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Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)

Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)

Titel: Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
Autoren: Michaela B. Wahl
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Antwort.
    »Woher hast du das Buch der Oishine ?«
    Der Junge wirft mir einen langen Blick zu, aus dem ich die pure Verzweiflung lesen kann. Dann öffnet er doch tatsächlich den Mund:
    »Gestohlen.«
    Ich nicke. Was anderes hätte ich kaum erwartet. Vielleicht hat er auch einfach so einen Oishine beschworen. Keine Wünsche, kein Stress, keine gute Tat. In zweiundzwanzig Tagen bin ich frei. Ich lasse mir meine Freude nicht anmerken, sondern stelle direkt die nächste Frage: »Könntest du mir etwas zum Anziehen besorgen? Ich weiß ja nicht, woher du kommst, aber ich mag es nicht sonderlich, wenn man mir auf die Eier schauen kann.«
    Der Junge läuft knallrot an. »Da«, sagt er und deutet auf einen Kleiderhaufen, der in der Ecke liegt. Ich stolziere darauf zu.
    »Das ist doch nicht dein Ernst?«, frage ich und fische ein vergilbtes weißes Hemd aus dem Haufen. Es ist von Motten zerfressen … Der Junge nickt heftig, den Blick abgewandt.
    Theatralisch seufzend suche ich weiter und entdecke so etwas wie eine Jeans, die ich mir überstreife. Sie ist etwas zu groß, aber immerhin mottenfrei. Das Hemd ziehe ich mir nicht über.
    »Rashen?«
    Es hört sich seltsam an, meinen Namen aus seinem Mund zu hören, dennoch tut es gut, ihn mal wieder zu vernehmen. Ich sehe ihn an.
    »Wollte nur wissen, ob du wirklich so heißt«, murmelt der Junge, und irgendwie tut er mir sogar ein bisschen leid. Ich verbiete mir jegliche Gedanken dieser Art und kneife die Augen zu zwei schmalen Schlitzen zusammen.
    »Wieso? Wie heißt du eigentlich?«, frage ich, als mir einfällt, dass das vielleicht auch noch eine wichtige Rolle spielen könnte.
    Der Junge schaut mich endlich wieder an. Anscheinend gefalle ich ihm in Hosen doch besser als nackt, denn ein erleichterter Ausdruck huscht über sein Gesicht. »Claire.«
    Die Antwort bleibt mir im Halse stecken. Ich ringe nach passenden Worten: »Du … bist ein Mädchen?«, stammle ich und komme mir dabei alles andere als intelligent vor.
    »Ja«, sagt Claire und starrt mich an. »Hast du womöglich etwas anderes gedacht?« Der vorwurfsvolle Unterton ist nicht zu überhören. Deswegen ist die Gute also noch nicht im Stimmbruch gewesen: Weil sie niemals in den Stimmbruch kommen wird.
    Ich kann mir ein spöttisches Lachen nicht verkneifen, was sie dazu veranlasst, die Augenbrauen zusammenzuziehen und mich böse zu mustern. Herrlich! Das ist mir in meinem gesamten Dasein als Dämon noch nicht passiert! Ich schaue sie mir genauer an: dichte Wimpern, großer Schmollmund, kleine Brüste, die sich unter dem verdreckten Shirt abzeichnen, die man aber – an dieser Stelle darf man mir das nicht verübeln – sehr leicht übersehen kann.
    Dass dieses Ding ein Mädchen ist, macht meine Situation nicht unbedingt besser. Die anderen werden sich nicht mehr einkriegen, sobald sie Wind davon bekommen. Nächstes Mal verlasse ich mich drauf, dass niemand meinen Bannungsgegenstand in die Hände bekommt.
    »Und du hast ein bisschen in dem Buch geblättert und gedacht, ich fang mir mal einen Oishine, das würde meine ganzen Probleme lösen, mhm?« Wobei es nicht so einfach ist, einen Oishine zu bannen – denn der persönliche Gegenstand des Dämons, der beschworen werden soll, ist unerlässlich. Mein Medaillon. Mal abgesehen davon, dass für mich die Situation peinlich ist, ist für mich der Umstand, dass es sich bei meinem Bändiger um eine weibliche Person handelt, äußerst entgegenkommend. Männer sind auf Macht und Reichtum aus, auf Einfluss, aber ein einfaches Mädchen?
    Sie schnaubt und reckt ihr sommersprossiges Kinn. All die Angst ist von ihr gewichen, die schlotternden Knie sind verschwunden. Als wäre sie eine andere Person, plötzlich wie ausgewechselt. Dr. Hyde, was, Süße?
    »Ich glaube, du unterschätzt mich, Rashen!«, knurrt sie und hebt die silberne Kette, an dem das Bernsteinmedaillon baumelt.
    Mein Fluch. Wegen dieses verdammten Medaillons bin ich hier. Jeder von uns hat eine Schwäche, einen Gegenstand, mit dem es einem Menschen möglich ist, uns in einen menschlichen Körper zu bannen, und meiner ist dieses Medaillon. Allerdings ist es ohne die Anleitung – Das Buch der Oishine – relativ wertlos. Das Medaillon in ihren Händen zwingt mich dazu, mich rund um die Uhr in Claires Nähe aufzuhalten. Ich habe bereits eine einstündige Erfahrung mit dem Tartarus gemacht, ein zu weites Entfernen des Menschen kann unangenehme körperliche Konsequenzen nach sich ziehen – für mich. Und das will ich
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