war dieser Kuss eigentlich genau das, was sie sich erhofft hatte. Sie verlor das Gleichgewicht – die Cocktails waren daran wohl nicht ganz unschuldig – und plumpste auf seinen Schoß. Der Kuss war intensiv,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher