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Rashminder Nächte 2 (German Edition)

Rashminder Nächte 2 (German Edition)

Titel: Rashminder Nächte 2 (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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sich eine stählerne Hand um seinen Arm. Er wurde ins Haus gezerrt, wo ihn ein dunkler Flur empfing. Ohne Worte brachte Meister Torgen ihn die Treppe hinauf, verharrte kurz vor einer schweren Holztür, die mit einem massiven Schlüssel geöffnet wurde, und schubste ihn dann in den Raum dahinter. Die Tür wurde von außen verriegelt. Er war allein.
    Kaiden blieb am Boden liegen, wo er hingefallen war, zu schockiert und verängstigt, um sich zu rühren. Als er sich schließlich aufsetzte, erblickte er ein winziges vergittertes Fenster, die Quelle der bitterkalten Luft und des fahlen Lichtscheins. Ein unförmiges Etwas an einer Wand entpuppte sich als Bett, aber der schimmlige Gestank der Decke sowie die eindeutigen Hinterlassenschaften von Mäusen hielten Kaiden davon fern. Ansonsten gab es nur Steinfußboden und Dreck.
    Er kauerte sich in eine Ecke, die Knie fest an den Körper gezogen, und wartete still, was als nächstes mit ihm geschehen sollte.
    Ob es Stunden oder auch Tage später waren, bis er Meister Torgen auf der Treppe hörte, konnte Kaiden nicht sagen. Ängstlich drückte er sich gegen die Wand in seinem Rücken und hielt die Augen geschlossen, als der Alte vor ihm auftauchte.
    „Ich bin ein Zauberer“, hörte er ihn sagen. „Du bist hier, weil du ebenfalls ein Zauberer werden sollst.“
    Verwirrt blinzelte Kaiden hoch.
    „Kann ich danach wieder nach Hause?“, flüsterte er. Seine Zunge wollte ihm kaum gehorchen, erst jetzt wurde ihm bewusst, wie durstig er war.
    „Du bist zuhause.“
    Meister Torgen sprach diese Worte ohne besondere Betonung, dennoch zerbrach in diesem Moment etwas in Kaiden. Er sprang auf und wollte fliehen, fort von diesem verrückten Alten, nach Hause zu seiner Familie!
    Er kam nicht einmal bis zur Tür. Kaiden fand sich schreiend am Boden wieder, wo er zum ersten Mal überhaupt in seinem Leben mit einem Lederriemen geschlagen wurde. Bis er das Bewusstsein verlor.
     
    Kaiden zuckte leicht zusammen, als Eryks empörter Ausruf ihn zurück in die Gegenwart brachte.
    „Ich wurde davon wach, dass er mich in einen Bottich mit eiskaltem Wasser warf, wo ich mich waschen musste. Danach sollte ich essen, aber ich bekam keinen Bissen herunter vor Schmerz. Dafür hat er mich wieder geschlagen und zurück in den Turm gebracht. Das ging – ich weiß es nicht, tagelang, wochenlang – auf diese Weise weiter. Endlose Stunden allein im Turm, unterbrochen von kurzen Momenten, um mich zu erleichtern, zu essen, zu trinken, und halbtot geprügelt zu werden.“
    „Wie hast du das überlebt?“ Eryk schüttelte grimmig den Kopf. „Du warst ein verstörtes Kind, diese Folter hätte dich umbringen müssen!“
    „Einen Menschen hätte es umgebracht, ja. Einen Magier nicht.“ Kaiden starrte auf seine Hände, die sich unwillkürlich ineinander verkrampft hatten.
    „Irgendwann wurde ich nachts wach. Ich hatte mich die ganze Zeit in mein Inneres zurückgezogen, tief unten, wo Torgen mich nicht finden konnte. Wo Angst und Kälte und Schmerz mir nichts anhaben konnten. Was mich geweckt hat, weiß ich nicht, jedenfalls kam ich zu Bewusstsein. Ich spürte meinen Körper, der eine einzige steifgefrorene Qual war und überlegte, ob ich sterben oder leben will. Ganz sachlich, ohne Angst. Und während ich so nachdachte, wurde mir klar, dass ich die Entscheidung schon getroffen hatte, denn meine Wunden heilten. Einfach so. Als Meister Torgen am Folgetag zu mir kam, fand er mich aufrecht am Fenster stehend vor.“
     
    „Ich wusste, du hast es in dir“, sagte Torgen mit einem schmalen Lächeln. Er hatte noch nie so viele Worte auf einmal zu Kaiden gesprochen und wirkte zum ersten Mal nicht missbilligend. „Komm mit mir.“ Kaiden zögerte einen Moment, eher aus Überraschung, da der Magier diese Aufforderung wie eine Bitte klingen ließ und ihm offen die Hand hinstreckte. Erschrocken zuckte er zusammen, wartete auf die Schläge, die unweigerlich bei jedem noch so geringen Anzeichen von Widerstand folgten … Doch Torgen wartete nur geduldig. Angespannt ließ Kaiden sich an die Hand nehmen und die mittlerweile so wohlbekannte Treppe hinabführen. Diesmal wurde er in die Küche gebracht, die er zuvor nie betreten durfte. Der alte Magier servierte ihm heiße Milch mit Honig, dazu ofenwarmes Brot mit Butter und süßer Kirschmarmelade – bislang hatte er Kaiden lediglich Wasser, Getreidebrei und gelegentlich ein Stück Käse zugestanden.
     
    „Er sagte nichts, saß mir einfach nur gegenüber, während ich aß.
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